Rz. 47

Das Bescheinigungsverfahren ist bürokratisch wie diverse Urteile und Verwaltungsanweisungen zeigen.[1] Nach § 7h Abs. 2 S. 1 EStG muss der Stpfl. durch eine nicht offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung[2] der zuständigen Gemeindebehörde diejenigen Voraussetzungen der Begünstigung nachweisen, die sich auf das Gebäude und auf die durchgeführten Maßnahmen beziehen.[3] Die Vorlage der Bescheinigung ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen; die Bescheinigung kann daher – auch im finanzgerichtlichen Prozess – nicht durch andere Beweismittel ersetzt werden. Die Gemeinde darf Bescheinigungen nach § 7h Abs. 2 EStG nur erteilen, wenn eine Maßnahme auf der Grundlage

  • eines städtebaulichen Gebots nach § 177 Abs. 1 BauGB oder
  • einer konkreten vertraglichen Verpflichtung der Gemeinde durchgeführt wird.
 

Rz. 48

Die Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG ist Grundlage für eine bezifferbare Steuervergünstigung und daher Voraussetzung für Geldleistungen gem. § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG (nach der jeweiligen Landesverwaltungsverfahrensvorschrift). Sie muss für nach dem 31.12.2018 erteilte Bescheinigungen auch die Höhe der Aufwendungen für die Maßnahmen nach § 7h Abs. 1 S. 1 und 2 EStG enthalten (§ 7h Abs. 2 S. 1 2. Halbs. EStG).[4]

 

Rz. 49

Die Finanzverwaltung hat eine Übersicht über länderspezifische Bescheinigungsrichtlinien für die Steuerbegünstigung zur Erhaltung von Baudenkmalen und Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen veröffentlicht.[5]

 

Rz. 50

Aus der für die Finanzbehörde verbindlichen (Rz. 52) Bescheinigung muss hervorgehen,

  • dass das Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet bzw. städtebaulichen Entwicklungsbereich belegen ist;
  • dass Modernisierungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen i. S. d. § 7h EStG durchgeführt worden sind; ob allerdings Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorliegen, ist damit noch nicht gesagt (Rz. 59f.);
  • in welcher Höhe Zuschüsse zu diesen Maßnahmen bewilligt wurden.[6] Bei nachträglichen Zuschüssen ist die Bescheinigung fortzuschreiben (Rz. 61).
  • Die Bescheinigung ist objekt- und maßnahmenbezogen, muss daher z. B. bei Eigentumswohnungen für diese vorliegen und nicht für das Gebäude insgesamt und beschränkt sich auf die konkrete Baumaßnahme.[7] Allerdings muss die Bescheinigung nicht zwingend die Maßnahme im Einzelnen darstellen[8]; es muss lediglich eindeutig sein, dass die Aufwendungen nach § 7h Abs. 1 S. 1, S. 2 oder Abs. 2 EStG begünstigt sind.[9]
 

Rz. 51

Soweit eine Bescheinigung keine Aussage zu einem der genannten Punkte trifft, entfaltet sie auch keine Bindungswirkung.[10] Inhalt und Umfang der Bescheinigung sind jeweils auszulegen[11], z. B. muss die Höhe der begünstigten Aufwendungen nicht bescheinigt werden.[12] Erfüllt die Bescheinigung nicht die formalen Mindestanforderungen für einen Verwaltungsakt, ist sie z. B. unbestimmt, entfaltet sie keine Bindungswirkung.[13] Die Bindungswirkung einer Bescheinigung der Gemeinde entfällt nicht etwa deshalb, weil sie keine Angaben über die Höhe der Herstellungskosten des Gebäudes enthält.[14] Angaben über die Höhe der Aufwendungen sind zwingend; s. Rz. 48.

 

Rz. 52

Die Bescheinigung ist – wie eine Bescheinigung nach § 7i EStG – Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO, entfaltet also Bindungswirkung.[15] Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich auf die in § 7h Abs. 1 EStG genannten Tatbestandsmerkmale. Der Regelungsinhalt der Bescheinigung ist im Wege der Auslegung unter ergänzender Heranziehung der Auslegungsregeln des BGB zu ermitteln.[16] Für Streitigkeiten über die Erteilung oder den Inhalt der Bescheinigung ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (§ 40 Abs. 1 VwGO). Erteilung und Inhalt der Bescheinigung sind damit der Nachprüfung durch die Finanzbehörden und -gerichte entzogen.[17] Hat die zuständige Gemeindebehörde eine bindende Entscheidung über die von ihr nach § 7h Abs. 1 EStG zu prüfenden Voraussetzungen getroffen, hat das FA diese im Besteuerungsverfahren ohne weitere Rechtmäßigkeitsprüfung zugrunde zu legen, es sei denn, die Bescheinigung wird förmlich zurückgenommen, widerrufen oder ist nach § § 44 VwVfG nichtig und deshalb unwirksam.[18] Hält das FA eine Bescheinigung für unrichtig, so kann es – nur – bei der ausstellenden Behörde die Änderung oder den Widerruf anregen. Für eine Änderung sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts zu beachten (§§ 48, 49 VwVfG). Die Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG ist Voraussetzung für Geldleistungen gem. § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG beginnt, wenn die zuständige Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Ein Rechtsirrtum, der sich nicht auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts bezieht, hindert den Fristbeginn nicht. Die Rücknahmefrist beginnt bereits dann zu laufen, wenn die zuständige Behörde zu erkennen gegeben hat, dass nach ihrer Re...

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