Entscheidungsstichwort (Thema)

ArbWeitBiG NW - Kein Lohn ohne Freistellung

 

Orientierungssatz

Nur soweit der Arbeitgeber die Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Arbeitnehmerweiterbildung erklärt hat, kann nach § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 7 Satz 1 ArbWeitBiG NW ein Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes entstehen.

Hinweise des Senats: "Bestätigung der Senatsrechtsprechung zuletzt Urteil vom 7. Dezember 1993 - 9 AZR 325/92 -)

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 18.07.1991; Aktenzeichen 4 Sa 565/91)

ArbG Hamm (Entscheidung vom 07.03.1991; Aktenzeichen 4 Ca 1471/90)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Lohnfortzahlung nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen (AWbG).

Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Anlagen für Transportrationalisierung herstellt. Sie beschäftigt in ihrem in Hamm/Westfalen gelegenen Betrieb ca. 320 Arbeitnehmer, darunter seit mehreren Jahren auch den Kläger als Schlosser im Stahlbau. Der Kläger ist Mitglied des Rates der Stadt D .

Am 13. Juli 1990 teilte der Kläger der Beklagten schriftlich mit, daß er an der Lehrveranstaltung der politischen Bildung "Wo bleibt unser Müll?" vom 20. August bis 24. August 1990 in Reken teilnehmen wolle. Am 25. Juli 1990 antwortete die Beklagte:

"Ihrem Antrag vom 13. Juli 1990 auf Freistellung

nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz können

wir in dieser Form nicht entsprechen.

...

Um Ihnen jedoch die Möglichkeit zur Teilnahme zu

geben, sind wir bereit, falls dies betrieblich

möglich ist, Ihnen für die Dauer der Veranstal-

tung Tarifurlaub zu gewähren oder auch ohne Fort-

zahlung der Bezüge von der Arbeit freizustellen".

Nach dem Besuch der Veranstaltung hat der Kläger seinen Verdienstausfall geltend gemacht und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen an den Kläger

769,97 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich

daraus ergebenden Nettobetrag seit dem

21. Dezember 1990 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, daß während der Bildungsveranstaltung in wesentlichen Besichtigungen durchgeführt und zuwenig Unterrichtstunden abgehalten worden seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen worden. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts für die Zeit vom 20. bis 24. August 1990.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes nach § 7 Satz 1 AWbG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gewährt das AWbG dem Arbeitnehmer kein Recht zur Selbstbeurlaubung, sondern nur einen gesetzlich bedingten Anspruch auf Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Arbeitnehmerweiterbildung durch den Arbeitgeber (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 1993 - 9 AZR 648/90 - NZA 1993, 1032, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen; vom 11. Mai 1993 - 9 AZR 231/89 - EzA § 7 AWbG NW Nr. 9, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen; vom 21. September 1993 - 9 AZR 429/91 - BB 1993, 2531, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen; vom 9. November 1993 - 9 AZR 486/91 - nicht veröffentlicht und - 9 AZR 306/89 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen; vom 7. Dezember 1993 - 9 AZR 325/92 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Nur soweit der Arbeitgeber die Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Arbeitnehmerweiterbildung erklärt hat, kann nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Satz 1 AWbG ein Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes entstehen.

Im Streitfall fehlt es an einer anspruchsbegründenden Freistellungserklärung. Der Arbeitgeber hat in seinem Schreiben vom 25. Juli 1990 die Freistellung nach dem AWbG für den Kläger erkennbar abgelehnt.

2. Ein Anspruch auf Urlaubsentgelt setzt voraus, daß der Kläger von dem Angebot der Beklagten Gebrauch gemacht hätte, Tarifurlaub zu nehmen. Dazu fehlt jeglicher Vortrag des Klägers.

3. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine rechtlich zulässige Sondervereinbarung mit dem Inhalt vor, daß zunächst unbezahlter Sonderurlaub gewährt wird und der Arbeitgeber sich verpflichtet, nach gerichtlicher Klärung das Arbeitsentgelt nachzugewähren (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 1993 - 9 AZR 648/90 - aaO).

4. Schließlich steht dem Kläger das geforderte Arbeitsentgelt auch nicht als Schadenersatz zu. Ein Schadenersatzanspruch in dem noch fortbestehenden Arbeitsverhältnis wäre gemäß § 249 Satz 1 BGB auf die Herstellung eines künftig zu erfüllenden Freistellungsanspruches gerichtet (Senatsurteile vom 24. August 1993 - 9 AZR 240/90 -, zur Veröffentlichung vorgesehen und vom 21. September 1993 - 9 AZR 429/91 - aaO).

II. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Dr. Leinemann Dörner Düwell

Matthiessen Fieberg

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441783

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