Rn. 1331

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Unter Realteilung wird die Verteilung des Vermögens einer Mitunternehmerschaft "in natura" verstanden, bei der dieses BV an einen oder mehrere Mitunternehmer anlässlich einer (Teil-)Auseinandersetzung ganz oder teilweise in der Weise verteilt wird, dass die WG in die BV der bisherigen Mitunternehmer überführt werden (vgl schon BT-Drucks 14/23, 178). Sie wird auch als "andere Art der Auseinandersetzung" der PersGes bezeichnet, die in der Regel in Form einer Naturalteilung und im Wege der Einzelrechtsnachfolge vollzogen wird, statt das Gesellschaftsvermögen zunächst in Geld umzusetzen (Levedag, GmbHR 2017, 113).

Während eine Naturalteilung jedoch auch dann vorliegt, wenn alle WG ins PV überführt werden, liegt eine Realteilung hingegen nur dann vor, wenn jedenfalls Teile des BV der Mitunternehmerschaft in andere BV der Mitunternehmer übertragen werden (BFH v 16.03.2017, IV R 31/14, BStBl II 2019, 24; Gossert/Liepert/Sahm, DStZ 2019, 201). Die Realteilung ist jedenfalls keine Veräußerung des Mitunternehmeranteils (Schacht, DB 2016, 794).

Zu Besonderheiten der Gewinnermittlung in Fällen des Spitzenausgleichs und anderer Konstellationen s Rn 1701f.

Die in § 16 EStG geregelten Sachverhalte der Betriebsveräußerung, Betriebsaufgabe und Realteilung und ihre Rechtsfolgen lassen wie folgt systematisieren:

 
Vorgang Steuerpflicht Besonderheiten
Betriebsveräußerung
§ 16 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG
Veräußerungsgewinn:
Veräußerungspreis ./. Buchwert ./. Veräußerungskosten
Begünstigung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns möglich nach §§ 16, 34 EStG
Betriebsaufgabe
§ 16 Abs 3 S 1 EStG
Aufgabegewinn:
Gemeiner Wert ./. Buchwert ./. Aufgabekosten
 
Realteilung
§ 16 Abs 3 S 2–4 EStG
keine StPfl aufgrund Buchwertfortführung Keine Begünstigung nach §§ 16, 34 EStG, da keine Aufdeckung aller stillen Reserven
 

Rn. 1332

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die Realteilung wird als Sonderfall der Betriebsaufgabe bzw der Aufgabe eines Mitunternehmeranteils begriffen, mit der speziellen Rechtsfolge, dass – anders als bei der Betriebsaufgabe iSd § 16 Abs 3 S 1 EStG – die stillen Reserven nicht zu realisieren sind, sondern die Mitunternehmer die Buchwerte fortführen können, soweit sie die mitgenommenen WG in ihre jeweiligen BV übertragen, in denen das unternehmerische Engagement grundsätzlich fortgeführt wird (BFH v 16.03.2017, IV R 31/14, BStBl II 2019, 24; BFH v 29.03.2011, VIII R 28/08, BStBl II 2014, 299).

Bei einer Realteilung entsteht ein Veräußerungs- bzw Aufgabeergebnis nur dann, sobald

  • entweder trotz des Übergangs von WG in ein BV die Voraussetzungen für den Buchwertansatz ausnahmsweise nicht bestehen
  • oder diese rückwirkend entfallen
  • oder soweit eine Übernahme zum Teilwert in das PV erfolgt
  • oder wenn nicht nur die vorhandenen Vermögensgegenstände aufgeteilt werden, sondern zwischen den Gesellschaftern aus eigenen Mitteln Geld oder geldwerte Vorteile ausgetauscht werden, dh ein sog (stpfl) Ausgleich bezahlt wird (FG He v 18.04.2013, 4 K 2317/09, EFG 2013, 339).

Zum Spitzenausgleich s Rn 1701 f, zur Entnahme ins PV s Rn 1751.

 

Rn. 1333

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Eine gesetzliche Definition der Realteilung existiert bis heute nicht. Nach dem Entwurf zum StEntlG 1999/2000/2002 werden unter Realteilung Sachverhalte verstanden, in denen die Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft ihr gemeinschaftliches Engagement beenden und dabei die Mitunternehmerschaft entweder gänzlich auflösen und alle WG in ihre anderen BV oder ggf in ihr PV übertragen oder die Mitunternehmerschaft zwar bestehen bleibt, jedoch Teile des BV dem ausscheidenden Gesellschafter als Abfindung überlassen werden (BT-Drucks 14/23, 178; BFH v 16.03.2017, IV R 31/14, BStBl II 2019, 24; s auch Gossert/Liepert/Sahm, DStZ 2019, 201). Schon hier wird deutlich, dass es zur Annahme einer Realteilung nicht zwingend der Auflösung der Mitunternehmerschaft bedarf.

 

Rn. 1334

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Es dauerte allerdings bis zur Entscheidung des BFH v 17.09.2015, III R 49/13, BStBl II 2017, 37, bis sich dies auch in der höchstrichterlichen Praxis durchsetzen konnte (vorgehend bereits FG Ha v 18.04.2012, 3 K 89/11, EFG 2012, 1744; FG Münster v 29.01.2015, 12 K 3033/14 F, EFG 2015, 915).

Nachfolgend hat der BFH und mit ihm die FG weitere, sich aus der Entscheidung von 2015 ergebene Fragen geklärt (dazu im Einzelnen s Rn 1306). Mittlerweile ist auch der BMF durch einen zwischenzeitlich erneut geänderten Erlass auf die Linie der Rspr eingeschwenkt (zunächst BMF v 20.12.2016, BStBl I 2017, 36; jetzt aktuell BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6). Rspr und Praxis sind weiterhin bemüht, diese Erkenntnisse zu systematisieren.

 

Rn. 1335

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Mittlerweile als gefestigte Rspr kann die Unterscheidung zwischen "echter" und "unechter" Realteilung gelten (dazu s Rn 1401f), die in der Literatur noch gebräuchliche Verwendung von Anführungszeichen sollte nicht als Unbehagen mit dieser Rspr verstanden werden, denn die Rechtsentwicklung ist fast durchgängig sehr positiv aufgenommen ...

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