Kürzung überhöhter Betriebsratsgehälter ist mitbestimmungsfrei

Die Vergütung der freigestellten Betriebsräte steht seit dem BGH-Urteil zu den bei Volkswagen gezahlten (überhöhten) Betriebsratsgehältern vielerorts auf dem Prüfstand. In einem baden-württembergischen Unternehmen hatte der Arbeitgeber die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden nach unten angepasst, ohne das Betriebsratsgremium mitbestimmen zu lassen. Das Landesarbeitsgericht hatte daran nichts auszusetzen.

Laut Gesetz ist das Betriebsratsamt ein unbezahltes Ehrenamt. Nach der Rechtsprechung darf ein Betriebsrat nur so viel verdienen, wie er es ohne die Freistellung für sein Amt getan hätte. Wird ein Betriebsratsmitglied also erstmals freigestellt, verdient er zunächst das Gehalt weiter, das ihm zuvor ohne Freistellung gezahlt wurde. Dauert die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds über Jahre hinweg an, muss der Arbeitgeber das Gehalt des freigestellten Betriebsrats an der Entwicklung vergleichbarer Beschäftigter orientieren. Eine Gehaltsentwicklung findet dann also nur noch im Rahmen einer hypothetischen Karriereentwicklung statt.

Gehälter freigestellter Betriebsräte widersprechen oft der gesetzlichen Regelung

Das wurde und wird in vielen Unternehmen anders gehandhabt. Gerade in großen Unternehmen, in denen die Betriebsräte oft auch als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten sitzen, ist man vielfach bereit, das Maß der Verantwortung und den Arbeitsaufwand auch im Gehalt der Betriebsräte abzubilden. Das widerspricht jedoch der Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes. Zwischenzeitlich hat das Bundesarbeitsministerium zur Lösung des Problems eine Expertenkommission eingesetzt, die noch vor der parlamentarischen Sommerpause Vorschläge für eine Gesetzesänderung unterbreiten soll. Ziel ist es, die Bezahlung von Betriebsräten "fair, nachvollziehbar und rechtssicher" zu gestalten. Die dreiköpfige Kommission besteht aus dem Präsidenten des Bundessozialgerichts, Prof. Dr. Rainer Schlegel, der ehemaligen Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, sowie aus Prof. Dr. Gregor Thüsing von der Universität Bonn.

Bis eine neue gesetzliche Regelung in Kraft tritt bleibt es jedoch dabei, dass eine Bezahlung weit über dem Gehalt, das ein freigestellter Betriebsrat verdienen würde, wenn er nicht freigestellt worden wäre, rechtswidrig ist. Für die Verantwortlichen aufseiten des Arbeitgebers bedeutet das, dass sie sich durch Gewährung zu hoher Gehaltszahlungen strafbar machen können. Kein Wunder also, dass viele Unternehmen derzeit die Gehälter der freigestellten Betriebsräte nach unten anpassen.

Gehaltskürzung als Umgruppierung betrachten?

So auch im Fall eines Mannheimer Unternehmens aus der Energiebranche. Hier war der Vorsitzende des Betriebsrats bereits seit vielen Jahren beschäftigt und seit dem Jahr 1994 Mitglied des Betriebsrats. Seit 1998 war er aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Bis dahin war er als Schlosser tätig gewesen und nach dem geltenden Haustarifvertrag gemäß seiner Tätigkeit eingruppiert und vergütet worden. 2002 wurde er zum Vorsitzenden des Betriebsrats gewählt. Sein damaliges Gehalt lag bei 4.207,35 Euro brutto. Seit 2006 wurde er als außertariflicher Angestellter geführt und auch als solcher vergütet. 2011 wurde ihm darüber hinaus noch ein Dienstwagen mit privater Nutzungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2021 belief sich sein Verdienst auf 13.576,63 Euro brutto pro Monat.

Im Juni 2022 kürzte das Unternehmen die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden auf 6.338,56 Euro brutto monatlich und stellte ihm ab sofort auch keinen Dienstwagen mit privater Nutzungsmöglichkeit mehr zur Verfügung. Die Vergütung wurde vom Unternehmen - wie gesetzlich vorgesehen - auf Grundlage der Vergütungsentwicklung derjenigen Arbeitnehmenden ermittelt, die mit dem Betriebsratsvorsitzenden vor dessen Amtsantritt als Betriebsrat vergleichbar gewesen waren.

Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Kürzung des Gehalts um eine Umgruppierung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes handle. Er leitete ein Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht ein mit dem Ziel, das Unternehmen zu verpflichten, die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Betriebsratsvorsitzenden einzuholen und im Falle der Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten.

Gehaltskürzung per betriebsverfassungsrechtlicher Rechtsanwendung

Das LAG Baden-Württemberg hatte sich im Rahmen des Beschlussverfahrens nicht mit der Frage zu befassen, ob die Vergütungskürzung des Betriebsratsvorsitzenden korrekt war und ob das in Ansatz gebrachte Vergleichsentgelt vom Unternehmen zutreffend ermittelt worden ist. Es hatte nur darüber zu entscheiden, ob dem Betriebsrat bei dieser Kürzung ein Mitbestimmungsrecht zusteht.

Ein solches Mitbestimmungsrecht sah das LAG Baden-Württemberg nicht als gegeben an. Das Unternehmen habe den Betriebsrat zu Recht nicht beteiligt. Es liege "nur" eine Rechtsanwendung gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG vor. Dies stelle keine Eingruppierung bzw. Umgruppierung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Betriebsratsvorsitzende freigestellt sei und daher keine Tätigkeiten ausübe, nach denen man ihn tarifvertraglich eingruppieren könne. Die Ermittlung des Vergleichsentgelts und die hierauf erfolgte Vergütungskürzung sei daher keine Ein- oder Umgruppierung, sondern beruhe vielmehr auf einer bloßen Durchschnittsberechnung passender Vergleichsarbeitnehmender. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage nach einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hat das LAG Baden-Württemberg die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen.

Hinweis: LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 2023, Az. 12 TaBV 1/23


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Schlagworte zum Thema:  Gehalt, Betriebsrat, Mitbestimmung, Urteil