Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer Gegenvorstellung

 

Leitsatz (NV)

Die Beschwerdeentscheidung des BFH im Verfahren der Richterablehnung ist grundsätzlich nicht abänderbar. Die Gegenvorstellung gegen die Beschwerdeentscheidung ist nicht statthaft.

 

Normenkette

FGO § 51

 

Tatbestand

Durch Beschlüsse vom 22. Dezember 1989 hat der erkennende Senat die Beschwerden des Klägers gegen die Beschlüsse des FG vom 27. September und vom 1. November 1988, durch die die Ablehnungsgesuche des Klägers gegen den Richter am FG X für unbegründet erklärt wurden, zurückgewiesen.

Mit seinen ,,Gegenvorstellungen" beantragt der Kläger, die Beschlüsse des Senats vom 22. Dezember 1989 VIII B 134/88, VIII B 135/88 und VIII B 136/88 aufzuheben und dem Ablehnungsgesuch vom 18. Februar 1988 stattzugeben . . . Der Kläger beantragt ferner, die Akten des FG anzufordern und diese nach Eingang zusammen mit den Akten des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Einsichtnahme an das Finanzamt L zu senden.

 

Entscheidungsgründe

Die Gegenvorstellungen des Klägers sind nicht statthaft. Die Finanzgerichtsordnung (FGO) sieht - wie auch die anderen Verfahrensgesetze - den Rechtsbehelf der Gegenvorstellung nicht vor. Gleichwohl ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß eine Gegenvorstellung in bestimmten Ausnahmefällen zu einer Änderung formell rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen führen kann (vgl. z. B. Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, 15. Aufl., Vorbem. III.2. vor § 567 m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist stets, daß das Gericht rechtlich zur Abänderung seiner Entscheidung befugt ist (BFH-Beschluß vom 19. Juni 1979 VII R 79-80/78, BFHE 128, 32, BStBl II 1979, 574). An dieser Voraussetzung fehlt es nicht nur bei gerichtlichen Entscheidungen, die in materieller Rechtskraft erwachsen, sondern auch bei unanfechtbaren Beschlüssen des Beschwerdegerichts, die aufgrund einer befristeten Beschwerde ergangen sind (Thomas/Putzo, a.a.O.; Oberverwaltungsgericht Koblenz, Beschluß vom 23. September 1985 - 12 E 17/85, Neue Juristische Wochenschrift 1986, 1706). Die Befristung der Beschwerde soll einen baldigen Abschluß des Nebenverfahrens herbeiführen. Das gilt vor allem für Beschwerdeentscheidungen in Verfahren der Richterablehnung, durch die ein selbständiges Zwischenverfahren abgeschlossen wird. Die selbständige (befristete) Anfechtbarkeit der das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Entscheidung des FG dient dem Zweck, die Frage, ob ein Ablehnungsgrund gegen einen Richter des FG vorliegt, rasch und endgültig zu klären (BFH-Beschluß vom 30. November 1981 GrS 1/80, BFHE 134, 525, 530, BStBl II 1982, 217). Dieser Zweck und der Grundsatz der Rechtssicherheit verbieten es, die Änderung von Beschwerdeentscheidungen im Verfahren der Richterablehnung aufgrund einer Gegenvorstellung zuzulassen. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob eine Gegenvorstellung in diesen Fällen ausnahmsweise dann statthaft ist, wenn die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht oder unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) ergangen ist (vgl. BFH-Beschluß vom 22. Oktober 1986 II B 144/86, BFH/NV 1987, 378). Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen offensichtlich nicht vor. Insbesondere beruhen die Beschwerdeentscheidungen des Senats vom 22. Dezember 1989 nicht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Der Kläger hatte in den Beschwerdeverfahren Gelegenheit, seine Rechtsauffassung zur Frage der Befangenheit des Richters am FG darzulegen. Der Senat hat sein Vorbringen bei der Entscheidung über die Beschwerde zur Kenntnis genommen und es erwogen.

Da die Gegenvorstellungen unzulässig sind, besteht für den erkennenden Senat keine Veranlassung, die Akten des FG anzufordern. Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht kann deshalb keinen Erfolg haben. Im übrigen hat der Kläger bereits im Verfahren der Beschwerde gegen den das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluß des FG Einsicht in die Akten genommen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417123

BFH/NV 1991, 463

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