Leitsatz (amtlich)

1. Der vom Betriebsrat beauftragte Rechtsanwalt wird nur dann selbst Gläubiger eines Zahlungsanspruchs, wenn ihm der Betriebsrat seinen Anspruch nach § 40 BetrVG abtritt. Dazu bedarf es eines Beschlusses des Betriebsrats, den die ehemaligen Mitglieder in Wahrnehmung eines Restmandats ausnahmsweise noch nach dessen Auflösung fassen können.

2. Die Mitglieder des Betriebsrats können auf den Freistellungsanspruch nach § 40 BetrVG nicht durch eine umfassende Erledigungsklausel im Aufhebungsvertrag wirksam verzichten.

 

Normenkette

BetrVG §§ 40, 24

 

Verfahrensgang

ArbG Stade (Urteil vom 31.03.1999; Aktenzeichen 2 BV 17/98)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 24.10.2001; Aktenzeichen 7 ABR 20/00)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stade vom 31.03.1999 – 2 BV 17/98 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1) bilden eine Rechtsanwaltssozietät. Sie waren in den Jahren 1997 und 1998 als Verfahrensbevollmächtigte in acht Beschlussverfahren für den bei der Beteiligten zu 2) gebildeten dreiköpfigen Betriebsrat tätig und begehren nunmehr den Ersatz von Rechtsanwaltskosten aus abgetretenem Recht.

Am 30.04.1998 schieden die drei Mitglieder des Betriebsrats nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung von Abfindungen aus dem Arbeitsverhältnis aus. Die Aufhebungsverträge enden jeweils mit der Klausel:

„Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis mit Erfüllung dieses Vertrages ordnungsgemäß zum 30. April 1998 aufgelöst und abgerechnet ist und darüber hinaus keine wechselseitigen Ansprüche der Vertragsparteien – gleich aus welchem Rechtsgrund – bestehen und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis sowie auf seine Beendigung Ansprüche irgendwelcher Art herleiten lassen.”

Etwa vier Monate zuvor war die Beteiligte zu 2) an die drei Betriebsratsmitglieder mit der Frage herangetreten, ob sie ihr Amt nicht aufgeben wollten. Im Gegenzug sollten sie entweder im Unternehmen entsprechend gefördert werden oder im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten.

Bei Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder standen beim Arbeitsgericht Stade vier Anhörungstermine am 17.06.1998 (2 BV 6/98, 2 BV 8/98, 2 BV 10/98 und 2 BV 11/98) sowie ein weiterer Anhörungstermin am 11.05.1998 an (1 BV 19/97). Beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen war ein weiterer Anhörungstermin auf den 04.05.1998 (5 TABV 1/98) terminiert. Nach Abgabe der Prozesserklärungen und Festsetzung der Gegenstandswerte übermittelten die Beteiligten zu 1) die Kostennoten an die Beteiligte zu 2). Insgesamt lagen damit der Beteiligten zu 2) folgende Kostennoten für Beraten bzw. Vertretung des Betriebsrats vor:

1 BV

18/97,

Kostennote vom 12.09.1997 in Höhe von

1.356,70 DM,

1 BV

20/97,

Kostennote vom 10.12.1997 in Höhe von

1.288,00 DM,

1 BV

19/97,

Kostennote vom 15.12.1997 in Höhe von

198,38 DM,

5 TABV

3/98,

Kostennote vom 29.05.1998 in Höhe von

771,08 DM,

5 TaBV

1/98,

Kostennote vom 29.05.1998 in Höhe von

771,08 DM,

2 BV

6/98,

Kostennote vom 16.06.1998 in Höhe von

971,75 DM,

2 BV

8/98,

Kostennote vom 16.06.1998 in Höhe von

603,75 DM,

2 BV

10/98,

Kostennote vom 16.06.1998 in Höhe von

603,75 DM,

2 BV

11/98,

Kostennote vom 16.06.1998 in Höhe von

603,75 DM,

2 BV

12/98,

Kostennote vom 16.06.1998 in Höhe von

810,75 DM.

Die Beteiligten zu 1) vertraten den Betriebsrat zudem in einem Urteilsverfahren, in dem eine Mitarbeiterin der Beteiligten zu 2) den Widerruf einer Aussage in einem Betriebsratsinfo begehrte. Für dieses Verfahren erstellten die Beteiligten zu 1) eine Kostennote in Höhe von 481,40 DM.

Die Beteiligte zu 2) verweigerte den Ausgleich der anwaltlichen Honorarforderungen der Beteiligten zu 1) zunächst mit der Begründung, es lägen keine Beschlüsse des Betriebsrats hinsichtlich der Einleitung der o.a. BV-Verfahren vor. Die Beteiligten zu 1) übersandten daraufhin zu Händen der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) die entsprechenden Beschlüsse, von denen sich eine Ablichtung in den Gerichtsakten befindet. Nachdem auch daraufhin die Honorarforderungen der Beteiligten zu 1) nicht beglichen wurden, fassten die ausgeschiedenen Betriebsratsmitglieder am 13.07.1998 folgenden Beschluss:

„Beschluss

In Wahrnehmung des dem Betriebsrat der … GmbH zustehenden Restmandats beschließt der Betriebsrat wie folgt:

Seine Freistellungsansprüche hinsichtlich der nachfolgenden Verfahren werden an das Rechtsanwaltsbüro …, zur gerichtlichen Geltendmachung abgetreten.

Dies betrifft die Freistellungsansprüche bezogen auf nachfolgende Verfahren: …”

Die Beteiligten zu 1) haben die Auffassung vertreten, die drei ausgeschiedenen Betriebsratsmitglieder hätten im Rahmen eines dem Betriebsrat zustehenden Restmandats die Ansprüche auf Freistellung von den Kosten der erforderlichen Rechtsvertretung abtreten können, und zwar sowohl hinsichtlich der Kosten der Beschlussverfahren als auch hinsichtlich der Ko...

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