Entscheidungsstichwort (Thema)

Im Grund und Boden enthaltene Bodenschätze als selbständiges Wirtschaftsgut

 

Leitsatz (NV)

Ein Kaufvertrag über die Veräußerung eines Grundstücks macht den darin enthaltenen Bodenschatz nicht zu einem gegenüber dem Grund und Boden selbständigen Wirtschaftsgut, wenn bereits bei seinem Abschluß feststeht, daß ein Abbau wegen der in einem Flächennutzungsplan bzw. Bebauungsplan festgelegten Nutzung des fraglichen Grundstücks rechtlich nicht möglich und vom Erwerber nicht beabsichtigt ist. Das gilt auch dann, wenn mit Rücksicht auf den Bodenschatz ein höherer Quadratmeterpreis gezahlt worden ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbte im Jahre 1977 von ihrem verstorbenen Ehemann einen landwirtschaftlichen Betrieb, mehrere Grundstücke sowie ein Fuhrunternehmen.

Auf den nachgelassenen Flurstücken X, Y und Z der Flurnr.160 wird seit dem Jahre 1880 Sand abgebaut. Der abgebaute Sand wird verkauft und mit Hilfe des Fuhrunternehmens abtransportiert. Die Flurstücke X, Y und Z sowie das Fuhrunternehmen verpachtete die Klägerin im Jahre 1979 an ihren Sohn.

Seit 1979 führte die Klägerin nur noch den landwirtschaftlichen Betrieb fort. Zu diesem Betrieb gehörten auch die an einen Friedhof angrenzenden Flurstücke a, b und c der Flurnr.160. Ein im Jahre 1967 aufgestellter Flächennutzungsplan und der im Jahre 1973 beschlossene Bebauungsplan wiesen diese Flurstücke als Friedhofserweiterungsgelände aus.

Nachdem Verhandlungen über den Ankauf der betreffenden Grundstücke ergebnislos verlaufen waren, beantragte die Stadtgemeinde A 1975 die vorzeitige Besitzeinweisung und Enteignung des Flurstücks c. Im Oktober 1975 einigten sich die Stadtgemeinde A und der Ehemann der Klägerin in einer Teileinigung i.S. des § 111 des Bundesbaugesetzes (BBauG) über den Übergang des Besitzes an dem Flurstück c. Auf die noch festzusetzende Entschädigung zahlte die Stadtgemeinde A dem Ehemann der Klägerin einen Mindestbetrag in Höhe von ... DM in bar. Einen weiteren Betrag in Höhe von ... DM hinterlegte die Stadtgemeinde zur Sicherung der Ansprüche des Ehemannes der Klägerin bei Gericht. 1976 stellte die Stadtgemeinde A einen weiteren Antrag auf Enteignung auch der Flurstücke a und b. Im Februar 1980 (Streitjahr) einigten sich die Klägerin und die Stadtgemeinde dahingehend, daß das Eigentum an allen drei - insgesamt ... qm großen - Grundstücken gegen Zahlung einer Entschädigung von ... DM auf die Stadtgemeinde übergehen solle. Von dem Gesamtbetrag der Entschädigung sollten nach dem Vertrag auf die Übertragung des Grund und Bodens ... DM je Quadratmeter und der Rest auf die in den Grundstücken enthaltenen Bodenschätze (Sand) entfallen. Die aufgrund der Teileinigung gezahlten ... DM und die hinterlegten, 1980 freigegebenen ... DM wurden auf die Entschädigungssumme angerechnet.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah in der Entschädigung für das Sandvorkommen außerordentliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb und zog diese in Höhe von ... DM zur Einkommensteuer heran. Das gegen den Einkommensteuerbescheid vom ... - geändert durch Bescheid vom ... - gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Das FA erhöhte vielmehr die außerordentlichen Einkünfte auf ... DM.

Die Klage hatte teilweise - und zwar hinsichtlich der Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte - Erfolg. Das Finanzgericht (FG) setzte die außerordentlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Entschädigung für Sandvorkommen) auf ... DM fest. Es vertrat die Auffassung, daß die Klägerin trotz der Verpachtung ihres Gewerbebetriebs - des Fuhrunternehmens - an ihren Sohn Gewerbetreibende geblieben sei (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. November 1963 GrS 1/63, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124). Die ihr für das Sandvorkommen gewährte Entschädigung stelle deshalb einen in einem Gewerbebetrieb erzielten Gewinn dar. Zwar bilde ein Bodenschatz mit dem Grund und Boden zunächst eine Einheit und sei deshalb kein selbständiges - vom Grund und Boden zu unterscheidendes - Wirtschaftsgut. Ein Bodenschatz werde aber dann, wenn der Eigentümer über ihn verfüge, zu einem selbständigen Wirtschaftsgut. Das sei der Fall, wenn der Bodenschatz zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht werde, d.h., wenn mit der Aufschließung begonnen werde oder mit ihr zu rechnen sei. Der so zum Wirtschaftsgut gewordene Bodenschatz bilde notwendiges Betriebsvermögen des Abbaubetriebs. Der in den Flurstücken a, b und c lagernde Sand sei Teil des gewerblichen Betriebsvermögens der Klägerin gewesen, weil er - wie der Ehemann der Klägerin immer wieder betont habe - abgebaut werden sollte. Durch die im Enteignungsverfahren über das Sandvorkommen gewährte Entschädigung sei die Klägerin wirtschaftlich so gestellt worden, als hätte sie den Sand tatsächlich verkauft. Gemäß § 24 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehörten zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährt worden seien.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie verweist auf die BFH-Urteile vom 7. Dezember 1989 IV R 1/88 (BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317) und vom 6. Dezember 1990 IV R 3/89 (BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346) und macht im wesentlichen geltend, bei den Sandvorkommen handele es sich um zwei Wirtschaftsgüter, und zwar um das Sandvorkommen des Flurstücks c und das der Flurstücke a und b. Das Sandvorkommen des Flurstücks c sei im Zeitpunkt der der Enteignung vorausgegangenen Teileinigung und Besitzeinweisung konkretisiert worden und bereits 1975 auf die Stadtgemeinde übergegangen. Denn in diesem Jahr sei die Stadtgemeinde wirtschaftliche Eigentümerin des Grundstücks geworden, da 1975 Besitz, Nutzen und Lasten auf sie übergegangen sei. Die Stadtgemeinde habe - wie die Niederschrift über eine mündliche Verhandlung vor der Enteignungsbehörde vom Juni 1978 zeige - das Grundstück c schon vor der Übertragung für Friedhofszwecke hergerichtet. Auch hinsichtlich des Sandvorkommens der Grundstücke a und b liege der Konkretisierungszeitpunkt vor dem Streitjahr. Die Klägerin verweist hierzu auf ein Schreiben der Enteignungsbehörde vom Februar 1979, mit dem die Beteiligten des Enteignungsverfahrens zur Stellungnahme zu diversen Vorschlägen aufgefordert worden waren. Im übrigen sei sie - die Klägerin - an einer gewerblichen Ausbeutung der Sandvorkommen durch den 1973 rechtskräftig festgestellten Bebauungsplan gehindert gewesen. Auf die Erschließung und Ausbeutung des Sandvorkommens gerichtete Handlungen gebe es nicht. Die in verschiedenen Schriftsätzen vorgetragenen Absichten seien unbeachtlich, da ihnen rechtliche Hindernisse entgegengestanden hätten.

Das FA trägt u.a. vor, die Klägerin könne nicht mit Erfolg einwenden, daß der Bodenschatz nicht dem Betriebsvermögen, sondern dem Privatvermögen zuzurechnen sei. Wenn die Klägerin vortrage, das Sandvorkommen sei noch nicht realisiert worden, weil es wegen des 1973 beschlossenen Bebauungsplanes nicht abgebaut werden dürfe, verkenne sie, daß der Bodenschatz schon vor diesem Zeitpunkt ein eigenständiges Wirtschaftsgut gewesen sei, welches zu ihrem Betriebsvermögen gehört habe. Es habe schon immer die Absicht bestanden, das Sandvorkommen im Rahmen des Sandabbauunternehmens zu verwerten. Die Klägerin könne sich deshalb auch nicht auf die BFH-Urteile in BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317 und in BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346 berufen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat einen Teil des bei der Veräußerung der Flurstücke c, a und b an die Stadtgemeinde A erzielten Kaufpreises als Entgelt für ein Wirtschaftsgut Sandvorkommen angesehen, von dem es annimmt, daß es im Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs geführt worden sei. Dem ist nicht zu folgen.

a) Bodenschätze, zu denen auch Sand- und Kiesvorkommen (sog. Grundeigentümermineralien, s. BFH-Urteil vom 28. Oktober 1982 IV R 73/81, BFHE 137, 32, BStBl II 1983, 106) gehören, bilden bürgerlich-rechtlich und steuerrechtlich mit dem Grund und Boden eine Einheit, solange sie im Boden lagern und nicht abgebaut werden. Sie stellen kein besonderes vom Grund und Boden getrenntes Wirtschaftsgut dar. Solange der Eigentümer den zum Grund und Boden gehörenden Bodenschatz nicht selbst nutzt oder durch einen anderen nutzen läßt, ist dieser einer selbständigen Bewertung nicht zugänglich und damit ertragsteuerlich ohne Bedeutung. Als Wirtschaftsgut greifbar und damit zum Wirtschaftsgut im einkommensteuerlichen Sinne wird der Bodenschatz erst dann, wenn der Eigentümer über ihn verfügt, indem er ihn zu verwerten beginnt. Dies ist der Fall, wenn der Bodenschatz in den Verkehr gebracht wird, d.h., wenn mit seiner Aufschließung begonnen wird oder mit ihr zu rechnen ist (BFH-Urteile vom 1. Juli 1987 I R 197/83, BFHE 150, 534, BStBl II 1987, 865; vom 14. Oktober 1982 IV R 19/79, BFHE 137, 255, BStBl II 1983, 203, m.w.N.).

Eine Verselbständigung des Bodenschatzes tritt nach dem BFH-Urteil in BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317 z.B. dann ein, wenn ein Abbauunternehmen das den Bodenschatz enthaltene Grundstück erwirbt und einen Kaufpreis nicht nur für das Grundstück, sondern auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz zahlt. Voraussetzung für eine Verselbständigung ist hiernach, daß mit dem Verkauf des Grundstücks das Ziel des Abbaus verfolgt wird. Eine Konkretisierung des Kies- oder Sandvorkommens als selbständiges Wirtschaftsgut wird dagegen verneint, wenn eine behördliche Genehmigung, wie z.B. nach § 3 Abs. 1 des Abgrabungsgesetzes, zum Abbau erforderlich ist und diese Genehmigung nicht erteilt wird. Ebensowenig kann daher eine Konkretisierung dann eintreten, wenn beim Verkauf bereits feststeht, daß ein Abbau wegen der in einem Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan festgelegten Verwendung der fraglichen Grundstücke rechtlich nicht möglich und vom Erwerber auch nicht beabsichtigt ist.

Daraus folgt für den Streitfall, daß die Voraussetzungen für die Annahme eines gegenüber dem Grund und Boden selbständigen Wirtschaftsguts Sandvorkommen nicht gegeben sind. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG wies der 1967 aufgestellte Flächennutzungsplan und der 1973 beschlossene Bebauungsplan die veräußerten Grundstücke als Friedhofserweiterungsgelände aus. Allein zur Nutzung für diese Zwecke hat die Stadtgemeinde A die strittigen Grundstücke von der Klägerin erworben.

Auch der Umstand, daß der Wert des Sandvorkommens als Faktor bei der Berechnung des Kaufpreises eine wesentliche Rolle gespielt hat, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Wie in dem vom BFH mit Urteil in BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317 entschiedenen Fall muß auch hier davon ausgegangen werden, daß die Klägerin den Mehrpreis nicht für ein bereits vorhandenes Wirtschaftsgut Sandvorkommen, sondern für eine entgehende Nutzungsmöglichkeit erzielt hat, die sich noch nicht zu einem selbständigen Wirtschaftsgut entwickelt hatte.

b) Weiter hat das FG verkannt, daß die Klägerin die Entschädigung unter Einsatz des zu ihrem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden einheitlichen Wirtschaftsgut Grund und Boden erzielt hat. Ein entsprechender Veräußerungsgewinn kann daher nicht den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet werden. Nach den Feststellungen des FG gehörten die veräußerten Grundstücke zum Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs der Klägerin und wurden landwirtschaftlich genutzt. Daraus folgt weiter, daß der strittige Erlös, da er im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs angefallen ist, bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen ist.

c) Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Sache ist deshalb nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen.

2. Das FG wird bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung zu prüfen haben, ob und in welchem Umfang der erzielte Veräußerungserlös im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu besteuern ist. Es wird dabei auch der Frage nachzugehen haben, ob der Ehemann der Klägerin, wie im Revisionsverfahren vorgetragen, bereits im Jahre 1975 das wirtschaftliche Eigentum an dem Flurstück c auf die Stadtgemeinde A übertragen hat. Die Besitzeinweisung im Rahmen eines Enteignungsverfahrens oder eine vergleichbare behördliche Maßnahme durch die der Enteignungsberechtigte uneingeschränkt in den Besitz des Grundstücks eingewiesen wird, könnte bereits zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums führen, da Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Enteignungsberechtigten übergehen (BFH-Urteil vom 25. November 1975 VIII R 262/72, BFHE 117, 534, BStBl II 1976, 293; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, B 206). Hieraus könnten sich Auswirkungen auf die Höhe des im Streitjahr entstandenen Veräußerungsgewinns ergeben.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 473

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