Rz. 1

Die §§ 5962 AO bilden innerhalb der Vorschriften über die steuerbegünstigten Zwecke einen eigenen Abschnitt. Sie normieren die formalen Voraussetzungen in der Satzung, die die Körperschaft erfüllen muss, wenn sie die Steuerbegünstigung erhalten will (formelle Gemeinnützigkeit). Es genügt nicht, dass die Körperschaft tatsächlich die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Steuerbegünstigung erfüllt; erforderlich ist auch, dass diese Voraussetzungen formal in der Satzung festgelegt sind.

Das Korrelat zu §§ 5962 AO bildet § 63 AO, wonach die tatsächliche Geschäftsführung den satzungsmäßigen Festlegungen entsprechen muss.

Die formellen Voraussetzungen der §§ 5962 AO haben eine doppelte Funktion. Sie sollen zum einen durch die konkrete Benennung des Satzungszwecks und der Art und Weise der Zweckverwirklichung die Organe der Körperschaft an die Erfüllung der Voraussetzungen der Steuerbegünstigung binden, sodass jedes Abweichen hiervon einen Verstoß gegen die Satzung bedeutet. Die formellen Voraussetzungen sollen weiterhin der Finanzverwaltung die Prüfung erleichtern, ob die Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Diese Prüfung kann infolge der formellen Voraussetzungen leicht und eindeutig anhand der Satzung erfolgen.

§ 59 AO bestimmt allgemein den notwendigen Inhalt der Satzung. § 60 AO regelt, wie dieser Inhalt in der Satzung enthalten sein muss. Die genannten Anforderungen müssen grundsätzlich durch die Satzung selbst erfüllt sein; die bloße Bezugnahme in der Satzung auf andere Regelungen oder Satzungen Dritter genügt nicht.[1]

 

Rz. 2

Aus der Satzung der Körperschaft muss sich der steuerbegünstigte Zweck i. S. d. §§ 5254 AO ergeben, den die Körperschaft verfolgt, ebenso die Art und Weise seiner Verwirklichung. Maßgebend sind insoweit die Inhalte der Mustersatzung[2], die – eingefügt durch das JStG 2009 – seit 1.1.2009 vom Gesetzgeber verbindlich vorgegeben sind.[3] Die Satzung muss deshalb festlegen, dass die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke selbstlos, ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden; sie muss darüber hinaus Regelungen zur Vermögensbindung enthalten.

Eine Ausnahme besteht insoweit, als die Körperschaft ausschließlich als Mittelbeschaffungskörperschaft[4] tätig wird; in diesem Fall muss das Gebot der Unmittelbarkeit nicht in der Satzung verankert werden.[5]

"Satzung" i. d. S. ist die bindende Festlegung der Grundordnung der Körperschaft. Bei einer Kapitalgesellschaft ist dies der gesetzlich vorgeschriebene Gesellschaftsvertrag, bei einem Verein die Vereinssatzung i. e. S., bei einer Stiftung das Stiftungsgeschäft und die Stiftungssatzung.[6] Soweit gesetzlich keine Satzung vorgeschrieben ist (z. B. bei einem Betrieb gewerblicher Art), ist sie zum Zweck der Erlangung der Steuerbegünstigung aufzustellen.[7]

Bei mehreren Betrieben gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist für jeden Betrieb eine solche Satzung erforderlich.

Eine Satzung entfaltet gemeinnützigkeitsrechtliche Wirkung erst mit zivilrechtlicher Wirksamkeit.[8] Eine Vorstiftung ist zivilrechtlich und steuerlich nicht anzuerkennen; selbst wenn ihre Satzung im Gründungsstadium bereits den steuerlichen Anforderungen genügt, wird die Stiftung erst mit staatlicher Anerkennung zum Steuerrechtssubjekt.[9]

 

Rz. 3

Die formelle Satzungsmäßigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Satzung einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausdrücklich zulässt.[10] Die Finanzverwaltung ist hier zurückhaltend und räumt ein, dass die satzungsmäßige Erlaubnis zur Unterhaltung eines Nichtzweckbetriebs und zur Vermögensverwaltung zulässig "sein können".[11] Da die tatsächliche Unterhaltung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sowie die Verwaltung von Vermögen gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig sind, solange sie nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 56 AO verstoßen, ist richtigerweise zu fragen, ob die konkrete in der Satzung aufgeführte wirtschaftliche Betätigung oder Vermögensverwaltung mit dem Ausschließlichkeitsgrundsatz vereinbar sind. Dies wird regelmäßig zu bejahen sein, es sei denn, die Satzung schreibt die Unterhaltung der betreffenden Tätigkeit zum Selbstzweck vor.[12]

Ob ein sonstiger in der Satzung benannter, nicht steuerbegünstigter Zweck gegen die formelle Satzungsmäßigkeit verstößt, ist im Einzelfall durch Auslegung aller Satzungsbestimmungen zu prüfen. Ergibt sich danach, dass die Förderung der für sich steuerschädlichen Betätigung lediglich Folge der gemeinnützigen Vereinstätigkeit im Übrigen ist, mithin nur mittelbares Ziel, so begründet dies keinen Verstoß gegen das Gebot der Verfolgung ausschließlich steuerbegünstigter Zwecke.[13]

Steuerlich unschädliche Betätigungen nach § 58 AO müssen nicht in der Satzung aufgeführt sein.

 

Rz. 4

Entspricht die Satzung diesen Anforderungen nicht, ergibt sie z. B., dass nicht ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke verfolgt werden, ist Folge, dass nicht nur der nicht begünstigte Bereich steuerpflichtig ist (wie beim Unterhalten e...

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