Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbrauchsteuer auf Getränkeverpackungen, Getränkeverpackung als Teil eines Pfandsystems, Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke, Verkaufserlaubnis für alkoholische Getränke

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 110 AEUV und die Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, die eine Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen, aber eine Befreiung für den Fall vorsieht, dass diese Verpackungen zu einem wirksamen Rücknahmesystem gehören.

2. Die Art. 34 AEUV und 36 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen, nach der ein Verkäufer, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, für die Einfuhr alkoholischer Getränke mit dem Ziel ihres Einzelhandelsverkaufs an im ersten Mitgliedstaat ansässige Verbraucher eine Einzelhandelserlaubnis besitzen muss, wenn er die Getränke selbst befördert oder damit einen Dritten beauftragt, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Ziels, hier des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und Ordnung, zu gewährleisten, dieses Ziel nicht durch weniger restriktive Maßnahmen mindestens ebenso wirksam erreicht werden könnte und diese Regelung weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Normenkette

AEUV Art. 34, 36, 110; EGRL 62/94 Art. 1 Abs. 1, Art. 7, 15

 

Beteiligte

Visnapuu

Valev Visnapuu

Kihlakunnansyyttäjä

Suomen valtio - Tullihallitus

 

Verfahrensgang

Helsingin hovioikeus (Finnland) (Beschluss vom 16.04.2014; ABl. EU 2014, Nr. C 202/13)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Art. 34 AEUV und 110 AEUV ‐ Richtlinie 94/62/EG ‐ Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 7 und 15 ‐ Versandgeschäft und Beförderung alkoholischer Getränke aus einem anderen Mitgliedstaat ‐ Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen ‐ Befreiung für den Fall, dass die Verpackungen zu einem Pfand- und Rücknahmesystem gehören ‐ Art. 34 AEUV, 36 AEUV und 37 AEUV ‐ Erlaubniserfordernis für den Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke ‐ Monopol für den Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke ‐ Rechtfertigung ‐ Schutz der Gesundheit“

In der Rechtssache C-198/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki, Finnland) mit Entscheidung vom 16. April 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 22. April 2014, in dem Verfahren

Valev Visnapuu

gegen

Kihlakunnansyyttäjä,

Suomen valtio ‐ Tullihallitus

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. Šváby, A. Rosas, E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von Herrn Visnapuu, vertreten durch P. Snell, oikeustieteen kandidaatti,

‐ der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,

‐ der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und U. Persson als Bevollmächtigte,

‐ der norwegischen Regierung, vertreten durch T. Skjeie und K. Nordland Hansen als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Wilms, E. Sanfrutos Cano und I. Koskinen als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Juli 2015

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 34 AEUV, 36 AEUV, 37 AEUV und 110 AEUV sowie der Art. 1 Abs. 1, 7 und 15 der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle (ABl. L 365, S. 10).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Visnapuu als Vertreter der European Investment Group Oü (im Folgenden: EIG) und dem Kihlakunnansyyttäjä (Bezirksstaatsanwaltschaft) wegen Versandgeschäften und Lieferungen alkoholischer Getränke an finnische Verbraucher unter Verstoß gegen die finnischen Rechtsvorschriften u. a. über die Verbrauchsteuer auf bestimmte Getränkeverpackungen und über den Einzelhandelsverkauf alkoholischer Getränke.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Richtlinie 94/62 bezweckt nach ihrem Art. 1 Abs. 1, die Vorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Verpackungs- und der Verpackungsabfallwirtschaft zu harmonisieren, um einerseits Auswirkungen dieser Abfälle in allen Mitgliedstaaten sowie in dritten Ländern auf die Umwelt zu vermeiden bzw. diese Auswirkungen zu verringern und so ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und andererseit...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge