Entscheidungsstichwort (Thema)

Maß der Aufklärungspflicht bei Verletzung von Aufzeichnungspflichten

 

Leitsatz (amtlich)

Verletzt der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht gem. § 41 EStG, § 3 LStDV, so kommt eine Sachverhaltsaufklärung durch Befragung der Mitarbeiter zu Tatsachen, die Gegenstand der Aufzeichnungspflicht waren, nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG § 41; LStDV § 4; AO § 162

 

Tatbestand

Streitig ist die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin für Lohnsteuer.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung- basierend auf Erkenntnissen der Deutschen Rentenversicherung - wurde dem Beklagten bekannt, dass die Klägerin zwischen dem 01.08.2004 und dem 31.05.2005 unter der Firma A ein Gewerbe mit bis zu 36 Mitarbeitern betrieben hatte (Arbeitgeberakte - AA - Bl. 3f). Nachdem sich die Klägerin innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht zu eventuellen Arbeitsverhältnissen geäußert hatte, nahm der Beklagte die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 08.05.2006 für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 44.486,25 € in Anspruch (AA Bl. 28). Die Bemessungsgrundlagen für die Lohnsteuerabzugsbeträge für die Zeit vom 01.08.2004 bis 31.05.2005 waren gem. § 162 Abgabenordnung (AO) geschätzt; dabei ging der Beklagte von einer durchschnittlichen monatlichen Mitarbeiterzahl von 25 Mitarbeitern, einer Nettolohnzahlung von 516 € monatlich (aufgrund vorliegender Abrechnungen für 2 Arbeitnehmer - AA Bl. 7ff) und der Steuerklasse VI aus.

Hiergegen richtete sich der am 19.005.2006 eingegangene Einspruch vom 15.05.2006 (AA Bl. 38), mit dem die Klägerin geltend machte, dass sie seit 31.06.2005 nicht mehr gewerblich tätig und im Übrigen Lohnsteuer nicht angefallen sei, weil die Mitarbeiter in Teilzeit tätig gewesen seien. Nachdem die Klägerin im Rechtsbehelfsverfahren Kopien der Vorderseiten von Lohnsteuerkarten bzw. monatliche Lohnabrechnungen für einzelne Arbeitnehmer eingereicht hatte, reduzierte der Beklagte die Schätzung in der Einspruchsentscheidung vom 05.03.2007 auf insgesamt 30.559,30 € und wies den Einspruch im Übrigen zurück (Rechtsbehelfsakte Bl. 21). Zugunsten der Klägerin ging der Beklagte nunmehr davon aus, dass 5 in der Anlage zur Einspruchsentscheidung benannte Mitarbeiter der Steuerklasse 1 bzw. 3 angehört hätten, und dass hinsichtlich dieser Mitarbeiter, für die Unterlagen nachgereicht worden seien, korrekt abgerechnet worden sei. Zudem legte der Beklagte als maximale Personalkosten die in nachgereichten Betriebswirtschaftlichen Auswertungen genannten Personalaufwendungen zugrunde und ging davon aus, dass bei einem Lohn von brutto 800 DM bzw. netto 516 DM ca. weitere 12 Arbeitnehmer im Jahr 2004 und 23 Arbeitnehmer im Jahr 2005 beschäftigt gewesen seien. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Anlage zur Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit der am 04.04.2007 eingereichten Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Haftungsbescheides und der Einspruchsentscheidung. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihre Haftungsinanspruchnahme rechtswidrig sei, weil überwiegend keine Lohnsteuer angefallen sei. Sie hat im gerichtlichen Verfahren eine Mitarbeiterliste betreffend 34 Mitarbeiter vorgelegt (Gerichtsakte - GA - Bl. 17), die im Laufe des Verfahrens noch einmal korrigiert wurde und nunmehr 32 Mitarbeiter (eine Mitarbeiterin als Nr. 9 und Nr. 28 doppelt erfasst) aufweist (s. Anlage zum Schriftsatz vom 24.10.2007). Zudem hat sie weitere erste Seiten von Lohnsteuerkarten und einige Steuerbescheinigungen eingereicht (Anlagenband zur Gerichtsakte). Sie, die Klägerin, sei von August 2004 bis Mai 2005 tätig gewesen. Der Mitarbeiter Nr. 24 sei wegen des Laufs der Kündigungsfristen noch im Juni beschäftigt worden. Die Mitarbeiter unterfielen ganz überwiegend den Lohnsteuerklassen I, II bzw. III. Insoweit sei nach den maßgeblichen Lohnsteuertabellen weder Lohnsteuer noch Solidaritätszuschlag angefallen. Die Klägerin verweist auf die eingereichte tabellarische Mitarbeiterliste, mit der den einzelnen Mitarbeitern Steuerklassen zugeordnet wurden. Für die Tatsache, dass die Beschäftigungsdauer, die Lohnsteuerklasse und das Bruttogehalt in der eingereichten Mitarbeiterliste zutreffend angegeben sind, bezieht sich die Klägerin auf das Zeugnis der aufgelisteten Mitarbeiter. Zum Beweis dafür, dass die betreffenden Mitarbeiter bei der Klägerin auch keine Lohnsteuererstattung im Wege des Lohnsteuerjahresausgleichs geltend gemacht haben, verweist die Klägerin auf das Zeugnis eines instruierten Mitarbeiters des zuständigen Finanzamts. Die Klägerin habe die Originale der Lohnsteuerkarten am Jahresende ordnungsgemäß an die Mitarbeiter zurückgegeben und allein die Deckseiten für ihre Unterlagen kopiert. Weitere Unterlagen einzureichen sei ihr nicht möglich. Lediglich bei den Mitarbeitern mit den Nummern 5, 6, 16 und 24 falle Lohnsteuer an, und zwar insgesamt ca. 1.950,00 €. Diesen Betrag erkenne sie, die Klägerin, ausdrücklich an. Für Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 24.10.2007 verwiesen. Eine Lohnbuchhaltung sei bei der Klä...

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