Rn. 55b

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

So wie die Be- oder Verarbeitung eigener Erzeugnisse in der zweiten Bearbeitungsstufe ist auch die Be- und Verarbeitung fremder Erzeugnisse (und hier ohne Unterscheidung nach dem Be- oder Verarbeitungsgrad) grundsätzlich eine gewerbliche Betätigung (R 15.5 Abs 3 S 6 EStR 2012, für weitere Details s Rn 56 u 144144e). Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn die be- oder verarbeiteten Produkte (fremde Produkte bzw Produkte der zweiten Bearbeitungsstufe) im Rahmen einer Direktvermarktung abgesetzt werden und die Umsätze daraus nicht mehr als 1/3 des Gesamtumsatzes und (kumulativ) nicht mehr als 51 500 EUR betragen (R 15.5 Abs 3 S 7 EStR 2012). Der Absatz von eigenen Erzeugnissen (bis zur ersten Bearbeitungsstufe) kann hingegen an Endverbraucher oder Wiederverkäufer erfolgen (R 15.5 Abs 6 S 1 EStR 2012).

Endverbraucher idS ist jeder, der das erworbene Produkt unmittelbar verwertet, dieses also nicht – be- oder verarbeitet bzw weiterveräußert. Dadurch, dass eine Vermarktung eigener Erzeugnisse im Rahmen einer zweiten Be- und Verarbeitungsstufe nur dann in die Unschädlichkeitsgrenzen des Abs 11 einbezogen werden kann, wenn sie im Wege der Direktvermarktung erfolgt, ist es ausgeschlossen, dass zB Strom aus Biogas, welches überwiegend aus eigenen luf Eigenerzeugnissen hergestellt wird, in die LuF einbezogen werden könnte.

 

Beispiel 1:

Landwirt Huber erzeugt ua auf ausreichenden Flächen Enten, die er schlachtet und im Ganzen über den Großhandel sowie den Hofladen vermarktet; seine BE betragen insgesamt (netto) 300 000 EUR.

Die Vermarktung der geschlachteten Enten (= 1. Be- oder Verarbeitungsstufe) erfolgt im Rahmen eines luf Nebenbetriebs; die Einkünfte daraus gehören originär zur LuF.

 

Beispiel 2:

Sachverhalt wie Beispiel 1. Huber zerlegt die Enten aber auch teilweise in bratfertige Stücke, die er in seinem Hofladen veräußert. Der Umsatz daraus beträgt rd. 30 000–40 000 EUR je Wj.

Die Zerlegung der Enten in bratfertige Stücke erfolgt im Rahmen einer 2. Be- und Verarbeitungsstufe, die grundsätzlich gewerblich ist. Da aber der Umsatz daraus aber weniger als 1/3 des Gesamtumsatzes und weniger als 51 500 EUR beträgt und der Absatz zudem im Wege einer Direktvermarktung erfolgt, können die Einnahmen aus der Vermarktung der bratfertigen Stücke aus Vereinfachungsgründen noch der LuF zugeordnet werden.

 

Beispiel 3:

Sachverhalt wie Beispiel 2; allerdings veräußert Huber sämtliche Erzeugnisse der ersten und zweiten Bearbeitungsstufe über den Großhandel.

Der aus dem Absatz der bratfertigen Stücke erzielte Umsatz führt (obwohl er sich innerhalb der relativen wie betragsmäßigen Grenzen des R 15.5 Abs 11 EStR 2012 hält) zu gewerblichen Einkünften, weil er nicht im Wege einer Direktvermarktung an Endverbraucher erfolgt (vgl R 15.5 Abs 3 S 7 EStR 2012).

Dagegen können die aus dem Verkauf der geschlachteten Enten erzielten BE der LuF zugeordnet werden, solange sie sich innerhalb der Grenzen des R 15.5 Abs 11 S 1 u 2 EStR 2012 halten, und das unabhängig davon, ob der Absatz an einen Endverbraucher oder Wiederverkäufer erfolgt (vgl R 15.5 Abs 6 S 1 EStR 2012).

 

Beispiel 4:

Der Geflügelmäster Meier erzeugt auf ausreichend großen Flächen Enten, die er schlachtet und im Ganzen über seinen Hofladen verkauft. Weil der Absatz der Enten enorm zunimmt und somit die Eigenproduktion nicht mehr ausreicht, kauft er ab dem Wj 2021/2022 von anderen LuF Enten zu, die er ebenfalls schlachtet und zusammen mit den eigenen geschlachteten Enten in seinem Hofladen verkauft. Der Umsatz aus den zugekauften und geschlachteten Enten beträgt im Wj 2021/2022bereits 100 000 EUR.

Der Absatz der eigenen geschlachteten Enten (1. Be- und Verarbeitungsstufe) führt zu Einkünften aus LuF. Dagegen stellt der Verkauf der zugekauften und geschlachteten Enten auch im Rahmen einer Direktvermarktung eine gewerbliche Betätigung dar, weil der Umsatz daraus mehr als 51 500 EUR beträgt. Da der "schädliche" Umsatz bereits im Erstjahr 2021/2022deutlich die Grenze von 51 500 EUR übersteigt, ist ein sofortiger Strukturwandel gegeben, mit der Folge, dass eine Beobachtungszeit von drei Jahren ausscheidet und der Absatz der fremden Enten bereits im Wj 2021/2022zu gewerblichen Einkünften führt (zum Begriff des Strukturwandels s Rn 141).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge