Gesetzestext

 

(1) Vor der ersten Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht einen Gläubigerausschuss einsetzen.

(2) 1Im Gläubigerausschuss sollen die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und die Kleingläubiger vertreten sein. 2Dem Ausschuss soll ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören.

(3) Zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die keine Gläubiger sind.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Regelung zur Einsetzung des Gläubigerausschusses entspricht im Wesentlichen den vergleichbaren früheren Vorschriften der KO. Allerdings unterscheidet die InsO mittlerweile drei Arten von Gläubigerausschüssen. Zum einen muss oder kann das Gericht bereits im Eröffnungsverfahren, insbesondere im Zusammenhang mit einem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. einen Gläubigerausschuss nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a einsetzen, soweit die Voraussetzungen des §§ 22a vorliegen. Zum anderen kann das Gericht mit Verfahrenseröffnung ebenfalls einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 67 ernennen. Schließlich kann die Gläubigerversammlung nach § 68 jederzeit einen Gläubigerausschuss wählen. Der Gläubigerausschuss ist also während des gesamten Verfahrens das zentrale Organ der Gläubigerselbstverwaltung. Durch ihn soll der ständige Einfluss der beteiligten Gläubiger auf den Ablauf des Verfahrens sichergestellt werden.[1] Die Stellung des Gläubigerausschusses wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in einzelnen Bereichen gestärkt, um den Mitwirkungsrechten der Gläubiger in diesem Exekutivorgan im Insolvenzverfahren besser zur Geltung zu verhelfen. Hierzu wurde auf Initiative des Rechtsausschusses der Ermessensspielraum des Gerichts bei der Entscheidung über die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ausdrücklich erweitert, nachdem zunächst Abs. 1 des Entwurfs noch als Sollvorschrift ausgestaltet war. Außerdem wurde erstmals zunächst für den vorläufigen Gläubigerausschuss nach Verfahrenseröffnung, aber vor der ersten Gläubigerversammlung eine gesetzgeberische Richtlinie für die Zusammensetzung des Ausschusses in Abs. 2 aufgestellt. Mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)[2] wurde mit Wirkung ab 01.03.2012 diese Vorgabe hinsichtlich der Einbeziehung der Arbeitnehmer erweitert und auch auf die Zusammensetzung des (vor-)vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a erstreckt. Zudem wurde mit der Regelung in Abs. 3 der zu bestellende Personenkreis unter Einbeziehung des vorläufigen Ausschusses ausdrücklich geregelt.[3] Diese Regelung gilt jedoch nicht für den (vor-)vorläufigen Gläubigerausschuss des Eröffnungsverfahrens. Diesem können nur Gläubiger angehören. Allerdings lässt § 21 Abs. 2 Nr. 1a zu, dass auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden.

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 242.
[2] BGBl. I 2011, S. 2582.
[3] Anders noch § 87 Abs. 1 KO, wonach dem vorläufigen Gläubigerausschuss lediglich Gläubiger oder deren Vertreter angehören durften.

2. Vorläufiger Gläubigerausschuss (Abs. 1)

 

Rn 2

Nach dieser Vorschrift kann das Insolvenzgericht im eröffneten Insolvenzverfahren vor der ersten Gläubigerversammlung einen Gläubigerausschuss einsetzen; zur Einsetzung bereits im Eröffnungsverfahren vgl. §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a. Durch diese Kannbestimmung wird zum Ausdruck gebracht, dass die Entscheidung über das Ob eines Ausschusses ausschließlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegt. Damit ist die InsO wieder zur früheren Rechtslage nach § 87 Abs. 1 KO zurückgekehrt.[4] Nach dem Willen des Gesetzgebers soll also die Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse des Schuldners, die Zahl der Gläubiger oder die geringe Höhe der Verbindlichkeiten nicht mehr automatisch bewirken, von einem vorläufigen Gläubigerausschuss abzusehen.[5] Das Gericht darf sich also nicht an schematischen Verfahrenskriterien orientieren, sondern muss unter Berücksichtigung der besonderen Eigenarten des Verfahrens im Einzelfall abwägen, ob die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses für das Verfahren förderlich und von Nutzen sein könnte. Dabei können die zuvor genannten Kriterien selbstverständlich als Anhaltspunkte dienen, daneben werden aber regelmäßig vor allem Art und Umfang des (noch laufenden) Geschäftsbetriebs des Schuldners, die Branchenzugehörigkeit, die organisatorische Struktur, die Anzahl der Arbeitnehmer, die Zusammensetzung der Gläubiger und andere betriebsspezifische individuelle Merkmale zu berücksichtigen sein; vgl. hierzu auch die Kriterien des § 22a Abs. 1 für das Eröffnungsverfahren. Das Gericht wird seine Entscheidung nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten vor allen Dingen an dem Nutzeffekt eines Gläubigerausschusses für das konkrete Verfahren zu orientieren haben[6]. Obwohl im Gesetzgebungsverfahren die ursprüngliche Sollvorschrift wieder in eine Kannvorschrift umgewandelt wurde, tritt dennoch die gesetzgeberische Intention deutlich zutage, eine gegenüber der bisherigen Praxis häufigere Ein...

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