Rz. 64

Die Vorlage der Vollmachtsurkunde muss nicht sofort mit der ersten Verfahrenshandlung des Bevollmächtigten erfolgen, sondern der Nachweis der Vollmacht kann nachgeholt werden (Rz. 74).

 

Rz. 65

Erforderlich ist die Vorlage der Vollmachtsurkunde beim Gericht. Es ist nicht ausreichend, wenn die Urkunde sich in den Händen des Bevollmächtigten oder in den Steuerakten befindet und hierauf Bezug genommen wird[1].

 

Rz. 66

Sind bei verschiedenen Senaten eines FG verschiedene Klagen anhängig, muss in jedem einzelnen Verfahren jeweils eine Vollmacht vorgelegt werden; die bloße Bezugnahme auf in anderen Verfahren vorgelegte Vollmachten reicht nicht aus[2]. Der BFH[3] folgt grundsätzlich dieser Auffassung, ist aber in Einzelfällen großzügiger und lässt eine Bezugnahme zu, wenn das FG die Vollmachtsurkunde ohne Weiteres einsehen kann und aus der Urkunde ersichtlich ist, dass sie auch für das Verfahren, in dem die Bezugnahme erfolgt, bestimmt ist[4]. Für mehrere Verfahren vor dem BFH soll die Bezugnahme auf andere Verfahren jedoch nicht zulässig sein[5].

 

Rz. 67

Jeder Beteiligte hat die Bevollmächtigung durch Vorlage der Vollmachtsurkunde nachzuweisen[6].

 

Rz. 68

Die Vorlage der Vollmachtsurkunde hat im Original zu erfolgen[7], so wie sie beim Prozessbevollmächtigten vorliegt, wenn die Vollmacht ihm gegenüber erteilt worden ist[8]. Nicht ausreichend ist es, dass der Prozessbevollmächtigte die ihm erteilte schriftliche Vollmacht durch Telefax übermittelt. Das bedeutet, dass Schriftstücke, die lediglich einen durch technische Übertragungsverfahren (Telefax, Fotokopie) hergestellten Abdruck des Originals darstellen, den erforderlichen Nachweis nicht erbringen können[9].

 

Rz. 69

Der Nachweis der schriftlichen Bevollmächtigung muss nicht in einer gesonderten Urkunde (Rz. 21) erbracht werden. Der Beteiligte kann auch in einem Schreiben an das Gericht erklären, dass sich die Vollmacht auf die bereits bei demselben Senat anhängigen oder demnächst anhängig werdenden Verfahren bezieht[10].

 

Rz. 70

Aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde muss nach st. Rspr. des BFH[11] hervorgehen, wer, wen, wozu bevollmächtigt hat.

Bei einer Untervollmacht (Rz. 22, 49) ist die Kette der nacheinandergeschalteten Vollmachten, Haupt- und Untervollmachten, bis hin zum Beteiligten selbst vorzulegen[12].

Die Vollmacht muss für das anhängige gerichtliche Verfahren erteilt sein. Eine nur für das Besteuerungsverfahren erteilte Vollmacht ist nicht ausreichend[13]. Sie muss zudem für ein konkretes Verfahren erteilt sein und dieses exakt bezeichnen[14]. Eine Vollmacht kraft Sachzusammenhangs mit anderen Prozessen, für die schriftliche Vollmachten vorliegen, ist ausgeschlossen[15]. Eine Vollmacht, die bereits mehrere Jahre vor der Klageerhebung und dem streitigen Vz ausgestellt worden ist, sich nicht auf eine bestimmte Steuerart und einen bestimmten Vz bezieht, kann nicht als Dauerprozessvollmacht für alle möglichen Vz, Verfahrensabschnitte und Steuerarten verstanden werden[16] und genügt daher den Anforderungen des § 62 Abs. 6 FGO nicht[17].

 

Rz. 71

Der Bevollmächtigte ist jedoch – wenn er hierzu im Innenverhältnis befugt ist (Rz. 15) – berechtigt, die unvollständige Vollmachtserklärung zu ergänzen[18] oder den Bezug zu einem konkreten Verfahren dadurch herzustellen, dass er die unvollständige Erklärung einem Schriftsatz beifügt, der den Rechtsstreit genau bezeichnet[19]. Hieraus können jedenfalls berechtigte Zweifel an der Vertretungsbefugnis (Rz. 73) regelmäßig nicht hergeleitet werden[20].

 

Rz. 72

Blankovollmachten sind zulässig[21]. Sie stellen grundsätzlich, auch wenn sie für einen ungewöhnlich langen Zeitraum ausgestellt wurden, eine ausreichende Legitimation dar[22]. Auch diese können von Bevollmächtigten ergänzt werden (Rz. 71).

 

Rz. 73

Bleiben dem Gericht, wenn es in die Ermittlung eingetreten ist (Rz. 62c), durch das Verhalten des Bevollmächtigten berechtigte Zweifel an der Bevollmächtigung, so muss es diesen nachgehen[23]. Es muss ggf. die Vorlage einer neuen vollständigen Vollmachtsurkunde verlangen[24]. Zweifel an der Wirksamkeit einer lediglich unterschriebenen Vollmacht ohne weitere Konkretisierung können dann bestehen, wenn von Vollmachtsurkunden in früheren Verfahren unbefugt Gebrauch gemacht worden ist[25] oder wenn eine allgemein gehaltene, undatierte Blankovollmacht zur Erhebung einer rechtsmissbräuchlichen Klage genutzt wird[26].

Die Zurückweisung einer Vollmacht setzt aber über bloße Mutmaßungen hinausgehende Beweisanzeichen voraus, die auf die fehlende Vertretungsbefugnis hindeuten[27]. Eine Prozessvollmacht kann wegen berechtigter Zweifel an der Vertretungsbefugnis nur in besonderen Ausnahmefällen nicht anerkannt werden[28].

Bei Zweifeln an der Bevollmächtigung können gerichtliche Mitteilungen trotz § 62 Abs. 6 S. 5 FGO (Rz. 31) auch an den Beteiligten zugestellt werden (Rz. 33).

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