Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsmäßigkeit eines elektronischen Fahrtenbuchs: Dokumentation nachträglicher Änderungen - Zeitnahe Erfassung der Fahrten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein elektronisches Fahrtenbuch erfüllt nicht die Anforderungen an den ordnungsgemäßen Nachweis des tatsächlichen Umfangs der Privatnutzung eines betrieblichen Kfz, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nicht in der Datei selbst, sondern in externen Protokolldateien dokumentiert werden.
  2. Dem Erfordernis der zeitnahen Führung eines solchen Fahrtenbuchs wird nicht genügt, wenn die – zwischenzeitlich auf Notizzetteln festgehaltenen - Eintragungen erst mehrere Tage oder Wochen nach Abschluss der betreffenden Fahrten vorgenommen werden.
 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2-3, § 8 Abs. 2 S. 4, § 42d Abs. 1 Nr. 1; AO § 191 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Fahrtenbücher als ordnungsgemäß anzuerkennen sind.

Die Klägerin - eine im Jahr 1977 gegründete GmbH - handelt mit Kraftstoffen. Gesellschafter der Klägerin sind B. V. und ihr Sohn L. V. zu jeweils 50%. Letzterer wurde ebenso wie sein Vater M. V. zum Geschäftsführer bestellt.

Zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörten u.a. die PKW mit den amtlichen Kennzeichen N01 (Mercedes E 350 CDI; bis Februar 2013, Bruttolistenpreis 86.900 €) und N02 (Audi Q5; ab Mai 2013, Bruttolistenpreis 72.800 €), welche von Herrn L. V. auch zu privaten Zwecken genutzt werden durften. Die Klägerin erfasste für die private Nutzung lediglich folgende geldwerte Vorteile als Arbeitslohn: 2.344,96 € (2012), 2.000 € (2013), 2.200 € (2014) und 600 € (Januar bis März 2015). Erfasst wurde der Anteil an den Gesamtkosten, der rechnerisch auf den Anteil der privat gefahrenen Kilometer laut Fahrtenbuch entfällt.

Herr V. führte für die vorgenannten Fahrzeuge elektronische Fahrtenbücher mit der Software „Fahrtenbuch Express“. In einer Prüfungsbescheinigung…vom 23.11.2010 und in der Konformitätserklärung des Herstellers heißt es, dass diese Software bei ordnungsgemäßer Anwendung die an ein elektronisches Fahrtenbuch zu stellenden gesetzlichen Anforderungen erfülle. In der Konformitätsbescheinigung wird u.a. Folgendes ausgeführt ( Unterstreichung durch das Gericht ): „Nachträgliche Stornierungen und Buchungen, wie in einer Finanzbuchhaltung möglich, können aufgrund der laufend geführten km-Stände nicht unterstützt werden. Mit dem Ausdruck und folgendem monatlichen Abschluss des Fahrtenbuchs werden alle Fahrten unwiderruflich gelöscht und unveränderlich in eine andere Datenbank übertragen.… Ab der Erstellung des monatlichen Fahrtenbuchs bis zum Abschluss können Fahrten geändert oder gelöscht werden. Diese Änderungen werden in einer internen Protokolldatei (nicht änder- oder löschbar) protokolliert . Das Änderungsprotokoll kann jederzeit, auch für bereits abgeschlossene Fahrtenbücher für einen wählbaren Zeitraum auf Wunsch ausgedruckt werden. Das nachträgliche Ändern oder Löschen von Fahrten nach dem Abschluss ist nicht möglich.“

Für den Zeitraum 01.01.2012 bis 31.03.2015 wurde eine Lohnsteueraußenprüfung bei der Klägerin durchgeführt. Nach der Führung des Fahrtenbuchs befragt teilte Herr L. V. dem Prüfer schriftlich Folgendes mit: „Die durchgeführten Fahrten werden zunächst auf einem Zettel notiert. Meistens nach (Voll-)Tankungen werden diese dann neben des Kostenbelegs in das elektronische Fahrtenbuch eingegeben und auf Richtigkeit kontrolliert. Am Monatsende wird das Fahrtenbuch abgeschlossen, ausgedruckt und archiviert. Die Werte (Gesamt-/Privatkilometer, Kosten etc.) werden dann in eine Excel-Tabelle eingegeben, um den Kilometer-Wert zu ermitteln.“ Die erwähnten Notizzettel wurden - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - nicht aufbewahrt.

Mit der Software „Fahrtenbuch Express“ wurden neben dem eigentlichen Fahrtenbuch auch Aufstellungen über die angefallenen Kosten erstellt. Aus der Auflistung der Tankbelege ergibt sich, dass der Audi Q5 im Zeitraum 02.05.2013 bis 31.12.2013 18 Mal betankt wurde, im Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 26 Mal und in den Monaten Januar bis Mai 2015 12 Mal. Die Abstände zwischen den Tankvorgängen beliefen sich häufig auf etwa zwei Wochen und waren in Einzelfällen sogar noch länger (z.B. 17 Tage vom 12.07.-29.07.2014 und 29.07.-15.08.2014, 19 Tage vom 17.03.-05.04.2014 und 05.11.-24.11.2014, 20 Tage vom 05.02.-25.02.2014, 11.07.-31.07.2013, 13.09.-03.10.2014 und 06.-26.04.2015, 21 Tage vom 14.05.-04.06.2013, 20.09-10.10.2013 und 16.10.-05.11.2014, 23 Tage vom 26.04.-19.05.2015, 25 Tage vom 05.04.-30.04.2014). Der Mercedes wurde im Jahr 2012 30 Mal betankt und in den Monaten Januar und Februar 2013 6 Mal.

Der Prüfer kam zu dem Schluss, dass das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß sei. Die Einsichtnahme der Ursprungsdaten habe ergeben, dass die Eintragungen nicht zeitnah erfolgt seien, sondern eine Aktualisierung im 3 bis 6-Wochenrhythmus erfolgt sei. Das Fahrtenbuch sei deshalb zu verwerfen und der geldwerte Vorteil sei unter Anwendung d...

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