Rz. 271

Bei Tateinheit zwischen mehreren Steuerhinterziehungen (s. Rz. 187, 191) beginnt die Strafverfolgungsverjährung für jede einzelne Steuererklärung gesondert[1].

 

Rz. 272

Beim Versuch der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 2 AO (s. Rz. 135) beginnt die Verjährung beim untauglichen Versuch (s. § 369 AO Rz. 43) mit der Vornahme der Tathandlung[2] und beim fehlgeschlagenen Versuch (s. Rz. 136), wenn also die Vollendung der Steuerhinterziehung (s. Rz. 269) nicht eingetreten ist, mit der Bestandskraft des Steuerbescheids, auf den sich die unrichtige oder unterlassene Steuererklärung bezog[3].

 

Rz. 273

Werden bei einer Personengesellschaft die Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 AO unrichtig oder unvollständig abgegeben (s. Rz. 41), so ist der Taterfolg in Form des Steuervorteils (s. Rz. 85b, 97, 207) mit Erlass des Feststellungsbescheids eingetreten, da es sich bei diesem gem. § 82 Abs. 1 S. 1 AO um einen für den Folgebescheid bindenden Grundlagenbescheid handelt[4]. Durch den Feststellungsbescheid werden zwar lediglich Besteuerungsgrundlagen festgestellt und die unrichtige Steuerfestsetzung erfolgt erst durch den Folgebescheid, aber die festgestellten unrichtigen Besteuerungsgrundlagen stellen eine aufgrund ihrer Bindungswirkung für den Folgebescheid hinreichende Gefährdung des Steueranspruchs dar[5]. Die genaue betragsmäßige Bestimmung der erst durch die Folgebescheide eintretenden Steuerverkürzung ist nicht Voraussetzung für die Annahme eines Steuervorteils[6]. Dieser Gesichtspunkt ist lediglich im Hinblick auf das Strafmaß relevant und kann zu diesem Zweck entweder durch Probeberechnungen oder – wenn die Anzahl der Feststellungsbeteiligten zu groß ist – im Wege einer Schätzung ermittelt werden. Die durch die Steuerfestsetzung in den Folgebescheiden bewirkte Steuerverkürzung ist ein weitergehender Taterfolg. Dieser ist nach Ansicht des BGH für die Tatbeendigung und damit für den Verjährungsbeginn maßgeblich[7]. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung ist der Erlass des letzten auf der unrichtigen Feststellungserklärung beruhenden unrichtigen ESt-Bescheids[8] durch das Wohnsitzfinanzamt des letzten Gesellschafters[9]. Im Ergebnis tritt dadurch somit der Vollendungszeitpunkt sehr früh ein, wohingegen der Beendigungszeitpunkt sehr spät liegt.

 

Rz. 274

Die Hinterziehung von Eingangsabgaben, die mit der Abfertigung zur Freigutverwendung vollendet ist, ist erst mit der Vorlage des unrichtigen Verwendungsnachweises beendet[10].

Rz. 275 einstweilen frei

 

Rz. 276

Bei einem Teilnehmer an der Steuerhinterziehung (Rz. 26, 30) beginnt die Verfolgungsverjährung mit Vollendung der Tat, zu der der Beitrag geleistet wird (Rz. 269). Dies gilt auch, wenn der Teilnehmer seinen Tatentschluss aufgibt, aber seinen Tatbeitrag, mit dessen Hilfe die Hinterziehung gefördert worden ist, nicht rückgängig macht[11].

[1] BGH v. 25.5.1982, 5 StR 660/81, HFR 1983, 380; BGH v. 20.12.1989, 3 StR 276/88, wistra 1990, 149; s. z. B. BGH v. 5.4.2000, 5 StR 226/99, BFH/NV Beilage 2001, 70.
[2] BGH v. 26.2.1988, 3 StR 477/87, wistra 1988, 185.
[3] BGH v. 17.7.1991, 5 StR 225/91, HFR 1992, 567.
[4] BGH v. 10.12.2008, 1 StR 322/08, wistra 2009, 114; Jäger, in Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 370 Rz. 122; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 370 AO Rz. 50; Jope, DStZ 09, 247; Hardtke/Leip, NStZ 1996, 217, 219; a. A. Beckemper, NStZ 2002, 518, 520; Hellmann, in HHSp, AO/FGO, § 370 AO Rz. 299ff.
[5] Zur Steuerhinterziehung als Gefährdungsdelikt vgl. Rz. 7a.
[6] A. A. Beckemper, NStZ 2002, 518, 521.
[7] BGH v. 10.12.2008, 1 StR 322/08, wistra 2009, 114; BGH v. 7.2.1984, 3 StR 413/84, wistra 1984, 142; vgl. auch Jäger, in Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 370 Rz. 122; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, § 370, Rz. 116.
[8] Folgebescheid i. S. v. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO.
[9] § 19 Abs. 1 AO; BGH v. 7.2.1984, 3 StR 413/84, wistra 1984, 142; Hardtke, AO-StB 2001, 273; vgl. auch BGH v. 3.4.1984, 5 StR 142/84, wistra 1984, 142; OLG Hamburg v. 19.9.1984, 1 Ws 266/84, wistra 1985, 110; BGH v. 2.7.1986, 3 StR 87/86, wistra 1986, 257.
[10] BGH v. 25.1.1991, 3 StR 329/90, HFR 1992, 81.
[11] BGH v. 27.9.1983, 5 StR 379/83, wistra 1984, 21.

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