Gesetzestext

 

(1) Die Gläubigerversammlung ist einzuberufen, wenn dies beantragt wird:

1. vom Insolvenzverwalter;
2. vom Gläubigerausschuss;
3. von mindestens fünf absonderungsberechtigten Gläubigern oder nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern, deren Absonderungsrechte und Forderungen nach der Schätzung des Insolvenzgerichts zusammen ein Fünftel der Summe erreichen, die sich aus dem Wert aller Absonderungsrechte und den Forderungsbeträgen aller nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger ergibt;
4. von einem oder mehreren absonderungsberechtigten Gläubigern oder nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern, deren Absonderungsrechte und Forderungen nach der Schätzung des Gerichts zwei Fünftel der in Nummer 3 bezeichneten Summe erreichen.

(2) Der Zeitraum zwischen dem Eingang des Antrags und dem Termin der Gläubigerversammlung soll höchstens drei Wochen betragen.

(3) Wird die Einberufung abgelehnt, so steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 93 Abs. 1 KO, § 15 Abs. 1 GesO

1. Allgemeines

 

Rn 1

Neben der Einberufung der Gläubigerversammlung von Amts wegen, d.h. auf Initiative des Insolvenzgerichts nach § 74, erweitert die vorliegende Vorschrift das Initiativrecht auf Einberufung einer Versammlung auf weitere Verfahrensbeteiligte. Es bleibt allerdings bei der ausschließlichen Kompetenz des Insolvenzgerichts zur Vornahme bzw. Durchführung der Einberufung.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll auch mit der konkreten Gesetz gewordenen Fassung der Vorschrift die Gläubigerautonomie eine zusätzliche Stärkung erfahren. So war zunächst von der entsprechenden Vorschrift im Regierungsentwurf unmittelbar an die Regelung des § 93 Abs. 1 Satz 2 KO angeknüpft worden.[1] Im Zuge der Beratungen des Gesetzentwurfs im Rechtsausschuss wurde die Vorschrift um das Recht einzelner Gläubiger auf Einberufung einer Gläubigerversammlung ergänzt, soweit sie einen bedeutenden Teil der im Verfahren geltend gemachten Vermögensrechte repräsentieren. Mit dieser Erweiterung der Gläubigerrechte sollte dem wirtschaftlichen Interesse dieser Gläubiger am Ausgang des Verfahrens Rechnung getragen und ihnen eine zusätzliche Möglichkeit der Einflussnahme auf den Verfahrensgang und die daraus resultierende Art und Weise der Gläubigerbefriedigung gegeben werden.[2] Entsprechend der stärkeren Berücksichtigung der absonderungsberechtigten Gläubiger innerhalb des neu geregelten Insolvenzverfahrens wurde das Initiativrecht auch auf sie erweitert. Die Vorschrift ist in engem Zusammenhang mit § 74 zu sehen, da die dort allgemein für die Gläubigerversammlung enthaltenen Regelungen natürlich auch auf die durch Initiative der Verfahrensbeteiligten nach § 75 einberufene Gläubigerversammlung zur Anwendung kommen (Teilnahmerechte und öffentliche Bekanntmachung).

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 251.
[2] BegrRechtsA, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 251 f.

2. Initiativrechte der Verfahrensbeteiligten (Abs. 1)

 

Rn 2

Die Vorschrift legt in Abs. 1 zunächst abschließend fest, welche Verfahrensbeteiligten neben dem Insolvenzgericht unter welchen Voraussetzungen berechtigt sind, die Einberufung einer Gläubigerversammlung zu verlangen. Bei Vorliegen eines zulässigen Antrags und der ggf. bei den einzelnen Antragsberechtigten zusätzlich normierten Voraussetzungen besteht also beim Insolvenzgericht eine Pflicht zur Einberufung der Gläubigerversammlung, d.h., dem Gericht steht hier anders als bei der Einberufung von Amts wegen nach § 74 über die gesetzlich vorgesehenen Pflichtversammlungen hinaus kein Ermessensspielraum zu.[3]

Für alle in Abs. 1 genannten Beteiligten ist zunächst ein förmlicher Antrag an das Insolvenzgericht erforderlich. Dieser ist nicht formgebunden und kann demnach auch z.B. zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden, jedoch ist allein schon wegen der notwendigen Darlegung der sonstigen Einberufungsvoraussetzungen regelmäßig Schriftform zu empfehlen. Gehen Äußerungen der in Abs. 1 genannten Beteiligten bei Gericht ein, aus denen nicht klar ersichtlich ist, ob es sich um einen förmlichen Antrag oder lediglich eine informelle Mitteilung an das Gericht handelt, so ist durch Rückfrage oder im Wege der Auslegung zu klären, ob ein Antrag vorliegt. Verbleiben Unklarheiten, insbesondere im Hinblick auf etwaige zusätzlich erforderliche Voraussetzungen, so kann das Gericht auch unabhängig von dem Antrag von Amts wegen nach § 74 Abs. 1 eine Gläubigerversammlung einberufen, wenn es dies nach seinem pflichtgemäßen Ermessen für zweckmäßig erachtet. Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich vorgeschrieben, muss aus einem Antrag in jedem Fall hervorgehen, zu welchem Zweck die Gläubigerversammlung einberufen werden soll, da ansonsten dem Gericht die Aufstellung einer Tagesordnung, deren Veröffentlichung nach § 74 Abs. 2 und somit eine ordnungsgemäße Beschlussfassung in der dann einberufenen Gläubigerversammlung nur selten möglich sein dürfte.[4] Im Übrigen beschränkt sich die Prüfung des Gerichts nur noch auf die in Nr. 1–4 des Abs. 1 genannten Kriterien. Insbesondere findet keine sonst bei Verfahrensanträgen übliche Prüf...

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