Rz. 96

[Autor/Stand] Die nur für Zwecke der Steuerberechnung geltende Vorschrift soll Härten mildern, die sich bei Schenkungen einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ansonsten durch Anwendung der Steuerklasse III ergeben würden. Die Gesetzesbegründung betont hierbei, dass die Körperschaften in einschlägigen Fällen materiell und verfahrensrechtlich Schenker bleiben. Das Wort "durch" ist demnach wie beim neuen § 7 Abs. 8 ErbStG als "von" auszulegen[2].

 

Rz. 97

[Autor/Stand] Auf Initiative des Bundesrats wurde im Zuge des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7.12.2011[4] § 15 Abs. 4 ErbStG neu geschaffen. Dadurch sollte vermieden werden, dass aufgrund der Aufhebung und Nichtanordnung der R/H 18 ErbStR/H 2003 und der neuen Verwaltungsanweisung H 18 ErbStH 2003 vom 20.10.2010, die nunmehr obsolet ist, die Vorteilszuwendungen an, von und zwischen Kapitalgesellschaften sowie Genossenschaften über Gebühr besteuert werden. Verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und die Fälle vornehmlich disquotaler Einlagen (§ 7 Abs. 8 ErbStG) an eine dem Gesellschafter nahestehende Person sollten schenkungsteuerlich nicht nach dem Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und Empfänger besteuert werden und somit nur in die Steuerklasse III fallen.[5] Aufgrund eines Obiter Dictum des II. BFH-Senats vom 7.11.2007[6] war dies zu befürchten.

 

Rz. 98– 101

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

 

Rz. 102

[Autor/Stand] Diese Rechtsansicht zur Steuerbarkeit der verdeckten Gewinnausschüttungen an nahestehende Personen ist mittlerweile überholt. Mit Urteilen vom 13.9.2017 hat der BFH[9] entschieden, dass wenn eine GmbH einem Vertragspartner überhöhte Entgelte zahlt, sie regelmäßig als Schenker in Betracht kommt, es sei denn der Begünstigte steht einem Gesellschafter nahe, der die Vorteilsgewährung mitwirkend beeinflusst hat. In solchen Fällen kann der Gesellschafter Schenker sein. Die Leistung erfolgte dann im abgekürzten Zahlungsweg über die GmbH.

 

Rz. 103

[Autor/Stand] Die vom Gesetzgeber gewollte Besteuerung nach den günstigeren Steuerklasse I und II gelingt nur, wenn Zuwender und Erwerber nahestehende Personen sind. Nahestehend sind nicht nur Angehörige i.S.v. § 15 AO, es genügen Beziehungen jeder Art, die auf außerbetriebliche Veranlassung der Zuwendung durch die Kapitalgesellschaft schließen lassen, sie können familienrechtlich, schuldrechtlich, gesellschaftsrechtlich, wirtschaftlich oder tatsächlicher Art sein.[11] Bei Stiftungen ist dies nur im Fall von § 15 Abs. 2 ErbStG möglich (s. Rz. 71 ff.).

 

Rz. 104

[Autor/Stand] Ob der Gesellschafter die Zuwendung (mit-)veranlasst hat (so der Wortlaut in § 15 Abs. 4 Satz 1) oder mitgewirkt hat (so der BFH) macht begrifflich keinen Unterschied.[13] Kausales Handeln liegt demnach vor, wenn der Gesellschafter den begünstigenden Vertrag als Gesellschafter-Geschäftsführer abschließt, als Gesellschafter mitunterzeichnet, dem Geschäftführer eine Anweisung zum Vertragsabschluss erteilt. In sonstiger Weise auf den Vertragsschluss hinwirkt oder diesem zustimmt.[14]

 

Rz. 105

[Autor/Stand] Kommen mehrere Gesellschafter als Veranlassende der Zuwendung in Betracht kann eine quotale Mitveranlassung angenommen werden s. R E 15.4 Abs. 3 ErbStR 2019. Die Zuwendung ist dann nach dem Verhältnis der Mitveranlassung aufzuteilen. Sollte dies nicht gelingen, so sollte dies die Person sein, die zum Zuwendungsempfänger in engster familiärer Beziehung steht.[16]

 

Rz. 106

[Autor/Stand] Bei mittelbarer Beteiligung der hinter der vermittelnden Gesellschaft stehenden natürlichen Person, die die Zuwendung angewiesen hat, ist diese heranzuziehen.[18]

 

Rz. 107

[Autor/Stand] Ist veranlassende Person eine Stiftung, bleibt es immer bei der Steuerklasse III, weil zur Stiftung kein persönliches Verhältnis i.S.d. Steuerklasseneinteilung besteht.[20]

 

Rz. 108

[Autor/Stand] Ist der Gesellschafter nicht an der Zuwendung beteiligt, kann es auch nach der geänderten BFH-Rspr. zu Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an eine dritte Person kommen.[22]

 

Rz. 109

[Autor/Stand] Die obersten Finanzbehörden der Länder haben auf das BFH-Urteil vom 13.9.2017 mit gleich lautenden Ländererlassen vom 20.4.2018[24] reagiert, in denen sie der neuen Sichtweise des BFH folgten, jedoch in derartigen Fällen regelmäßig davon ausgingen, dass nunmehr eine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an die nahestehende Person vorliege. Das bedeutet, dass die vGA beim Gesellschafter einkommensteuerrechtlich erfasst wird und die Schenkung des Gesellschafters an die nahestehende Person unter § 7 ErbStG fällt.

Diese Doppelerfassung ist zulässig, sonst gäbe es § 35b EStG nicht bei der Einkommensteuer[25].

 

Rz. 110

[Autor/Stand] Zu den Auswirkungen dieser Anpassung für die Auslegung des § 7 Abs. 8 Satz 1 und Satz 2 ErbStG[27] (s. § 7 Abs. 8 ErbStG Rz. 601 ff.).

 

Rz. 111

[Autor/Stand] Inzwischen hat die Finanzvewaltung auf die unklare Rechtslage reagiert und in R E 7.5 ErbStR 2019[29] und H E 7.5 ErbStH 2019[30] umfangreich zur Behandlung von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften (s. R E 7....

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