Rz. 114

Das Jahressteuergesetz 2019 hat § 6a Abs. 1 Nr. 4 UStG eingefügt. Danach ist für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung Voraussetzung, dass der Abnehmer gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige USt-IdNr. verwendet. Die Gesetzesänderung beruht auf Art. 138Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, die für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung verlangt, dass der Abnehmer die USt-IdNr. dem Lieferer mitteilt. Die Verwendung der USt-IdNr. durch den Abnehmer ist materiell-rechtliche Voraussetzung für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Sowohl die Fassung der MwStSystRL "mitteilen" als auch die deutsche Umsetzung "verwenden" setzen ein aktives Handeln seitens des Abnehmers voraus, damit der Lieferer von der USt-IdNr. Kenntnis erlangt.

 

Rz. 115

Es muss eine im Zeitpunkt der Lieferung gültige USt-IdNr. vorliegen. Es genügt nicht, dass die USt-IdNr. im Zeitpunkt des Umsatzes vom Abnehmer erst beantragt wurde; sie muss vielmehr zu diesem Zeitpunkt von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats dem Erwerber bereits zugeteilt sein. Erteilt ein anderer Mitgliedstaat einem Organkreis nur eine USt-IdNr., wird diese bei der Verwendung durch die Organgesellschaft gegenüber einem inländischen Unternehmer anerkannt.[1] Zusammen mit der Registrierung der Steuerpflichtigen, die innergemeinschaftliche Umsätze tätigen[2], und der vom Unternehmer abzugebenden richtigen und vollständigen Zusammenfassenden Meldung[3] ermöglicht die zwingende Verwendung der USt-IdNr. des Erwerbers den staatlichen Behörden, den betrugsanfälligen innergemeinschaftlichen Warenverkehr zu kontrollieren und schon im Vorfeld Hürden für die Erlangung der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen zu errichten und zusätzlich durch die Sanktionsmöglichkeiten in §§ 25f, 26b und 26c UStG dem Steuerausfall zu begegnen. Die Gültigkeit der USt-IdNr. des Abnehmers kann sich der Unternehmer gem. § 18e UStG bestätigen lassen. Sind die Angaben des Abnehmers unzutreffend, genießt der Lieferer bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 UStG Gutglaubensschutz (Rz. 330ff.).

 

Rz. 115a

Die vom Abnehmer verwendete USt-IdNr. darf nicht eine im Abgangsmitgliedstaat erteilte USt-IdNr., sondern muss eine ihm in einem anderen Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr. sein. Er muss nicht eine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte USt-IdNr. verwenden. Verwendet der Abnehmer eine ihm von einem anderen als dem Bestimmungsmitgliedstaat erteilte USt-IdNr., stellt dies die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht infrage. In diesem Fall bewirkt der Abnehmer sowohl im Bestimmungsmitgliedstaat als auch im Mitgliedstaat, dessen USt-IdNr. er verwendet, einen weiteren innergemeinschaftlichen Erwerb. Dieser Doppelbesteuerung kann der Abnehmer nicht entgehen; er kann nur eine entsprechende Verringerung der Bemessungsgrundlage erreichen, indem er dem Mitgliedstaat der verwendeten USt-IdNr. die Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat nachweist.[4]

 

Rz. 115b

Besitzt der Abnehmer im Zeitpunkt der Lieferung keine oder noch keine USt-IdNr., liegt keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor. Auch eine dem Abnehmer rückwirkend auf den Zeitpunkt der Lieferung erteilte USt-IdNr. ändert daran nichts. Andererseits führt ein nachträglicher Entzug der USt-IdNr. nicht dazu, dass die innergemeinschaftliche Lieferung steuerpflichtig wird.

 

Rz. 115c

Hat der Abnehmer im Zeitpunkt der Lieferung keine gültige USt-IdNr. verwendet, verbleibt es bei der steuerpflichtigen Lieferung im Abgangsmitgliedstaat, für die der Lieferer Steuerschuldner ist. In seiner Rechnung an den Erwerber weist er die USt aus, die der Erwerber im Abgangsstaat schuldet, aber als Vorsteuer in Abzug bringen kann, wenn dort registriert ist; andernfalls kommt ein Vorsteuervergütung in Betracht.[5] Daneben besteht unabhängig davon die Erwerbsteuerpflicht im Bestimmungsmitgliedstaat.

 

Rz. 115d

War der Abnehmer im Zeitpunkt der Lieferung im Besitz einer gültigen USt-IdNr., kann er diese auch noch nachträglich einsetzen. Die nachträgliche Verwendung entfaltet für Zwecke der Steuerbefreiung Rückwirkung.[6]

 

Rz. 115e

Sind die Angaben des Abnehmers unzutreffend, genießt der Lieferer bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 UStG Gutglaubensschutz (Rz. 311ff.). Der Lieferer braucht in diesem Fall auch bei einem Schwellenerwerber nicht zu prüfen, ob dieser die Erwerbsschwelle im Bestimmungsstaat erreicht. Der liefernde Unternehmer ist verpflichtet, die USt-IdNr. des Abnehmers aufzuzeichnen.[7]

[1] Abschn. 6.a.1 Abs. 19 S. 7 UStAE.
[5] Huschens, NWB 2019, 1893; Prätzler, StB 2019, 205; Ste...

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