Rz. 119

In der überwiegenden Zahl der Fälle erfolgt die Erbfolge nicht nur an einen Erben, sondern an eine Mehrheit von Erben. In diesem Fall geht der Nachlass als Ganzes ungeteilt auf die Erben über und sie bilden eine Erbengemeinschaft nach Maßgabe der §§ 2032 ff. BGB. Die Erbengemeinschaft ist eine nicht rechtsfähige[1] Gesamthandsgemeinschaft. Träger der Nachlassrechte und Schuldner der Nachlassverbindlichkeiten sind die Erben gemeinsam. Der Nachlass, der auf die Erbengemeinschaft übergeht, bildet ein Sondervermögen, das vom Eigenvermögen der einzelnen Miterben zu trennen ist und grundsätzlich der gemeinsamen Verwaltung und Verfügung durch die Miterben unterliegt. Über die einzelnen Nachlassgegenstände kann der Miterbe nicht – auch nicht anteilig – verfügen.[2] Der Erblasser kann einem einzelnen Miterben besondere Verwaltungsrechte übertragen, z. B. durch Einsetzung als Testamentsvollstrecker.

 

Rz. 120

Der steuerbare Erwerb durch Erbanfall des einzelnen Miterben wird durch seinen Anteil am – zunächst nicht auseinandergesetzten – Gesamthandsvermögen bestimmt. Dieser regelt sich nach der auf den jeweiligen Miterben entfallenden Erbquote, die der Steuerfestsetzung zugrunde zu legen ist. Die Erbquote der einzelnen Miterben folgt vorrangig aus der letztwilligen Verfügung des Erblassers und ansonsten aus der gesetzlichen Erbfolge. In der Praxis richtet sich die für die Besteuerung zugrunde zu legende Quote üblicherweise nach dem Erbschein (Rz. 102, 103). Die im Nachlass zusammengefassten Wirtschaftsgüter werden den Miterben über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig als Erwerb von Todes wegen zugerechnet. Das Steuerrecht ordnet – abweichend vom Zivilrecht – an, dass die Miterben der Gesamthandsgemeinschaft so zu behandeln sind, als ob ihnen die einzelnen Vermögensgegenstände zu Bruchteilen zuständen. Für die erbschaftsteuerrechtliche Bereicherung der einzelnen Miterben ist zunächst ein Steuerwert der einzelnen Nachlassgegenstände zu ermitteln. Der Gesamtwert des Nachlasses abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten wird dann auf die Miterben im Verhältnis jeder Erbquoten aufgeteilt. Diese Anteile stellen beim einzelnen Miterben seine Bereicherung i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG dar.

 

Rz. 121

Keine Erbengemeinschaft entsteht in Fällen der Sonderrechtsnachfolge, namentlich bei der Vererbung einer personengesellschaftsrechtlichen Beteiligung (Rz. 165). Dies gilt nicht für die Vererbung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, namentlich GmbH-Anteile. Nach § 15 Abs. 1 GmbHG sind GmbH-Anteile zwingend vererblich. Da ein Geschäftsanteil nach § 18 Abs. 1 GmbHG mehreren Mitberechtigten ungeteilt zustehen kann, geht diese auf die Miterben als Erbengemeinschaft über.

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