Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Anordnung hinsichtlich einer bestimmten Vorsteueraufteilungsmethode unzulässig

 

Leitsatz (NV)

Will der Steuerpflichtige bei der Umsatzsteuerfestsetzung ein anderes als vom Finanzamt angewendetes Vorsteueraufteilungsverfahren erreichen, hat er den Umsatzsteuerbescheid anzufechten. Bei diesem Klageziel kann vorläufiger Rechtsschutz nur im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO erreicht werden. Ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO ist unzulässig.

 

Normenkette

UStG 1967/1980 § 15; FGO §§ 69, 114

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Der Antragsteller hat mit dem Einspruch gegen Umsatzsteueränderungsbescheide für 1979 bis 1981 deren ersatzlose Aufhebung beantragt und zunächst gebeten, den Einspruch gemäß § 363 Abs. 2 AO 1977 bis zur Erledigung des Revisionsverfahrens (Az. V R 184/83) hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzungen 1977 und 1978 ruhen zu lassen. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Zugleich hat er Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide gestellt. Das Finanzamt hat daraufhin mit Verfügung vom 15. Februar 1984 die Vollziehung der Bescheide, allerdings nur gegen Sicherheitsleistung, ausgesetzt.

Am 25. September 1984 hat der Antragsteller vor dem Finanzgericht folgenden Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 der Finanzgerichtsordnung hinsichtlich der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen 1979 bis 1981 gestellt:

1. dem Finanzamt N zu untersagen, das nicht rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts wegen Umsatzsteuer 1977 und 1978 im Sinne der in dem Urteil vom Gericht angedeuteten Verböserung auf die Umsatzsteuerfestsetzungen 1979, 1980 und 1981 anzuwenden,

2. das Finanzamt für verpflichtet zu erklären, der Revisionsklägerin die Anwendung der im BdF-Schreiben vom 15. März 1971 (BStBl I 1971, 189) getroffenen (erleichterten) Regelung für die Aufteilung von Vorsteuern bei Vereinen für die Umsatzsteuer-Festsetzungen der Jahre ab 1979 weiterhin bis zur Erledigung des Revisionsverfahrens zu gestatten, hilfsweise, für den Fall, daß das Gericht den Hauptanträgen nicht entsprechen könne, anzuordnen, daß für die durch die Verböserung anfallenden zusätzlichen Umsatzsteuerbeträge bis zur Erledigung des Revisionsverfahrens (V R 184/83) keine Sicherheitsleistung in Betracht komme.

Das Finanzgericht hat den Antrag (als unzulässig) abgelehnt.

Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und beantragt:

1. den Beschluß des Finanzgerichts aufzuheben und seinen Hauptanträgen (Nr. 1 und Nr. 2) vom 25. September 1984 auf einstweilige Anordnung stattzugeben,

2. hilfsweise nunmehr, das Finanzamt zu verpflichten, die Einspruchsentscheidung über die hier angefochtenen Änderungsbescheide unabhängig vom Revisionsverfahren zur Umsatzsteuer 1977 und 1978 herbeizuführen oder das Finanzamt zu verpflichten, die rechtlichen Gründe offenzulegen, die der Einspruchsentscheidung entgegenstehen.

Den vor dem Finanzgericht gestellten Hilfsantrag II (Sicherheitsleistung) zog der Antragsteller zurück.

Das Finanzamt tritt der Beschwerde entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Für den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch auf vorläufigen Rechtsschutz ist der Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht das richtige Verfahren; der beim Finanzgericht gestellte Antrag war daher unzulässig.

Das vom Antragsteller ausdrücklich angestrebte Ergebnis, das Finanzamt habe bei den Umsatzsteuerfestsetzungen 1979 bis 1981 ein bestimmtes Vorsteueraufteilungsverfahren anzuwenden, setzt grundsätzlich die Anfechtung der bereits ergangenen Steuerbescheide für diese Jahre voraus. Der Vorsteuerabzugsanspruch ist lediglich eine unselbständige Besteuerungsgrundlage zur Berechnung der Umsatzsteuer für den jeweiligen Besteuerungszeitraum. Angriffe gegen die Ermittlung des Vorsteuerabzugsanspruchs kann der Antragsteller nur dadurch zur Geltung bringen, daß er im Weg der Anfechtung der Steuerfestsetzung deren Rechtswidrigkeit rügt und die Festsetzung der Steuer in Höhe eines anderen Betrags begehrt (vgl. Urt. vom 30. September 1976 V R 109/73, BFHE 120, 562, BStBl II 1977, 227; vgl. auch Urteil vom 24. März 1983 V R 8/81, BFHE 138, 498, BStBl II 1983, 612). Der Antragsteller hat auch bereits die (geänderten) Umsatzsteuerbescheide 1979 bis 1981 (als anfechtbare, ihn belastende Verwaltungsakte) mit dem Einspruch angefochten. Nach der Systematik des einstweiligen Rechtsschutzes nach der Finanzgerichtsordnung kann grundsätzlich vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz gegen anfechtbare belastende Verwaltungsakte (bereits vor Erhebung der Anfechtungsklage in der Hauptsache) über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Verwaltungsakts nach § 69 Abs. 3 FGO gewährt werden. Der Rechtsschutzweg über § 69 Abs. 3 FGO schließt vorläufigen Rechtsschutz durch Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO aus; denn gemäß § 114 Abs. 5 FGO gelten die Vorschriften über den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht für den Fall des § 69 FGO (vgl. Beschluß vom 11. Dezember 1984 VII B 41/84, BFHE 142, 423, BStBl II 1985, 197, mit Nachweisen).

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide hat der Antragsteller beim Finanzamt bereits gestellt. Soweit er sich durch die Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung beschwert fühlt, ist insoweit grundsätzlich ebenfalls die Rechtsschutzmöglichkeit nach § 69 Abs. 3 FGO in Anspruch zu nehmen (vgl. Beschluß vom 28. Oktober 1981 I B 69/80, BFHE 134, 239, BStBl II 1982, 135).

Schließlich kann die Zulässigkeit des auf § 114 FGO gestützten Antrags nicht im Hinblick auf das Begehren, das Finanzamt zur Entscheidung über die Einsprüche zu verpflichten, hergeleitet werden. Die FGO sieht in § 46 die Erhebung einer Klage ohne vorherigen Abschluß des Vorverfahrens vor, wenn die Behörde über den Einspruch ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht in angemessener Frist entscheidet. Eine Untätigkeitsklage, die sich auf den Erlaß einer Einspruchsentscheidung richtet (Verpflichtungsklage) sieht die Finanzgerichtsordnung nicht vor (vgl. Urt. vom 25. Oktober 1973 VII R 15/71, BFHE 111, 1, BStBl II 1974, 116).

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Fundstellen

BFH/NV 1987, 271

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