Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung per Videokonferenz - Abwägungskriterien der Ermessensentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

Von der Erstellung eines Orientierungssatzes wurde abgesehen.

 

Normenkette

FGO § 91a

 

Tatbestand

I.

Der Klägervertreter und Antragsteller beantragte, an der Gerichtsverhandlung nach § 91a FGO per Videokonferenz teilnehmen zu dürfen und von der Kanzlei aus zugeschaltet zu werden. Zur Begründung führte er aus, die Reiseaufwendungen seien angesichts des zu erwartenden reinen Rechtsgespräches in der mündlichen Verhandlung einzusparen und damit könne auch ein Beitrag zur Nachhaltigkeit und Klimaschutz geleistet werden.

Das Gericht nannte dem Antragsteller als Voraussetzung für die Teilnahme per Video, die Herstellung vergleichbarer Sitzungsbedingungen wie am Gerichtsort Nürnberg, insbesondere die Sicherstellung der Sitzungsleitung und Vorkehrungen gegen Störungen. Ferner sei Voraussetzung eine angemessene audiovisuelle Ausstattung auf Seiten des Antragstellers. Der Kläger hat die Erfüllung der Anforderungen anwaltlich versichert.

1. Dem Klägervertreter (=Antragsteller) wird gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO gestattet, an der mündlichen Verhandlung am 14. Juli 2022 per Video-Schaltung teilzunehmen und sich dabei in den eigenen Kanzleiräumen/eigenen Räumen aufzuhalten sowie dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen.

2. Dem Antragsteller wird aufgegeben an der Video-Schaltung mit einer geeigneten, leistungsfähigen audiovisuellen Ausstattung und Verbindung teilzunehmen.

3. Die Teilnahme ist ferner nur unter der Auflage gestattet, dass der Antragsteller dem Gericht die Überwachung des Geschehens im Raum seiner Teilnahme jederzeit zur Ausübung der Sitzungsleitung ermöglichen muss. Ferner ist die Teilnahme nur ihm gestattet. Für weitere Teilnehmer ist vorab eine Gestattung durch das Gericht einzuholen. Der Antragsteller hat in seinem Raum für einen ungestörten Sitzungsverlauf zu sorgen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Gericht trifft über den Antrag nach § 91a FGO eine Ermessensentscheidung. Abzuwägen sind das Interesse des Antragstellers einerseits (z.B. zeitliche/gesundheitliche Schwierigkeiten einer unmittelbaren Anwesenheit im Sitzungszimmer; Kostenersparnis je nach Anreiseweg) und die Bedeutung der Grundsätze der Mündlichkeit/Unmittelbarkeit im konkreten Einzelfall (Bedeutung des persönlichen Eindrucks eines Beteiligten/Zeugen für das Gericht) andererseits. Dabei besteht keine Verpflichtung des Gerichts, für eine Zuschaltung per Videokonferenz zu sorgen [BFH v. 18.7.2016 - VI B 128/15, BFH/NV 2016, 1752], vielmehr muss sich der Beteiligte um eine geeignete Videokonferenzanlage kümmern.

In Anwendung dieser Grundsätze ist dem Antrag im entschiedenen Rahmen statt zu geben. Für die mündliche Verhandlung am 14. Juli 2022 sind im Streitfall keine Zeugen geladen und die Unmittelbarkeit der Teilnahme ist auch aus anderen Gründen nicht erforderlich. Daher sprechen die vom Antragsteller genannten Gründe vorliegend für eine Video-Teilnahme.

Am FG ist die technische Ausstattung verfügbar. Der Antragsteller hat anwaltlich versichert, am Teilnahmeort für vergleichbare Bedingungen zu sorgen und dabei auch die Sitzungsleitung durch den Senatsvorsitzenden zu gewährleisten. Insbesondere sichert er die Einhaltung der beschränkten Medienöffentlichkeit §§ 119 FGO i.V.m § 169 GVG und Unterbindung externer Störungen durch Dritte zu. Die Sicherheit der Verhandlung vor Zugriff Unbefugter ist damit gegeben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15287954

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