Grunderwerbsteuer: Kauf eines unerschlossenen Grundstücks

Bei Erwerb eines unerschlossenen Grundstücks von der Gemeinde ist nur der Kaufpreis maßgeblich für die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer, wie der BFH kürzlich entschieden hat.

Wer bereits ein Eigenheim gebaut hat, weiß es: Egal wie gut die Kosten vorab kalkuliert wurden – während der Bauzeit wird es fast immer teurer als gedacht. Entweder kommen während der Bauzeit unerwartete Ausgaben hinzu oder Preise ziehen an. Verlassen können wollen Bauherren sich dann wenigstens auf die Abgaben bzw. Steuern, die rund um Haus und Grundstück zu zahlen sind. Doch auch hierbei kann es zu bösen Überraschungen kommen. Dies erlebte zuletzt ein Ehepaar, das ein unerschlossenes Grundstück von einer Gemeinde kaufte (Vgl. BFH Urteil vom 28.09.2022 - II R 32/20).

Berücksichtigung von Erschließungskosten bei unerschlossenem Grundstück

Die beiden Käufer verpflichteten sich bei Erwerb des Grundstücks, für die kommende Erschließung einen festgelegten Betrag zu leisten. Entsprechend splittete sich der im notariellen Kaufvertrag aufgeführte Gesamtpreis in 2 Teilbeträge:

  • Einer gab den Kaufpreis für Grund und Boden an,
  • der andere den für die Erschließung zu leistenden Betrag. Dieser umfasste laut Vertrag alle bereits erbrachten sowie die noch entstehenden Kosten für die Ersterschließung.

Unerwartet hoch fiel dann aber der Grunderwerbsteuerbescheid aus. Denn das zuständige Finanzamt legte bei der Berechnung den Gesamtpreis aus Kosten für Grund und Boden einschl. der Erschließungskosten zugrunde. Dagegen klagten die Eheleute vor dem Hessischen Finanzgericht, um eine Minderung der Bemessungsgrundlage zu erreichen. Die Richter betrachteten den Kaufvertrag aufgrund des genannten Gesamtpreises jedoch als Hinweis, dass die Gemeinde den Käufern das Grundstück in erschlossenem Zustand zu stellen hatte und wiesen die Klage ab.

Feststellung der Bemessungsgrundlage

Anders als ihre Kollegen bewerteten die Richter am Bundesfinanzhof (BFH) den Fall in der anschließenden Revision. Nach ihrer Einschätzung ist bei Übernahme der künftigen Erschließungskosten zu einem festgelegten Betrag grundsätzlich nur das unerschlossene Grundstück Gegenstand des Vertrags. Entsprechend hoben die Richter das Urteil des Finanzgerichts auf und änderten den Grunderwerbsteuerbescheid ab.

Hintergrund ist die Tatsache, dass eine Gemeinde keine privatrechtlichen Verträge über Aufgaben schließen darf, die in ihre Zuständigkeiten fallen. Dazu gehört auch die Erschließung eines Grundstücks. Vereinbarungen, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. Unter engen Voraussetzungen erlaubt sind jedoch öffentlich-rechtliche Verträge. Diese müssen mit den Eigentümern allerdings vor Entstehen der Beitragspflicht geschlossen werden und den gesamten Erschließungsbetrag umfassen. Lassen sich die einzelnen Vertragsbestandteile klar trennen, kann diese sog. "Ablösungsabrede" auch mit einem Kaufvertrag verbunden werden.

Auslegung des Vertrags

Im vorliegenden Fall ist der notarielle Vertrag nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht eindeutig. Die Unklarheit ergibt sich dadurch, dass er sowohl einen Gesamtpreis als auch die Teilbeträge für Grund und Boden sowie die Erschließungskosten nennt. Bei einer solchen Ausgangslage gilt jedoch grundsätzlich, dass der Vertrag so ausgelegt werden sollte, dass er so weit wie möglich wirksam ist.

Offen bleibt hier, ob die Ablösevereinbarung den Anforderungen an öffentlich-rechtliche Verträge genügt oder nichtig ist. Ist dies so, dann ließe sich der Vertrag in 2 Teile aufsplitten:

  • den Kaufvertrag als zivilrechtlichen Teil und
  • die Vereinbarung über die Erschließungskosten als öffentlich-rechtlichen Teil.

Erfüllt die Ablösevereinbarung die Anforderungen dagegen nicht, wäre dieser Teil des Vertrags nichtig. In jedem Fall gilt aber, dass die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sich ausschließlich aus dem Wert des Grundstücks ergibt.

Kauf bei privatem Erschließungsträger

Anders als der Kauf eines Grundstücks von der Gemeinde ist der Erwerb von einem privaten Erschließungsträger zu bewerten. Denn hier gilt grundsätzlich, dass der Käufer das Grundstück in erschlossenem Zustand erwirbt. Daraus ergibt sich für die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer, dass der gesamte Kaufpreis maßgeblich ist.

Praxis-Tipp: Was Käufer zur Grunderwerbsteuer wissen sollten

Der Grunderwerbsteuersatz wird von den Bundesländern festgesetzt und unterscheidet sich daher in seiner Höhe. Der ehemalige bundesweite Grunderwerbsteuersatz von 3,5 % gilt nur noch im Bundesland Bayern. In den anderen Bundesländern reicht er ab 2023 von 5 % bis zu 6,5 %. Bei einem Hauskauf unterliegt der Grunderwerbsteuer neben dem Grundstückspreis jedoch nur das untrennbar mit dem Grund und Boden verbundene Inventar. Zubehör und bewegliche Dinge bleiben bei der Berechnung außen vor. Bei einer Wohnung fließen die Kosten des Grundstücks anteilig ein.

Schlagworte zum Thema:  Grunderwerbsteuer, Gemeinde, Grundstück