rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung bei Rechtsbehelfsbegründung erst im Klageverfahren nach Verstreichen der durch das Finanzamt gesetzten Ausschlussfrist. Reichweite der Ausschlusswirkung des § 364b AO. Einkommensteuer 1998

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten des Verfahrens sind insoweit dem Kläger aufzuerlegen, als das Gericht nach § 76 Abs. 3 FGO Erklärungen und Beweismittel bei seiner Entscheidung berücksichtigt, die das Finanzamt zuvor im Einspruchsverfahren nach § 364b AO rechtmäßig als verspätet zurückgewiesen hat.

2. Besteht im Klageverfahren über die Höhe der festzusetzenden Steuer Einigkeit, so kann und muss das Finanzamt einen Änderungsbescheid erlassen. Die Ausschlusswirkung des § 364b Abs. 2 AO wirkt für das gesamte finanzamtliche Verfahren, sie schränkt jedoch nicht die Befugnis der Finanzämter zur Änderung und Abhilfe im finanzgerichtlichen Verfahren ein.

3. Entgegen der Auffassung der Referatsleiter Abgabenordnung der Länder provoziert nicht die Abhilfe im gerichtlichen Verfahren Klagen, vielmehr zwingt § 364b AO den im Vorverfahren präkludierten Steuerpflichtigen zur Klageerhebung.

 

Normenkette

FGO § 137 S. 3; StVBG; FGO § 76 Abs. 3 S. 2, § 79b Abs. 3 S. 1 Nr. 1; AO 1977 § 364b Abs. 1, § 172 Abs. 1 S. 3 Hs. 2; FGO § 100 Abs. 3

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 1998 vom 29. September und die Einspruchsentscheidung vom 3. April 2001 werden aufgehoben. Für den Veranlagungszeitraum 1998 wird die Einkommensteuer des Klägers mit Null DM festgesetzt.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Die Kosten des Verfahrens bis zum Ablauf des 22. Juli 2002 trägt der Kläger. Die Kosten des Verfahrens ab dem 23. Juli 2002 trägt der Beklagte.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzten Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Gegen den Kläger wurde mit Bescheid vom 29. September 2000 Einkommensteuer für 1998 festgesetzt. Da der Steuerpflichtige im Veranlagungsverfahren keine Steuererklärung abgegeben hat, wurden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2000 legte der – vertretene – Kläger – Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung 1998 ein. Der Einspruch wurde nicht begründet. Insbesondere ist keine Steuererklärung vorgelegt werden. Mit Schreiben vom 15. Januar 2001, das dem steuerlichen Berater ausweislich der Postzustellungsurkunde am 17. Januar 2001 zugestellt wurde – setzt der Beklagte dem Kläger eine Frist nach § 364b AO, die fruchtlos abgelaufen ist. Am 3. April 2001 hat der Beklagte eine Einspruchsentscheidung erlassen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit vorliegender Klage. Mit Schreiben vom 22. Februar 2002 setzte der Berichterstatter eine Frist von einem Monat ab Zustellung dieses Schreibens um dem Gericht die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sich der Kläger beschwert fühlt. Zugleich wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen die Klage als unzulässig abweisen kann, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt hat (§ 79 b Abs. 1 Satz 1 und 3 Finanzgerichtsordnung). Dieses Schreiben wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde am 26. Februar 2002 zugestellt. Daraufhin bezifferte der Kläger mit Schriftsatz vom 25. März 2002 seine Einkünfte und Sonderausgaben. Darüber hinaus legte er einen Jahresabschluss vor und berechnete das zu versteuernde Einkommen. Mit Schreiben vom 24. April 2002 stellte der Beklagte die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 1998 in Aussicht, wenn der Kläger – wie angekündigt – seine Einkommensteuererklärung 1998 bis Ende Mai 2002 nachreicht. Am 29. Mai 2002 legte der Kläger dem Beklagten die ausstehende Steuererklärung vor. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2002 teilte der Beklagte mit, dass die nachgereichten Unterlagen wegen der Präklusion im Vorverfahren nicht mehr berücksichtigt werden können. Mit Schreiben vom 3. Juli 2002 regte der Berichterstatter an, dem Klagebegehren abzuhelfen und die Einkommensteuer 1998 unter der Berücksichtigung der nachgereichten Steuererklärung auf Null festzusetzen, hilfsweise eine Probeberechnung durchzuführen. Mit Schreiben vom 22. Juli 2002 weigerte sich der Beklagte dem Klagebegehren abzuhelfen, auch wenn die Steuer nach der nunmehr vorliegenden Steuererklärung mit Null DM festzusetzen sei.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 29. September 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 3. April 2001 aufzuheben und den Kläger entsprechend seiner Einkommensteuererklärung zu veranlagen.

Der Beklagte

Klagabweisung, hilfsweise die Revision zuz...

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