Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Klage, Gegenstand des Klagebegehrens

 

Leitsatz (NV)

Durch einen Antrag auf Aufhebung eines genau bezeichneten Zinsbescheids wird der Gegenstand des Klagebegehrens hinreichend bezeichnet. Hier ist -- im Gegensatz zu einem Aufhebungsantrag gegen einen Steuerbescheid -- eindeutig erkennbar, daß der Kläger die Berechtigung, Zinsen dem Grunde nach festzusetzen, angreift.

 

Normenkette

FGO § 65 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erhob mit Telefax vom 23. März 1995 Klage "gegen die Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 1995 ... --RbSt ... Rbl.- Nr. ... wegen Zinsen zur Umsatzsteuer 1992". Sie beantragte, den Zinsbescheid vom 30. September 1994 aufzuheben.

Das Finanzgericht (FG) forderte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juni 1995 unter Hinweis auf §65 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Ihr wurde hierzu gemäß §65 Abs. 2 Satz 2 FGO eine Frist mit ausschließender Wirkung von einem Monat nach Zustellung der Anordnung gesetzt. Die Zustellung erfolgte am 22. Juni 1995.

Das FG erließ am 2. August 1995 einen Gerichtsbescheid, in dem die Klage als unzulässig behandelt wurde. Die Klägerin beantragte rechtzeitig mündliche Verhandlung. Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 1995 -- am gleichen Tag beim FG eingegangen -- begründete sie die Klage.

Das FG wies die Klage mit Urteil vom 27. Oktober 1995 als unzulässig ab. Zur Begründung führte es aus, der Gegenstand des Klagebegehrens sei innerhalb der bis zum 22. Juli 1995 laufenden Ausschlußfrist nicht hinreichend bezeichnet worden. Die Stellung des Klageantrags in der Klageschrift vom 23. März 1995 reiche nicht aus, weil ein Klageantrag ohne weitere Begründung nicht erkennen lasse, inwieweit der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig sei und den betroffenen Kläger in seinen Rechten verletze.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 1995 und den Zinsbescheid vom 30. September 1994 aufzuheben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finananzamt -- FA --) beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Das angefochtene Urteil war aufzuheben, weil das FG die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen hat.

a) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen (§65 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden (§65 Abs. 1 Satz 2, 3 FGO).

Das FG hat bei der Auslegung des in der Klageschrift zum Ausdruck gebrachten Klagebegehrens auch die Steuerakten heranzuziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 6. März 1986 I R 301/82, BFH/NV 1986, 754). Der Gegenstand des Klagebegehrens kann sogar allein durch Bezugnahme auf eine beim FA nach Erlaß des angefochtenen Steuerbescheids eingereichte Steuererklärung ausreichend bezeichnet werden (vgl. Urteil des BFH vom 16. März 1988 I R 93/84, BFHE 153, 290, BStBl II 1988, 895; Beschluß des Senats vom 26. Januar 1995 V B 63/94, BFH/NV 1995, 896).

b) Die Klägerin hat durch ihren Antrag auf Aufhebung eines genau bezeichneten Zinsbescheids im Streitfall den Gegenstand des Klagebegehrens hinreichend bezeichnet.

Sie hat einen bestimmten Klageantrag gestellt, der darauf gerichtet war, den Zinsbescheid vom 30. September 1994 ersatzlos aufzuheben. Damit hat sie für das FG hinreichend erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß sie die Festsetzung von Zinsen insgesamt als rechtswidrig ansieht und sich dadurch in ihren Rechten verletzt fühlt. Insoweit liegt der Fall bei Zinsbescheiden anders als bei Steuerbescheiden. Der Aufhebungsantrag gegen einen Steuerbescheid reicht zur Begrenzung der Prüfungsbefugnis des FG nicht aus, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht erkennbar ist, daß der Kläger die Besteuerung dem Grunde nach angreift (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV R 84/95, BFHE 182, 273, BStBl II 1997, 462). Bei dem Antrag auf ersatzlose Aufhebung eines Zinsbescheids ist diese Unsicherheit nicht gegeben. Hier ist eindeutig erkennbar, daß der Kläger die Berechtigung, Zinsen dem Grunde nach festzusetzen, angreift. Ob dies begründet ist, berührt die Zulässigkeit der Klage nicht.

2. Der Senat kann nicht durcherkennen, da das FG keine Feststellungen getroffen hat, die eine Beurteilung der Begründetheit der Klage ermöglichen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66663

BFH/NV 1998, 324

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