Tz. 129

Stand: EL 97 – ET: 11/2019

Die heute einzig verbliebene und frühere 2. Alt der Tatbestände des § 34c Abs 6 S 4 EStG (bestehendes DBA erfasst eine St vom Einkommen des Herkunftsstaats nicht) ist der Sache nach lediglich Unterfall der 1. Alt aF (bestehendes DBA führt nicht zur Vermeidung von Doppelbesteuerung). Die 2. Alt deutete in der aF darauf hin, dass auch die 1. Alt aF nur für diejenigen Fälle gelten sollte, in denen ein DBA schon von seiner Grundkonzeption her keine Vermeidung von Doppelbesteuerung zur Folge haben kann. Auch der Wortlaut der 1. Alt aF "nach den Vorschriften dieses Abkommens" sprach dagegen, unter die Vorschrift alle Fälle zu fassen, in denen eine Doppelbesteuerung trotz DBA verbleibt. Insbes fielen bis VZ 2006 die Fälle, in denen die Vermeidung von Doppelbesteuerung nur deswegen nicht gelingt, weil die beiden Vertragsstaaten das DBA unterschiedlich auslegen (Qualifikationskonflikt) nicht unter die 1. Alt aF (zu einem solchen Fall s BFH Urt v 11.10.2017, IStR 2018, 388 mit Anm Loose). Soweit dieser Fall nicht schon im DBA geregelt ist und dies zur Vermeidung von Doppelbesteuerung führt ("Switch-over-Klausel", s Tz 31), sollte dies nach damals hM ein Fall des § 34c Abs 6 S 4 EStG sein, wobei aber "vorrangig" ein DBA-Verständigungsverfahren (s Art 25 OECD-MA) durchzuführen sei. Dies hätte indes zu einem Wertungswiderspruch zu § 34c Abs 3, 3. Alt EStG sowie dem Inhalt der dt DBA geführt: In § 34c Abs 3, 3. Alt EStG wird keine Anrechnung, sondern nur Abzug der ausl St gewährt, wenn der ausl Staat Eink besteuert, welche aus dt Sicht keine ausl Eink iSd § 34d EStG sind. Strukturell liegt Gleiches vor, wenn ein DBA-Staat besteuert, obwohl (aus dt Sicht) keine Eink vorliegen, die iSd DBA aus dem anderen Staat stammen (nach BFH zutr ebenfalls Fall des § 34c Abs 3 EStG, s Tz 296); eine solche "angemaßte" Besteuerung durch einen DBA-Staat wird sehr häufig durch einen Qualifikationskonflikt ausgelöst. Dann handelt es sich bei beiden Fällen um gleichartige Qualifikationskonflikte, die aber nach hM (jedenfalls bis zur Einführung des § 34c Abs 6 S 5 EStG, dazu sogleich) unterschiedliche Rechtsfolgen ausgelöst hätten. Der Stpfl stünde nur deswegen besser, weil ein DBA existiert. Dies erscheint nicht nachvollziehbar. Insbes führt das bloße Bestehen eines DBA nicht dazu, dass Doppelbesteuerung anders als bei Eink aus Nicht-DBA-Staaten unter allen Umständen vermieden werden müsste (ebenso hierzu s Urt des BFH v 15.03.1995, BStBl II 1995, 580). Dies belegt der fehlende Einigungszwang im DBA-Verständigungsverfahren, der die Vertragsstaaten davor schützt, allzu extensive Besteuerungen des anderen Vertragsstaates ganz oder tw ausgleichen zu müssen. Es kann nicht unterstellt werden, dass der dt Gesetzgeber diese Zusammenhänge durch § 34c Abs 6 S 4 EStG konterkarieren wollte. Deswegen waren Qualifikationskonflikte grds (aber s Tz 130) nicht als Fall des § 34c Abs 6 S 4 EStG aufzufassen. Dagegen spricht auch nicht, dass ab dem VZ 1999 mit § 34c Abs 6 S 6 (früher: S 5 bzw S 4) EStG eben der og Fall ausdrücklich dahingehend geregelt wurde, dass nur Abzug zu gewähren ist. Dies stellte nur eine Reaktion auf BFH-Rspr dar, die § 34c Abs 3 EStG auch in DBA-Fällen für anwendbar hielt (s Tz 296); daraus konnte für die Auslegung des seinerzeit unverändert gebliebenen § 34c Abs 6 S 4 (damals: S 3) EStG nichts hergeleitet werden. Durch die Streichung der 1. Alt ist der früher hM ab VZ 2007 nun ohnehin der Boden entzogen, auch wenn zweifelhaft erscheint, ob sich der Gesetzgeber dessen bewusst war (s Tz 128). Soweit aus alledem folgt, dass Doppelbesteuerung selbst nach erfolgloser Durchführung eines Verständigungsverfahrens nicht vermieden wird (auch nicht durch St-Abzug gem § 34c Abs 3 EStG), sind Billigkeitsmaßnahmen nicht fernliegend. Diese sollten angesichts der Wertung der § 34c Abs 3, Abs 6 S 6 EStG aber höchstens den Abzug der ausl St gewähren (im Fall des BFH, aaO, war die dt St bereits entspr gemindert, offenbar auch ohne DBA-Verständigungsverfahren).

 

Tz. 130

Stand: EL 97 – ET: 11/2019

Die vorstehenden Überlegungen griffen (für VZ vor 2007) aber nicht, wenn Ursache der Doppelbesteuerung ein Qualifikationskonflikt bei Fragen ist, die das DBA bewusst nicht regelt, bei denen also die Entsch dem nationalen Recht der Anwendestaaten überlassen wird. Auch dann wurde Doppelbesteuerung "nach den Vorschriften dieses Abkommens" (1. Alt aF, s Tz 129) nicht vermieden. Dies ist der Fall bei der Zurechnung von Eink zu unterschiedlichen St-Subjekten (dann kann es aber an der St-Subjektidentität fehlen, s Tz 118 iVm s Tz 122; zur Zurechnung zu unterschiedlichen VZ s Tz 109 ff). Eine solche Doppelbesteuerung wird von den DBA-Vertragsstaaten eben durch die Nicht-Regelung grds bewusst in Kauf genommen. Abw Eink-Zurechung kann Folge der Zwischenschaltung funktionsloser "Briefkastengesellschaften" sein. In diesen Fällen kommt nach der Wertung des § 34c Abs 6 S 6 EStG allenfalls St-Abzug in Betracht (s Tz 131). Hat die abw Zurechung hi...

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