Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzlich keine Einbeziehung der Erschließungskosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage beim Erwerb eines noch nicht erschlossenen Grundstücks

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses noch nicht erschlossen, kann ein auf die Erschließung entfallender Anteil des Kaufpreises nur dann als Entgelt für den Grunderwerb und damit als Gegenleistung i.S. des GrEStG angesehen werden, wenn sich der Veräußerer gegenüber dem Erwerber (privatschriftlich) verpflichtet, dem Erwerber das Grundstück im erschlossenen Zustand zu verschaffen.

2. Die Erschließungskosten gehören beim Erwerb eines noch unerschlossenen Grundstücks regelmäßig auch dann nicht zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage, wenn die Erschließungsbeiträge vom Veräußerer gegenüber der Gemeinde abgegolten und ihm von dem späteren Erwerber anteilig erstattet werden.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, 1 Nr. 1, § 11; BauGB §§ 123, 133 Abs. 3, 3 S. 5; GrEStG § 1 Abs. 1

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob die von den Klägern (Kl.) im Rahmen eines Grundstückserwerbes übernommenen Erschließungskosten, die zur Abgeltung von Erschließungsbeiträgen zu leisten sind, zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung für den Erwerb eines Grundstückes gehören.

Die Baptistengemeinde H hatte am 08.11.2000 von der Stadt H ein größeres Grundstück zum Bau eines Gemeindezentrums und einer Hausmeisterwohnung erworben. Nach diesem Vertrag war sie berechtigt, mit Zustimmung der Stadt eine Teilfläche aus dem erworbenen Grundstück zum selben Preis und zu den selben Bedingungen an ein zur Übernahme der Hausmeisterdienste bereites Gemeindemitglied zur Errichtung der Hausmeisterwohnung zu veräußern. Zum Zeitpunkt des Erwerbes war das Grundstück noch nicht erschlossen. Der Grundstückskaufpreis von 70,56 DM pro Quadratmeter enthält neben dem eigentlichen Kaufpreis für das Grundstück auch Beiträge für die spätere Erschließung (Beiträge für den Kanal- und Wasseranschluss und weitere Erschließungskosten). Es wurde vereinbart, dass mit der Bezahlung des Kaufpreises „der auf dem Kaufgrundstück gemäß Baugesetzbuch als öffentliche Last ruhende Erschließungsbeitrag für die K-straße und die spätere Erschließung entsprechend § 8 für den Straßenbau einschließlich Entwässerung und Begleitgrün als erfüllt” gilt und dass auch „der Anschlussbeitrag lt. Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung als abgegolten” gilt. Nach Angaben der Stadt setzen sich die 70,56 DM pro Quadratmeter zusammen aus 30 DM pro Quadratmeter für den Grundstücksanteil, 18,65 DM pro Quadratmeter für den Kanalanschluss, 8,65 DM pro Quadratmeter für den Wasseranschluss und 13,26 DM für weitere Erschließungskosten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 08.11.2000 (UR-Nr. 510/2000, Notar A, H ) Bezug genommen.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 02.03.2001 (UR-Nr. 15/2001, Notar D, H ) erwarben die Kläger von der Baptistengemeinde aus dem oben genannten Grundstück eine Teilfläche von 600 qm zu je ½ Miteigentumsanteil. Als Kaufpreis sind 70,56 DM pro Quadratmeter (= 42.336 DM) genannt. Die anteiligen Vermessungskosten, die die Kl. ebenfalls übernahmen, sind mit 1.679,68 DM angegeben. Der Kaufpreis für das Grundstück ist nach den oben genannten Werten aufgeteilt in Quadratmeteranteile von 30 DM für den Grundstücksanteil, 18,65 DM für den Kanalanschluss, 8,65 DM für den Wasseranschluss und 13,26 DM für Erschließungskosten nach dem Baugesetzbuch. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den genannten Grundstückskaufvertrag verwiesen. Zum Zeitpunkt des Kaufes durch die Kl. waren die genannten Anlagen, für die neben den 30 DM pro Quadratmeter noch die angegebenen anteiligen Kosten zu zahlen waren, noch nicht erstellt.

Der Beklagte (Bekl.) setzte daraufhin mit getrennten Grunderwerbsteuerbescheiden vom 11.04.2001 Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils 770 DM fest. Dabei ging er von einer Bemessungsgrundlage von 22.007 DM aus – das ist abgerundet die Hälfte der Summe aus dem Kaufpreis von 70,56 DM pro Quadratmeter zzgl. der anteiligen Vermessungskosten. Die hiergegen gerichteten Einspruchsverfahren waren ohne Erfolg. Mit getrennten Einspruchsentscheidungen vom 30.10.2001 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Grunderwerbsteuerbescheide und die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen.

Mit der daraufhin erhobenen Klage begehren die Kl, wie schon im Einspruchsverfahren, die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer. Sie tragen im Wesentlichen vor, die Anteile am Grundstückskaufpreis, die über den Preis von 30 DM pro Quadratmeter als eigentlichem Grundstückskaufpreis hinaus gehen, seien nicht zur Gegenleistung für den Grunderwerb zu rechnen. Allein die noch von ihnen übernommenen anteiligen Vermessungskosten erhöhten auch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Die anderen, anteiligen Kosten unterlägen dagegen nicht der Grunderwerbsteuer, da si...

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