Gesetzestext

 

1ln den Fällen des § 160 hat der Insolvenzverwalter vor der Beschlußfassung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung den Schuldner zu unterrichten, wenn dies ohne nachteilige Verzögerung möglich ist. 2Sofern nicht die Gläubigerversammlung ihre Zustimmung erteilt hat, kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners oder einer in § 75 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Mehrzahl von Gläubigern und nach Anhörung des Verwalters die Vornahme einer Rechtshandlung vorläufig untersagen und eine Gläubigerversammlung einberufen, die über die Vornahme beschließt.

 
Hinweis

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 135 KO – § 180 RegE, § 170 RefE

1. Allgemeines

 

Rn 1

Als materiell von den Handlungen des Insolvenzverwalters Betroffener soll der Schuldner in den in § 160 genannten, bedeutsamen Fällen Gelegenheit haben, seine Auffassung dem Verwalter gegenüber vor Beschlussfassung durch die Gläubigerversammlung oder den Gläubigerausschuss darzulegen.[1] Zu diesem Zweck bestimmt § 161 eine entsprechende Informationspflicht des Verwalters gegenüber dem Schuldner, vorausgesetzt, hierdurch tritt keine nachteilige Verzögerung des Verfahrens ein.

 

Rz. 2

Während Satz 1 der Vorschrift allein dem Schuldnerschutz dient, kommt durch Satz 2 auch Gläubigerminderheiten ein gewisser Schutz zu. Ziel hierbei ist vor allem, für diese Minderheiten einen Ausgleich für die Tatsache zu schaffen, dass der Gläubigerausschuss im Regelfall durch Großgläubiger dominiert wird bzw. zumindest keine repräsentative Besetzung dieses Organs gewährleistet ist.[2] In der überwiegenden Zahl der Verfahren kommt der Vorschrift, genau wie bisher § 135 KO, aufgrund der im Interesse einer wirtschaftlichen Verwertung vorher notwendigen Abstimmung zwischen Verwalter und Schuldner aber kaum praktische Bedeutung zu. Ein Eingreifen der Gläubigerminderheiten stellt gleichermaßen eine Ausnahme dar.

[1] Begr zu § 179 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 174.
[2] Uhlenbruck-Zipperer, § 161 Rn. 1.

2. Informationspflicht (Abs. 1 Satz 1)

 

Rn 3

Die Information an den Schuldner kann – wie früher bereits bei § 135 KO – formlos gegeben werden, auch wenn eine dem § 77 Abs. 2 KO entsprechende Vorschrift in der InsO nicht mehr enthalten ist[3]. Die Regelung der KO hatte im Hinblick auf die allgemeinen Vorschriften des BGB ohnehin nur deklaratorischen Charakter.

 

Rn 4

Um ein Leerlaufen des § 161 zu vermeiden, muss die Unterrichtung so konkret und rechtzeitig erfolgen, dass der Schuldner die geplante Maßnahme prüfen und Gegenvorschläge unterbreiten kann.[4] Welche Zeitspanne als ausreichend gilt, wird je nach Umfang, Eilbedürftigkeit und Komplexität des Vorhabens unterschiedlich zu beantworten sein. Dem Schuldner sollte jedoch – soweit er an der Vorbereitung nicht bereits beteiligt war – zumindest eine Woche Prüfungsfrist verbleiben.[5] Die Einbindung der Organe einer Schuldnerin in laufende Vertragsverhandlungen mit dem Erwerber dürfte dabei nicht als ausreichende Unterrichtung i. S. dieser Norm anzusehen sein. Es empfiehlt sich, dem Schuldner eine beabsichtigte Veräußerung an einen Dritten explizit und gesondert mitzuteilen. Die Prüfung, ob es sich um eine dem § 160 unterfallende Maßnahme handelt, obliegt dem Verwalter selbst.[6]

 

Rn 5

Ob die Information an den Schuldner ohne nachteilige Verzögerung für das Verfahren möglich ist, hat allein der Verwalter nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Hält sich der Schuldner an unbekanntem Ort auf, werden dem Insolvenzverwalter regelmäßig keine umfangreichen Nachforschungen nach dessen Aufenthaltsort zuzumuten sein.[7] Ein Unterlassen der Unterrichtung aus Furcht, der Schuldner werde dann einen – die Abwicklung verzögernden – Untersagungsantrag stellen, ist nicht zulässig.[8] Auch ohne Unterrichtung des Schuldners sind die Beschlüsse der Gläubigerversammlung bzw. des Gläubigerausschusses wirksam und die darauf aufbauenden Handlungen des Verwalters rechtmäßig; der Verwalter läuft aber Gefahr, nach § 60 haftungsrechtlich in Anspruch genommen zu werden. Umstritten ist allerdings, ob in diesem Fall ein Schadensersatz vom Schuldner[9] von den Gläubigern[10] oder von beiden[11] geltend gemacht werden kann. Für die Annahme, dass der Schadensersatzanspruch allein dem Schuldner zustehe, sprechen vor allem die Motive zum früheren § 135 KO,[12] die sich ausdrücklich in diesem Sinne äußern. Ohnehin partizipieren die Gläubiger an dem Anspruch, da dieser gem. § 92 durch einen neu zu bestellenden Insolvenzverwalter oder einen Sonderinsolvenzverwalter zugunsten der Masse geltend zu machen ist.

[3] MünchKomm-Janssen, § 161 Rn. 4; Uhlenbruck-Zipperer, § 161 Rn. 2.
[4] MünchKomm-Janssen, § 161 Rn. 4; FK-Wegener, § 161 Rn. 3; HambKomm-Decker, § 161 Rn. 2.
[5] A. A. Uhlenbruck-Zipperer, § 161 Rn. 2 (eine Woche nicht in jedem Fall ausreichend).
[6] Kübler/Prütting/Bork-Webel, § 161 Rn. 3; MünchKomm-Janssen, § 161 Rn. 4.
[7] MünchKomm-Janssen, § 161 Rn. 5; Uhlenbruck-Zipperer, § 161 Rn. 2; FK-Wegener, § 161 Rn. 3.
[8] MünchKomm-Janssen, § 161 Rn. 5; Uhlenbruck-Zipperer, § 161 Rn. 2; FK-Wegener, § 161 Rn. 3.
[9] MünchKomm-Janssen, § 16...

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