Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlaß einer einstweiligen Anordnung wegen Ermittlungsmaßnahme der Steuerfahndung

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Finanzamt – FA– (Steuerfahndung –Steufa–) die Weitergabe von Kontrollmaterial zu untersagen ist, weil es in rechtswidriger Weise erlangt sein soll.

Die Antragstellerin (Astin.) ist eine Filiale der … Bank. Mit Beschluß vom 25. Januar 1996 (Az.: …) ordnete das Amtsgericht … die Durchsuchung der Geschäftsräume der Astin, und die Sicherstellung sämtlicher Unterlagen für die Zeit ab 1987, die im Zusammenhang mit der Geld- und Depottransferierung von und nach Luxemburg stehen. Das Ermittlungsverfahren richtete sich gegen eine unbekannte Anzahl zum Teil namentlich noch nicht bekannter Kunden und Mitarbeiter der Bank wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Durchsuchung wurde damit begründet, daß in einem anderen Ermittlungsverfahren „zahlreiche Ein- und Auszahlungsbelege über Kapitalanlagen bei der … Bank Luxemburg S.A. sichergestellt worden sind, die wegen der Anonymisierung der hinter den betreffenden Bankbelegen stehenden Kunden der … Bank den Verdacht einer Steuerhinterziehung des Bankkunden sowie bezüglich des eingeschaltet gewesenen Bankbediensteten der Beihilfe zur Steuerhinterziehung begründen”. Dementsprechend bezog sich die gerichtlich angeordnete Sicherstellung auf sämtliche Unterlagen (auch Datenträger) für die Zeit ab 1987, die im Zusammenhang mit der Geld- und Depottransferierung von und nach Luxemburg stehen.

Steuerfahnder des FA … (Antragsgegnerin –Agin.–) begannen am 08. Februar 1996 mit der Durchsuchung. Bei der Durchsicht des alphabetisch abgelegten allgemeinen Schriftverkehrs erhielten die Beamten u.a. Kenntnis auch von möglicherweise steuerlich erheblichen Sachverhalten (Kapitalanlagen, Kapitalerträge, Banküberweisungen in das Ausland) nicht verfahrensbeteiligter Bankkunden, die in keinem Zusammenhang mit Geldanlagen in Luxemburg standen und hinsichtlich derer auch noch keine Umstände auf die Verübung einer anderen Steuerstraftat hindeuteten. Über diese bei der Durchsicht der Akten gewonnenen Erkenntnisse fertigten die Fahnder in ca. 70 Fällen, die der Astin. im einzelnen nicht bekanntgegeben wurden, handschriftliche Notizen. Nach Darstellung der Agin sei dies nur in Fällen geschehen, in denen die langjährigen Fahnder aufgrund der Höhe der Beträge oder sonstiger Besonderheiten Anlaß sahen, die Vorgänge auf ihre steuerlich korrekte Erfassung zu überprüfen (vgl. Beispielsfälle S. 91 FA-Akte). Es ist beabsichtigt, die Aufzeichnungen den Wohnsitzfinanzämtern der Bankkunden als Kontrollmitteilungen zwecks Nachprüfung der Besteuerung zuzuleiten bzw. zum Anlaß für weitere Ermittlungen der Steufa nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) zu machen.

In der am 12. April 1996 stattgefundenen vorläufigen abschließenden Besprechung zwischen der Steufa und Vertretern der Bank vertraten letztere die Auffassung, daß es rechtlich unzulässig sei, anläßlich der Durchsuchung festgestellte steuerlich erhebliche Sachverhalte, die mit dem Durchsuchungsgegenstand nichts zu tun hätten, steuerlich zu verwerten. Dem stehe § 30 a AO entgegen.

Der Vertreter der Astin, hielt an der vorstehend genannten Rechtsauffassung in einem Schreiben vom 03. Mai 1996, das an die Steufa gerichtet war, fest. Diesem Schreiben war ein Beschluß des Amtsgerichts … vom 25. April 1996 (Az.: …) beigefügt, in dem unter Nr. 2 das FA, das die Geschäftsräume der … Bank in … durchsucht hatte, verpflichtet wurde, Kopien von Unterlagen nur dann als Beweismittel zu verwahren oder an andere Stellen weiterzugeben, wenn das Einverständnis der … Bank für diese Kopien vorliege oder eine entsprechende Beschlagnahmeanordnung für diese Kopien ergangen sei. Im Antwortschreiben hierzu vom 07. Mai 1996 hielt die Steufa den Beschluß nicht für einschlägig, weil hinsichtlich der gefertigten Notizen weder Kopien als Beweismittel verwahrt noch an andere Stellen weitergegeben werden sollten. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um die Erhebung von Unterlagen, sondern um die Frage, ob Zufallserkenntnisse, die die Steufa hinsichtlich nicht verfahrensbeteiligter Steuerpflichtiger anläßlich der strafprozessualen Ermittlung gewonnen habe, im Besteuerungsverfahren verwertet werden dürften. Dies sei eine Frage des Steuerverfahrensrechts, für deren Entscheidung die ordentlichen Gerichte nicht zuständig seien. Der Verwertung stehe § 30 a Abs. 3 AO nicht entgegen. Diese Vorschrift beziehe sich ausschließlich auf „Außenprüfungen”, gelte somit nicht für Steufa-Prüfungen. Diese Auffassung werde auch von den Baden-Württembergischen Oberfinanzdirektionen (OFD) vertreten, die in der AO-Kartei in Karte 1 zu § 30 a unter Ziff. 4 verfügt hätten:„Bei Ermittlungen im Steuerstrafverfahren und im Bußgeldverfahren wegen Steuerordnungswidrigk...

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