Rz. 71

[Autor/Stand] Stiftungen können durch Verfügung von Todes wegen (s. § 3 ErbStG Rz. 250) angeordnet (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG) oder begründet werden oder durch ein Stiftungsgeschäft unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG ). Die Übertragung des Vermögens unterliegt grundsätzlich der Steuerklasse III, sofern tatsächlich eineZuwendung als Stiftungsausstattung vorliegt.[2] Bei Übergang des Vermögens auf eine inländische Familienstiftung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 1 ErbStG (s. § 1 ErbStG Rz. 62 ff.)[3] ist stattdessen die Steuerklasse maßgebend, die sich für das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser bzw. Schenker ergibt. Beim Verwandtschaftsverhältnis gilt die Rspr. zur Auslegung der Steuerklassenbegriffe entsprechend. Nach Auffassung der Finanzverwaltung[4] ist dabei auf den nach der Satzung oder der Stiftungsurkunde möglichen entferntest Berechtigten abzustellen, auch wenn dieser im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt ist, sondern es erst in der Generationenfolge wird. Als Ausgleich für dieses sog. Steuerklassenprivileg ist die Erbersatzsteuer des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu sehen.[5] Auf das Vorhandensein klagbarer Ansprüche kommt es nicht an. Das FG Münster ist mit Urteil vom 18.5.2017[6] dieser Auffassung gefolgt, so dass auch eine noch nicht lebende Enkelgeneration zu berücksichtigen sei. Als Vermögensvorteil genügt bereits die Erlangung von Darlehen.[7]

 

Rz. 72

[Autor/Stand] Der Begriff Verwandtschaftsverhältnis ist nach h.M.[9] nicht i.S.v. § 1589 BGB zu verstehen so wie auch bei der Gleichstellung von Stiefkindern mit leiblichen Kindern (s. Rz. 33). Insoweit folgt man nicht dem im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht vorherrschenden Primat des Zivilrechts, sondern darüber hinausgehend ist hier das persönliche Verhältnis i.S.d. § 15 Abs. 1 ErbStG maßgeblich.[10]

Wenn bei einer Familienstiftung die zivilrechtlich nicht verwandte Ehefrau des Stifters nicht begünstigt wäre, würde das wohl gegen Art. 6 GG verstoßen[11]. Rein persönliche Näheverhältnisse wie z.B. eine langjährige nicht eheliche Lebensgemeinschaft mit dem Stifter bleiben unberücksichtigt (s. § 16 ErbStG Rz. 26c).

 

Rz. 73

[Autor/Stand] Unklar ist auch der Begriff des "Berechtigten" (sog. Destinatär s. § 1 ErbStG Rz. 62). Darunter könnte man sowohl den Bezugs- als auch den Anfallsberechtigten (Person, an die bei Auflösung der Stiftung das Stiftungsvermögen auszukehren ist[13]) als auch allein den Bezugsberechtigten verstehen. So wird z.T in der Literatur die Meinung vertreten, Berechtigter wäre jeder, der durch die Satzung begünstigt wird.[14]

Wie jedoch Söffing[15] m.E. richtig darlegt, ergibt sich aus R E 15.2 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2019, dass die Finanzverwaltung nur auf den Bezugsberechtigten abstellt, weil auch der mittelbar Bezugsberechtigte (z.B. Enkel) in der nächsten Generation entferntest Berechtigter sein kann. Bei der Errichtung einer Familiengesellschaft ist deshalb als "entferntest Berechtigter" derjenige anzusehen, der – ohne einen klagbaren Anspruch haben zu müssen – nach der Satzung Vermögensvorteile aus der Stiftung erlangen kann (R E 15.2 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 20199). Daraus folgt, dass die Finanzverwaltung als entferntest Berechtigten alle Bezugsberechtigten ansieht, die nach der Satzung möglicherweise Vermögensvorteile aus der Stiftung erlangen können.

 

Gestaltungstipp:

Solange diese Frage höchstrichterlich nicht entschieden ist, sollte man man bei der Errichtung einer Familienstiftung vorher eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt nach § 89 AO einholen. Erfolgt die Errichtung der Familienstiftung nur allgemein zugunsten der Familie des Stifters und ihrer Angehörigen, ist für ihre Besteuerung die Steuerklasse III i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG maßgebend.[16]

 

Rz. 74

[Autor/Stand] Die sich danach ergebende Steuerklasse ist auch für die Höhe des Freibetrags nach § 16 ErbStG maßgebend. Soll der Ehepartner des Stifters neben seinen Abkömmlingen bezugsberechtigt sein, so gilt nicht der Ehegattenfreibetrag von 500.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), sondern nur der für die entfernter berechtigten Kinder geltende Freibetrag i.H.v. 400.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).[18] § 17 ErbStG ist nicht einschlägig.

 

Rz. 75

 

Gestaltungstipp:

Man sollte vermeiden, bei Familienstiftungen neben den Kindern auch deren Ehegatten zu begünstigen, weil dann die Ausstattung der Stiftung mit Vermögen nicht nach Steuerklasse I (Freibetrag 500.000 Euro nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), sondern nach Steuerklasse II (Freibetrag nur 200.000 Euro nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) oder gar Steuerklasse III erfolgt, wenn auch die Ehegatten der weiteren Abkömmlinge (z.B. Enkel) bezugsberechtigt sind (Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 nur noch 20.000 Euro).

 

Rz. 76

[Autor/Stand] Zustiftungen (Zuwendungen, die der Stifter nachträglich über das Stiftungskapital hinaus macht) werden nach Steuerklasse III besteuert.[20], weil es sich nur um freigebige Schenkungen i....

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