Rz. 28

Nach § 371 Abs. 1 AO kommt einer Selbstanzeige strafbefreiende Wirkung nur hinsichtlich der Ahndung einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO zu. Die Tat muss verübt sein und rechtlich als Steuerhinterziehung nach § 370 AO geahndet werden können.

Für die Straffreiheit nach § 371 AO ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut unerheblich die Form der Tatbeteiligung an der Steuerhinterziehung und das Stadium der Tat.[1] Nach der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung des § 371 AO war es auch ohne Bedeutung, ob ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 5 AO vorlag.[2] Dies hat sich jedoch durch die Einführung des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AO zum 1.1.2015 (vgl. Rz. 2) dahingehend geändert, dass aufgrund dieser Vorschrift im Fall eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung i. S. d. § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 5 AO die Straffreiheit ausgeschlossen ist. Für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung i. S. d. § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO gilt Entsprechendes aufgrund des Ausschlussgrundes des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO. Folglich kann sich nur noch für die unbenannten besonders schweren Fälle der Steuerhinterziehung[3] aus § 371 AO die Straffreiheit ergeben.

 

Rz. 29

Sofern die Hinterziehung von KiSt in den Ländern einen Fall der Steuerhinterziehung darstellt[4], ist auch § 371 AO anwendbar.

 

Rz. 30

§ 371 AO ist darüber hinaus aufgrund ausdrücklicher Gesetzesverweisungen auch in zahlreichen weiteren Fällen anwendbar, von denen hier nur einige beispielhaft genannt werden sollen.[5]

Bei der Hinterziehung von Abwasserabgaben[6] und von Abgaben zu Marktordnungszwecken[7], beim (versuchten) Erschleichen verschiedener Prämien und Zulagen wie Arbeitnehmersparzulage[8] und Wohnungsbauprämie.[9] Darüber hinaus verweisen auch die Kommunalabgabengesetze der Länder im Kommunalabgabenrecht weitgehend einheitlich auf die Selbstanzeigeregelung der Abgabenordnung. Auf die Eigenheim- und die InvZul ist § 371 AO hingegen nicht anwendbar.[10]

Der frühere Verweis auf § 371 AO in § 5a Abs. 2 S. 1 BergPG im Hinblick auf das Erschleichen von Bergmannsprämie wurde mit Wirkung zum 1.12.2012 aufgehoben.

[1] Webel/Dumke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 370 AO Rz. 149, 147 Versuch bzw. Vollendung; s. Rz. 28, 315 zur Nachentrichtungspflicht.
[4] Dies ist der Fall in Niedersachsen und Sachsen, vgl. auch Webel/Dumke, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 370 AO Rz. 80.
[5] Vgl. die Aufzählungen bei Beckemper, in HHSp, AO/FGO, 245. Lfg. 11/17, § 371 AO Rz. 30; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 371 AO Rz. 47ff.
[7] §§ 12 Abs. 1 S. 1, 35 MOG.
[9] § 8 Abs. 2 S. 1WoPG.
[10] Klein/Jäger, AO, 15. Aufl. 2020, § 371 Rz. 25; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 371 AO Rz. 50.

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