rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleichszahlung wegen vorzeitiger Beendigung eines Pachtvertrags als ermäßigt zu besteuernde Entschädigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Entschädigung i. S. v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist grundsätzlich noch nicht anzunehmen, wenn Schadensersatz oder Ausgleich für die Nichterfüllung eines (üblichen) Vertrags einschließlich des entgangenen Gewinns geleistet wird.

2. Eine Entschädigung liegt hingegen dann vor, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht.

3. Eine zusammengeballt zufließende, im Rahmen eines zivilgerichtlichen Vergleichs vereinbarte Entschädigung wegen der vorzeitigen Beendigung eines Pachtvertrags ist ermäßigt zu besteuern, wenn der Steuerpflichtige nach Beendigung des Pachtvertrags durch den Wegfall der Pachtentgelte unter erheblichem wirtschaftlichem Druck stand, durch den er sich gezwungen sah, den Vergleich abzuschließen.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.09.2015; Aktenzeichen III R 22/14)

BFH (Urteil vom 16.09.2015; Aktenzeichen III R 22/14)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 14. Dezember 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 2012 wird dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer auf 0 EUR herabgesetzt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei der im Streitjahr 2009 auf der Grundlage eines Vergleichs an den Kläger geflossenen Zahlung um eine Entschädigung handelt, die der ermäßigten Besteuerung unterliegt.

Der ledige Kläger wurde im Streitjahr einzeln zur Einkommensteuer veranlagt und erzielte neben Einkünften aus Kapitalvermögen Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Baubetreuer, die er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte.

Der Kläger erwarb im August 2006 im Rahmen einer Zwangsversteigerung das Grundstück mit aufstehendem Gebäude in A. durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts-Vollstreckungsgericht – von Herrn X, in dem sich die Diskothek „XY” befand. Der Kläger trat mit Eigentumsübergang in den bestehenden Pachtvertrag mit der Firma B – AG vom 16. Oktober 1998/12. Januar 1999 als Verpächter ein. Ausweislich des Pachtvertrages sollte das Pachtverhältnis am 1. April 2000 beginnen und zum 31. März 2010 enden. Als Pachtzins war ab dem 1. April 2000 ein monatlicher Betrag von 6.500 DM zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 500 DM vereinbart. Die Firma ABC Stiftung trat später als Rechtsnachfolgerin der Firma B – AG in den Pachtvertrag ein.

Die Firma B – AG hatte im Jahr 1998 einen Unterpachtvertrag mit Y, welcher die Diskothek betrieb, geschlossen. Weil Herr Y seinen Verpflichtungen auf Pachtzahlung aus dem Unterpachtvertrag zunehmend schleppend nachkam, kündigte die ABC Stiftung den Unterpachtvertrag zum 30. April 2007 fristlos. Außerdem kündigte diese den Pachtvertrag mit dem Kläger mit Schreiben vom 29. Juni 2007 mit sofortiger Wirkung, nachdem das Landratsamt eine weitere Gaststättenerlaubnis für einen neuen Betreiber an Auflagen geknüpft hatte. Nachdem die Stiftung zum 1. Juli 2007 ihre Pachtzahlungen eingestellt hatte, erhob der Kläger gegen diese Klage vor der Zivilgerichtsbarkeit. Der Kläger, der das Objekt in voller Höhe fremdfinanziert hatte, befand sich aufgrund der fehlenden Pachteinnahmen in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und konnte die mit seiner Kredit gebenden Bank vereinbarten Zahlungsverpflichtungen teilweise nicht mehr einhalten. Ausweislich des Protokolls des Oberlandesgerichts X vom 22. Januar 2009 beendeten die Parteien das Verfahren mit folgendem Vergleich:

  1. „Der Beklagte bezahlt an den Kläger EUR 130.000 (i.W.: Euro einhundertdreißigtausend) zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer.
  2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das streitgegenständliche Pachtverhältnis beendet ist.
  3. Die Parteien sind sich weiterhin darüber einig, dass damit sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Pachtvertrag vom 16.10.1998/12.1.1999 abgegolten sind …”.

Die Firma ABC Stiftung leistete im Jahr 2009 eine Gesamtzahlung von 130.000 EUR, die sich aus Pachteinnahmen in Höhe von 21.037,16 EUR (Juli – Dezember 2007), 42.074,32 EUR (Januar – Dezember 2008) und 3.506,19 EUR (Januar 2009) und einer Entschädigung für die vorzeitige Beendigung des Pachtverhältnisses und für die Abgeltung sonstiger Ansprüche von 63.382,33 EUR zusammen setzte.

In der Gewinn- und Verlustrechnung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2009 wies der Kläger außerordentliche Erträge in Höhe von 63.382,33 EUR aus. In seiner Einkommensteuere...

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