Rz. 1

Während § 59 AO den materiellen Inhalt der Satzung festlegt, präzisiert § 60 Abs. 1 AO, in welcher Form die Angaben enthalten sein müssen (formelle Satzungsmäßigkeit): das FA muss allein durch die Satzung in die Lage versetzt werden, prüfen zu können, ob die Voraussetzungen der Steuervergünstigung gegeben sind.[1] Diese Buchnachweisfunktion verbietet dem Satzungsgeber die Bezugnahme auf Regelungen in anderen Satzungen (z. B. eines Dachverbands) oder auf außerhalb der Satzung getroffene Vereinbarungen[2]; jedoch genügt es, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen aufgrund einer Auslegung aller Satzungsbestimmungen ergeben.[3]

 

Rz. 2

Als Maßgabe dafür, wie die Zweckverfolgung in der Satzung zu präzisieren ist, liegt eine Mustersatzung vor.[4] Bereits die Finanzverwaltung hatte Mustersatzungen im AEAO veröffentlicht, um die Voraussetzungen der formellen Satzungsmäßigkeit zu konkretisieren. Durch das JStG 2009 v. 19.12.2008[5] ist S. 2 eingefügt worden, durch den die Mustersatzung Gesetzesrang erhält. Gemäß Art. 97 § 1f Abs. 2 EGAO gilt die gesetzliche Mustersatzung für Neugründungen und Satzungsänderungen, die nach dem 31.12.2008 wirksam werden. Die FÄ und die Gerichte prüfen solche Satzungen also daraufhin, ob sie die Mustersatzung inhaltlich richtig umsetzen.[6] Eine Pflicht zur wörtlichen oder gar der Reihenfolge entsprechenden Übernahme lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Norm herleiten.[7] Vielmehr muss durch Auslegung ermittelt werden, ob die Satzung der Mustersatzung inhaltlich entspricht.[8]

Der BFH hat in einer Entscheidung, die die satzungsmäßige Vermögensbindung betraf[9], angedeutet, dass zumindest die Begriffe "ausschließlich und unmittelbar" wörtlich übernommen werden müssten, weil dies durch die Gesetzesänderung beabsichtigt gewesen sei.[10] Eine generelle Pflicht zur wörtlichen Übernahme des Textes der Mustersatzung wäre indes europarechtswidrig, da ausländische Körperschaften in diesem Fall gezwungen wären, ihre Satzung in deutscher Sprache abzufassen.[11]

In der Praxis empfiehlt es sich, bei Neugründung gemeinnütziger Körperschaften ebenso wie im Falle von Satzungsänderungen den Satzungstext wörtlich an den für die Körperschaft einschlägigen Regelungen der Mustersatzung zu orientieren.[12] Abweichungen von der Mustersatzung sind nach Auffassung der Finanzverwaltung möglich bei Mittelbeschaffungskörperschaften[13]; hier kann entgegen der Mustersatzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden.[14] Eine weitere Ausnahme betrifft Körperschaften, deren Gesellschafter oder Mitglieder steuerbegünstigte Körperschaften und/oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und die die empfangenen Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden; hier kann auf die Regelung in § 3 Abs. 2 der Mustersatzung verzichtet werden.[15] Da Ausschüttungen gemeinnütziger GmbH an ihre Gesellschafter zulässig sind, wenn diese selbst steuerbegünstigte Körperschaften sind[16], ist in diesen Fällen die Regelung des § 3 Abs. 1 S. 2 der Mustersatzung (Verbot der Gewährung von Gewinnanteilen oder sonstigen Zuwendungen) entbehrlich.

Für Satzungen, die vor dem 31.12.2008 entstanden sind und nicht geändert wurden, ist nach wie vor ausschließlich § 61 Abs. 1 S. 1 AO maßgeblich. Es besteht keinerlei Bindung der Gerichte an die Mustersatzung der Finanzverwaltung[17], mag die inhaltliche Übernahme der Mustersatzung auch der Anerkennung durch das FA dienen.

 

Rz. 3

Die Satzung muss eindeutig bestimmen, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, wie dieser Zweck erreicht oder gefördert werden soll, dass dieser Zweck gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich ist und dass er selbstlos, ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird[18], und auf welche Weise der Satzungszweck verfolgt werden soll.[19] Dieses Erfordernis der formellen Satzungsmäßigkeit gilt auch für ausländische Körperschaften; um den grenzüberschreitenden Spendenabzug aber nicht praktisch gänzlich auszuschließen, dürfte es ausreichen, wenn die ausländische Satzung materiell vergleichbare Festlegungen enthält, auch wenn bestimmte deutsche Begriffsbestimmungen fehlen.[20] Ein Bestandsschutz für ausländische Satzungen kommt nicht in Betracht, da kein Anlass besteht, ausländische Körperschaften grundsätzlich besser zu stellen als inländische Körperschaften.[21]

Es muss der Satzung nach ausgeschlossen sein, dass die Körperschaft Zwecke verfolgt, die die Steuerbegünstigung entfallen lassen. So wurde einem Verein mit dem Satzungszweck "unlauteren Wettbewerb und Wirtschaftskriminalität im Interesse der Allgemeinheit, der gewerblichen Unternehmen, der freiberuflich Tätigen und der Mitglieder zu bekämpfen" die Steuerbegünstigung verwehrt, weil das FA anhand der Satzung nicht ausschließen konnte, dass der Verein "in erster Linie" für seine Mitglieder, also nicht selbstlos tätig würde.[22] Auch die durch Satzung eingeräumte Möglichkeit, sich an anderen gewerblichen Unternehmen zu beteiligen, beseitigt die formell...

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