Rz. 132

Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Bezüge, die aufgrund einer Kapitalherabsetzung oder nach der Auflösung[1] einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG anfallen und die als Gewinnausschüttungen i. S. d. § 28 Abs. 2 S. 2 und 4 KStG gelten. Nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG unterliegen die Kapitalherabsetzung und die Auflösung einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG. In diesen Fällen kommt allenfalls eine Besteuerung nach § 17 Abs. 4 S. 1 EStG oder § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2 EStG in Betracht.

 

Rz. 133

Unter einer Kapitalherabsetzung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG sind die Verringerung des Nennkapitals einer Körperschaft und die Zurückzahlung der freigewordenen Kapitalbeträge an die Gesellschafter zu verstehen.[2] Keine Kapitalherabsetzung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG liegt vor bei einer bloß buchmäßigen Verringerung des Nennkapitals einer Körperschaft zur Beseitigung eines bestehenden Bilanzverlusts.[3] Voraussetzung für die Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG ist zudem, dass die Kapitalherabsetzung handelsrechtlich ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Sofern die Vorgaben des Handelsrechts nicht eingehalten wurden, ist der Vorgang als verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG zu beurteilen.[4]

 

Rz. 134

Zu den Bezügen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG gehören alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, also auch Sachbezüge, die ein Gesellschafter von einer Körperschaft i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG erhält und deren Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis zu erblicken ist. Der Begriff der Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG ist identisch mit demjenigen der Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG.[5] Erforderlich ist ferner, dass die Bezüge aufgrund einer handelsrechtlich wirksamen Kapitalherabsetzung geleistet werden. Leistungen, die vor Eintragung der Kapitalherabsetzung ins Handelsregister erzielt werden, werden daher nur dann von § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG erfasst, wenn die Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt alles getan haben, was notwendig ist, um die Eintragung herbeizuführen.[6] Ist dies nicht der Fall, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG vor.[7]

 

Rz. 135

Die Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG müssen zu den Gewinnausschüttungen i. S. d. § 28 Abs. 2 S. 2 und 4 KStG gehören. Bei diesen Gewinnausschüttungen handelt es sich um an die Gesellschafter zurückgezahltes Nennkapital, das aus Gewinnrücklagen der Körperschaft gebildet wurde. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG erfasst folglich nicht die Rückzahlung von Einlagen, die lediglich im Rahmen des § 17 Abs. 4 S. 1 oder § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2 EStG der Besteuerung unterliegen können. Vielmehr soll § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG gewährleisten, dass Gewinnrücklagen einer Körperschaft, die in Nennkapital umgewandelt wurden und im Rahmen einer Kapitalherabsetzung oder anlässlich der Auflösung einer Körperschaft ausgeschüttet werden, von den Gesellschaftern versteuert werden.[8]

 

Rz. 136

§ 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG tritt gegenüber § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG zurück, falls die Kapitalerträge bereits nach dieser Vorschrift steuerbar sind.[9] Dagegen kommt § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG gegenüber § 17 Abs. 4 S. 1 EStG der Vorrang zu, sofern die erzielten Erträge auch von der zuletzt genannten Regelung erfasst werden.[10]

[1] Zum Begriff Rz. 127.
[2] §§ 222ff. AktG; § 58 GmbHG – ordentliche Kapitalherabsetzung.
[3] §§ 229ff. AktG; § 58a GmbHG – vereinfachte Kapitalherabsetzung; Geurts, in Bordewin/Brandt, EStG, § 20 EStG Rz. 235f.; Intemann, in H/H/R, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 126; Stuhrmann, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 EStG Rz. 189.
[4] Geurts, in Bordewin/Brandt, EStG, § 20 EStG Rz. 235; Intemann, in H/H/R, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 126; von Beckerath, in Kirchhof, EStG, 9. Aufl. 2010, § 20 EStG Rz. 59.
[5] Intemann, in H/H/R, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 127.
[6] Zum Begriff der Bezüge nach der Auflösung Rz. 128.
[8] von Beckerath, in Kirchhof, EStG, 9. Aufl. 2010, § 20 EStG Rz. 59; Frotscher, in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 28 KStG Rz. 10ff.
[9] Hamacher/Dahm, in Korn, EStG, § 20 EStG Rz. 186.

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