Entscheidungsstichwort (Thema)

Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Besetzungsrüge hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass die angefochtene Entscheidung nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzeswidrig und damit willkürlich ist.

2. Nach verbreiteter Auffassung wird ein in der Verletzung der Wartepflicht (§ 51 FGO i.V. mit § 47 ZPO) liegender Verfahrensfehler durch die rechtskräftige Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs geheilt.

 

Normenkette

GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3, § 119 Nr. 1; ZPO § 47

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Urteil vom 11.04.2005; Aktenzeichen 15 K 4678/02 E)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach § 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Zur Begründung der Beschwerde sind nach § 116 Abs. 3 FGO die Voraussetzungen eines oder mehrerer Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 FGO darzulegen. An einer solchen Darlegung fehlt es hier.

1. Mit der Rüge, dass der Einzelrichter die mündliche Verhandlung nicht bis zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unterbrochen habe, macht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) den absoluten Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 119 Nr. 1 FGO) geltend. Die unrichtige Anwendung einer Vorschrift über die Besetzung eines Gerichts führt allerdings nur dann zu einem Verfahrensmangel im Sinn dieser Vorschriften, wenn der Gesetzesverstoß zugleich eine Verletzung des in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes niedergelegten Gebots des gesetzlichen Richters darstellt. Eine gerichtliche Entscheidung verstößt gegen das Gebot des gesetzlichen Richters, wenn sie von willkürlichen Erwägungen bestimmt ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Dezember 2004 II B 166/03, BFH/NV 2005, 705). Deshalb hat eine Besetzungsrüge nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass die angefochtene Entscheidung nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzeswidrig und damit willkürlich ist. Das ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat in seiner Beschwerdeschrift die greifbare Gesetzeswidrigkeit oder Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung nicht dargetan.

Zu einer entsprechenden Darlegung hätte sich der Kläger im Übrigen auch deshalb veranlasst sehen müssen, weil nach verbreiteter Auffassung ein in der Verletzung der Wartepflicht (§ 51 FGO i.V.m. § 47 der Zivilprozessordung) liegender Verfahrensfehler durch die rechtskräftige Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs geheilt werden soll (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. November 1987  1 BvR 1033/87, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1988, 174; Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15. Juli 2004 IX ZB 280/03, ZVI 2004, 753; Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Dezember 1999 IX AZR 739/99, Der Betrieb 2000, 884; Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 51 FGO Rz. 130; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, § 51 Rz. 85; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 51 FGO Tz. 44).

2. Zwar kann eine Besetzungsrüge Erfolg haben, wenn der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs willkürlich ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. Januar 2003 III B 51/02, BFH/NV 2003, 640; vom 28. Mai 2003 III B 87/02, BFH/NV 2003, 1218; Lange in HHSp, § 119 FGO Rz. 108). Ein solches Vorbringen lässt sich jedoch der Beschwerde nicht entnehmen.

 

Fundstellen

BFH/NV 2006, 103

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