Vergütung von Betriebsräten: Was das Gesetz vorgibt

Wie schwierig die Vergütung von Betriebsräten zu bestimmen ist, zeigt die Auseinandersetzung um die Vergütung und Boni für VW-Betriebsräte. Der BGH hat gerade die Freisprüche von vier VW-Personalmanagern aufgehoben, weil die im Urteil getroffenen Feststellungen zum Maßstab der Betriebsratsvergütung zu dürftig waren. Anlass, die Rechtsgrundlagen zur Vergütung der Betriebsräte genauer zu betrachten.

Die Höhe der Vergütung und Boni für führende VW- Betriebsräte beschäftigt die Rechtsprechung seit Jahren. Wenn Vorstände Betriebsräten überhöhte Bezüge gewähren, könne grundsätzlich der Untreue-Tatbestand erfüllt sein, betonte der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 10. Januar 2023, Az: 6 StR 133/22. Das Betriebsverfassungsgesetz schreibe ein Begünstigungsverbot für Betriebsräte vor. Das Landgericht Braunschweig hatte die Manager im Jahr 2021 vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Die Freisprüche für vier VW-Personalmanager hat der BGH mit seiner Entscheidung dennoch aufgehoben und die Sache an das Landgericht Braunschweig zurückverwiesen

Grundsätze für Vergütung von Betriebsräten einhalten

Es sei nicht möglich gewesen, zu beurteilen, ob die Bewilligung der monatlichen Entgelte und Bonuszahlungen den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht. Im LAG-Urteil habe die Antwort auf die Frage gefehlt, an welchen Maßstäben sich die Bewilligungsentscheidungen ausgerichtet haben. VW kündigte an, das Urteil prüfen zu wollen. Der Konzernbetriebsrat erklärte, die 50 Jahre alten rechtlichen Grundlagen für die Betriebsratsvergütung müssten überarbeitet werden.

Hinweis: Wegen dieser Unsicherheiten hat das Kabinett  Anfang November 2023 das "Zweite Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes" (BetrVG) auf den Weg gebracht. Es enthält eine gesetzliche Klarstellung zur Vergütung von Betriebsräten. Mehr zum aktuellen Stand lesen Sie hier.

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Betriebsratstätigkeit ist prinzipiell unentgeltliches Ehrenamt

Mit der Vergütung von Betriebsräten sind einige Fragen verknüpft. Ganz grundlegend zum Beispiel: Nach welchen rechtlichen Grundlagen wird eigentlich der Arbeitslohn für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen berechnet, wenn diese ihre Arbeit unterbrechen und sich ihren Aufgaben als Betriebsräte widmen? Und wie sieht es mit der Bestimmung des Lohns aus, wenn sich diese Mitarbeitenden ganz aus ihrem Job gelöst haben, weil sie auf Dauer für ihre Tätigkeit als Betriebsrat freigestellt worden sind?

Wer dieser Frage in Nachschlagewerken oder Kommentaren zum Betriebsverfassungsrecht nachgeht, wird erfahren, dass die Betriebsratstätigkeit gar nicht entlohnt wird. Das Gesetz bestimmt in § 37 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) lapidar: "Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt."

Dabei ist unter Unentgeltlichkeit im Sinne des BetrVG zu verstehen, dass für die Betriebsratstätigkeit selbst kein Entgelt gezahlt werden darf. Dass ein Betriebsrat gleichwohl die Zeiten seiner Betriebsratstätigkeit vergütet bekommt, wird durch die Freistellungsregelung in § 37 Abs. 2 BetrVG erreicht. Darin heißt es, dass "Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien sind".

Schwierige Sonderfälle bei der Betriebsratsvergütung

Probleme können damit bei der Entgeltabrechnung gar nicht auftreten - oder doch? Die Theorie der Unentgeltlichkeit könnte durchaus zur Vermutung führen: "Man muss doch einfach das Gehalt weiterzahlen." Wie immer besteht die Welt in der betrieblichen Praxis aber nicht nur aus Normalfällen, sondern ist gespickt mit Sonderfällen, zum Beispiel bei der Betriebsratstätigkeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit, während einer Eltern-, Krankheits- oder Urlaubszeit oder bei Schulungsmaßnahmen.

Streitfragen sind bei all diesen Sonderfällen mit dem scheinbaren Grundsatz der "bezahlten Freistellung von der Arbeitspflicht" nicht zu lösen.

Benachteiligungsverbot: Auch der Normalfall hat Tücken

Zumal auch bei den scheinbar klaren Fällen, in denen Betriebsratsmitglieder ausschließlich innerhalb ihrer vereinbarten Arbeitszeit tätig werden, Vorsicht angebracht ist. Der Grund liegt im strikt zu beachtenden Benachteiligungsverbot des § 78 BetrVG, der zu einer konsequenten Anwendung des Lohnausfallprinzips zwingt. Es ist also der Lohn zu ermitteln, der gezahlt worden wäre, wenn keine Unterbrechung wegen der Tätigkeit als Betriebsrat angefallen wäre.

So ist zum Beispiel bei Überstunden, die an einem konkreten Freistellungstag ohne die Freistellung angefallen wären oder bei "entgangenen" Zulagen stets der Grundsatz zu beachten: Im Freistellungslohn ist exakt das zu gewähren, was entstanden wäre, wenn die Tätigkeit nicht betriebsratsbedingt unterbrochen worden wäre. Bildlich gesprochen muss der Arbeitgeber beim Lohn für Betriebsräte stets als fiktive Berechnungsgrundlage den entsprechenden Mitarbeitenden als "Schattenabrechnung" führen.

Auch Betriebsrat profitiert von Entgelterhöhung

Kompliziert kann die rechtssichere Berechnung des Freistellungslohns dadurch werden, dass sich das Entgelt an einer weiteren Fiktion ausrichten muss. Es ist nämlich zu überlegen, ob der zu Beginn bestehende Verdienst im Verlauf der Betriebsratstätigkeit zu erhöhen ist. Dieser Gedanke ist wiederum auf das Benachteiligungsverbot zurückzuführen. Nach diesem Prinzip ist die oben erwähnte "Schattenabrechnung" immer dann mit einer Entgelterhöhung zu versehen, wenn die (fiktive) Beobachtung des "Schattens" zu einem Aufstieg führen würde. Die zu hohe Vergütung eines Betriebsrats kann wiederum eine unzulässige Begünstigung darstellen, entschied unter anderem das LAG Düsseldorf. 

Benachteiligungsverbot: betriebsübliche Beförderung berücksichtigen

Dabei geht das Prinzip des Benachteiligungsverbots so weit, dass auch Beförderungen im Sinne von Karrieren, die weit über die Zugehörigkeit der Vergleichsgruppe hinausgehen können, einzubeziehen sind – wenn sie als betriebsüblich bezeichnet werden können. Betriebsüblich ist die Entwicklung, die Arbeitnehmende mit vergleichbarer fachlicher und persönlicher Qualifikation bei einer objektiv vergleichbaren Tätigkeit und unter Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG-Urteil vom 17.8.2005, Az. 7 AZR 528/04).


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