Entscheidungsstichwort (Thema)

AWbG Nordrhein-Westfalen. Kein Lohn ohne Freistellung

 

Leitsatz (redaktionell)

Folgeentscheidung zum Senatsurteil vom 21. September 1993 – 9 AZR 492/91 –

 

Normenkette

AWbG NW § 1 Abs. 1, § 7 S. 1

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 09.10.1991; Aktenzeichen 11 Sa 624/91)

ArbG Wuppertal (Urteil vom 15.05.1991; Aktenzeichen 6 Ca 635/91)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Oktober 1991 – 11 Sa 624/91 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Entgeltzahlung nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen (AWbG).

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 14. April 1986 als technischer Zeichner beschäftigt. Er teilte am 29. August 1990 der Beklagten mit, vom 8. Oktober bis 12. Oktober 1990 an der Veranstaltung der Volkshochschule Wuppertal mit dem Thema „Auf Sendung gehen im Bürgerradio” teilnehmen zu wollen. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 2. Oktober 1990 seinen Antrag auf Freistellung nach dem AWbG folgendermaßen ab:

Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, daß wir die Veranstaltung der Volkshochschule Wuppertal unter dem Thema „Auf Sendung gehen im Bürgerradio” nicht als eine Bildungsveranstaltung gemäß § 9 AWbG ansehen und insoweit eine Freistellung gemäß § 5 AWbG nicht erfolgen kann.

Wir stellen Ihnen frei – wenn Sie diese Veranstaltung wahrnehmen wollen – für den Veranstaltungszeitraum vom 08.–12. Oktober 1990 unbezahlten Urlaub zu nehmen.

Nach Besuch der Veranstaltung hat der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 684,75 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. Februar 1991 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, der Besuch der Veranstaltung habe der politischen Weiterbildung des Klägers gedient. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.

Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für die Zeit vom 8. bis 12. Oktober 1990.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gewährt das AWbG NW dem Arbeitnehmer kein Recht zur Selbstbeurlaubung, sondern nur einen gesetzlich bedingten Anspruch auf Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Arbeitnehmerweiterbildung durch den Arbeitgeber (vgl. Senatsurteile vom 21. September 1993 – 9 AZR 429/91 – zur Veröffentlichung vorgesehen, vom 11. Mai 1993 – 9 AZR 231/89 – BB 1993, 1735 und vom 9. Februar 1993 – 9 AZR 648/90 –). Nur soweit der Arbeitgeber die Freistellungserklärung vor dem Besuch der Bildungsveranstaltung abgegeben hat, kann nach § 1 Abs. 1, § 7 AWbG NW ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts entstehen (vgl. Senatsurteil vom 21. September 1993 – 9 AZR 335/91 –).

Im Streitfall fehlt es an der anspruchsbegründenden Freistellungserklärung. Der Arbeitgeber hat in seinem Schreiben vom 2. Oktober 1990 für den Kläger erkennbar eine Freistellung nach dem AWbG abgelehnt.

2. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine rechtlich zulässige Sondervereinbarung vor, daß zunächst unbezahlter Sonderurlaub gewährt wird und der Arbeitgeber sich verpflichtet, nach gerichtlicher Klärung das Arbeitsentgelt nachzugewähren (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 1993 – 9 AZR 648/90 –).

3. Schließlich steht dem Kläger das geforderte Arbeitsentgelt auch nicht als Schadensersatz zu. Ein möglicher Schadensersatzanspruch i.S.d. §§ 280 Abs. 1, 284 Abs. 2, 287 Satz 1 BGB ist gemäß § 249 Satz 1 BGB auf die Herstellung des Freistellungsanspruches gerichtet. Die besonderen Voraussetzungen des § 251 BGB, nach denen eine Entschädigung in Geld möglich ist, liegen hier nicht vor.

4. Aus diesen Gründen kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage, ob die besuchte Veranstaltung der politischen Bildung i.S.d. § 1 Abs. 2 AWbG dient, nicht an.

II. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Dörner, Düwell, Schodde, Brückmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1081353

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