Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von ,,Netzwerk-Komponenten"

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Tarifierung von ,,Netzwerk-Komponenten".

2. Geräte mit Datenübertragungsfunktion im Rahmen einer Gesamtanlage für die drahtgebundene Fernübertragung haben, auch wenn sie für sich gesehen Datenverarbeitungen vornehmen, nicht die Beschaffenheit von ,,Einheiten automatischer Datenverarbeitungsmaschinen" im zolltariflichen Sinne. Entsprechend ihrer - anderen - Funktion (Datenübertragung) sind sie als ,,elektrische Geräte für die drahtgebundene Telegraphentechnik" einzureihen; unmaßgeblich ist, wie weit die Fernübertragung reicht und ob sie innerhalb eines öffentlichen Netzes stattfindet.

 

Normenkette

KN Unterpos. 8517 8200; KN Pos. 8471; KN Anm. 5 B zu Kap. 84

 

Tatbestand

Die beklagte Oberfinanzdirektion (OFD) erteilte der Klägerin sechs verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) . . . über näher beschriebene Netzwerk-Komponenten, elektrische (Tisch-)Geräte, die bei der drahtgebundenen, nicht trägerfrequenten Übertragung von Daten zwischen Computern und peripheren Datenendgeräten innerhalb lokaler Netzwerke eingesetzt werden. Bei den Geräten, die sämtlich in die Unterposition 8517 8200 der Kombinierten Nomenklatur (KN) - nicht trägerfrequente elektrische Geräte für die drahtgebundene Telegraphentechnik - eingereiht wurden, handelt es sich um unterschiedliche Verbindungseinheiten, ,,Multiplexer", ,,Bridge", ,,Server" und drei verschiedene ,,Repeater". Die von der Klägerin erstrebte Tarifierung als Einheiten automatischer Datenverarbeitungsmaschinen - Position 8471 - lehnte die OFD ab. Die Netzwerk-Komponenten könnten zwar an eine automatische Datenverarbeitungsmaschine angeschlossen werden und mit ihr zusammenarbeiten, übten aber eine eigene, nicht die Datenverarbeitung betreffende Funktion aus (Datenübertragung). Sie seien speziell für ,,Ethernet"-Netzwerke konzipiert, lokale Kommunikationseinrichtungen für die drahtgebundene Fernübertragung von Informationen zwischen ,,Einheiten", wobei die Informationen über Sender / Empfänger, Kabel und die Netzwerk-Komponenten ausgetauscht würden.Hiergegen macht die Klägerin im wesentlichen geltend, alle Geräte erfüllten typische Funktionen der Datenverarbeitung und entsprächen den zolltariflichen Erfordernissen für Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten. Die Geräte behandelten, je nach Gerätetyp unterschiedlich, eingehende Daten (Prüfung, Steuerung, Speicherung); ihre Aufgabe sei nicht die Übertragung (das Senden) von Daten. ,,Bridge" und ,,Server" seien unvollständige digitale Maschinen (,,Rechner" ohne Ein- und Ausgabeeinheit), ,,Multiplexer" und ,,Repeater" Einheiten mit Verbindungsfunktion (,,Steuereinheiten"). Verwendbar seien alle Geräte nur mit Rechner und übrigen Einheiten. Zwar ermöglichten oder erleichterten die Geräte die Übertragung von Informationen zwischen Zentraleinheiten bzw. zwischen diesen und peripheren Einheiten, doch handele es sich dabei nicht notwendig um Fernübertragung.

Die OFD trägt vor, die hier zutreffende Position 8517 erfasse nicht nur Sender und Empfänger, sondern alle speziell für die drahtgebundene Telegraphentechnik bestimmten Geräte. Die Zuordnung zu Position 8517 werde nicht dadurch beeinflußt, daß die Netzwerk-Komponenten im Rahmen ihrer Nachrichtenübertragungsfunktion Daten prüften, speicherten und aufbreiteten; diese Tätigkeiten seien Bestandteil der gesicherten fehlerfreien Übertragung zwischen den Netzwerkstationen. Wegen ihrer auf die Datenübertragung festgelegten Konzeption seien die Netzwerk-Komponenten keine ihrer Beschaffenheit nach als Teil für ein ,,System" bestimmten Einheiten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen vZTA sind nicht zu beanstanden. Wie darin festgestellt, sind die Netzwerk-Komponenten Geräte für die drahtgebundene Telegraphentechnik.

,,Bridge" und ,,Server" sind keine (unvollständigen) Datenvearbeitungsmaschinen. Denn wenn sie sich nur als ,,Rechner" oder - wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt - als ,,ausgelagerte Teile ursprünglicher Zentraleinheiten" darstellen, fehlen ihnen die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale vollständiger Datenverarbeitungsmaschinen, die mindestens noch Ein- und Ausgabefunktionen aufweisen müssen (vgl. Allgemeine Vorschrift 2 a; Erläuterungen Harmonisiertes System - ErlHS - zu Position 8471 Rz. 04.0).

Die Erzeugnisse sind auch keine ,,Einheiten".

Einheiten automatischer Datenverarbeitungsmaschinen, solche von Systemen, aber auch von Kompaktgeräten (dazu Senat, Urteil vom 26. November 1985 VII K 19/84, BFHE 145, 280, 283), müssen dem Grunderfordernis nach Anmerkung 5 B b zu Kapitel 84 entsprechen. Sie müssen also ihrer Beschaffenheit nach als Teil für ein solches System bestimmt sein (,,spécifiquement conçue" bzw. ,,specifically designed" nach dem französischen und englischen Wortlaut des Zolltarifs), und zwar unabhängig von der besonderen Voraussetzung der Systemkompatibilität der durch sie behandelten Daten (Senat, Urteil vom 14. Februar 1989 VII K 14/87, BFH/NV 1989, 677). Maschinen mit eigener (auch nicht selbständiger, aber ,,anderer") Funktion, in die eine automatische Datenverarbeitungsmaschine eingebaut ist, oder die an eine automatische Datenverarbeitungsmaschine angeschlossen werden und mit ihr zusammenarbeiten, gehören nicht zu Position 8471 (Anmerkung 5 B Abs. 3 zu Kapitel 84; ErlHS zu Position 8471 Rz. 07.0, zu Kapitel 84 Rz. 51.0).

Die Netzwerk-Komponenten sind Geräte mit anderer Funktion als der der Datenverarbeitung. Diese andere Funktion schließt es aus, sie als beschaffenheitsmäßig für ein Datenverarbeitungssystem bestimmt anzusehen (vgl. auch Senat, Urteil vom 13. Oktober 1987 VII K 8-9/86, BFHE 151, 260, 262). Sie üben unterschiedliche (Hilfs-)Funktionen bei der Datenübertragung im Rahmen eines lokalen Kommunikationsnetzwerks mit hoher Geschwindigkeit und Radius unter 1,5 km aus (Prospekt). Ihre durch den Zweck der Gesamtanlage bestimmten, nach ihrer Beschaffenheit erkennbaren Funktionen sind keine solchen der Datenverarbeitung (,,Behandeln" von Daten). Unmaßgeblich ist, daß die Netzwerk-Komponenten im Rahmen der Gesamtfunktion, die sie mitausüben, Datenverarbeitungen vornehmen und nicht unmittelbar selbst zur Übertragung (Senden) von Daten verwendbar sein mögen (vgl. Anmerkung 5 B Abs. 3 zu Kapitel 84). Maßgebend ist vielmehr die nicht in Datenverarbeitung bestehende Gesamtfunktion, die datenverarbeitende Zwischenfunktionen zurücktreten läßt (dazu Senat, Urteil vom 2. November 1982 VII K 15/81, BFHE 137, 114, 118 - Regelsysteme -; vgl. auch BFH/NV 1989, 677 - Bildverarbeitung -). Daß die Geräte nur mit Rechnern und anderen Einheiten zusammen vewendbar sind, ist, wie sich aus Anmerkung 5 B Abs. 3 zu Kapitel 84 entnehmen läßt, ohne Bedeutung. Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 20. Januar 1989 Rs. 234/87 (EuGHE 1989, 72), auf das die Klägerin sich beruft, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Aus diesem Urteil ergibt sich lediglich, daß die Vorschrift 3 A a (jetzt Anmerkung 5 A a) zu Kapitel 84 nicht ,,dynamisch", entsprechend der technischen Entwicklung, ausgelegt werden darf. Abgesehen davon, daß hier Anmerkung 5 B zu Kapitel 84 maßgebend ist, wird diese zolltarifliche Vorschrift im Wortsinne angewendet, soweit die Netzwerk-Komponenten als Geräte mit eigener (anderer) Funktion beurteilt werden. Inwieweit einzelne Komponenten - was zwischen den Beteiligten streitig ist - für sich betrachtet den Anforderungen von Anmerkung 5 A a zu Kapitel 84 genügen, braucht nicht entschieden zu werden. Nicht erfüllt ist im Hinblick auf die ,,andere" Funktion der Geräte jedenfalls das Beschaffenheitserfordernis von Anmerkung 5 B b zu Kapitel 84. ,,Rechner" bzw. ,,Steuereinheiten" (ErlHS zu Position 8471 Rz. 55.0) liegen damit nicht vor.

Die Netzwerk-Komponenten sind, wie von der OFD festgestellt, nach ihrer Beschaffenheit und der dieser entsprechenden Verwendung elektrische Geräte für die drahtgebundene Telegraphentechnik, nicht für Trägerfrequenzsysteme, der Unterposition 8517 8200. Diese erfaßt zwar insbesondere Sende- bzw. Empfangsgeräte (ErlHS zu Position 8517 Rz. 30.0 ff.; Senat, Urteil vom 29. Juli 1986 VII K 11/85, BFHE 147, 390), doch fallen auch andere speziell für die drahtgebundene Fernmeldetechnik bestimmte elektrische Geräte hierunter (ErlHS, a. a. O., Rz. 02.0). Der Anschluß an ein öffentliches Netz ist nicht erforderlich. Nicht maßgebend ist auch, wie weit die ,,Fernübertragung" räumlich reicht; entscheidend ist nur die Verwendbarkeit für die (drahtgebundene) Telegraphentechnik, die hier vorliegt.

Da die maßgebenden Zolltariflichen Vorschriften keine Auslegungszweifel aufwerfen, vielmehr lediglich eindeutige Vorschriften (vor allem Anmerkung 5 B zu Kapitel 84) anzuwenden sind, ist die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nicht veranlaßt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417998

BFH/NV 1992, 351

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