Leitsatz (amtlich)

Geräte, die aufgrund ihrer Einrichtungen sowohl als Thermokopierapparate als auch als Fernkopierer benutzt werden können, gehören zur Tarifnr.85.13 GZT.

 

Normenkette

GZT Tarifnr 85.13 Tarifst B; GZT Tarifnr 90.10

 

Tatbestand

Die Klägerin beantragte die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für Waren, die sie als Fernkopierer mit thermischer Aufzeichnung bezeichnete und die aus Japan eingeführt werden. Zur Beschaffenheit und Verwendung der Waren machte sie folgende Angaben: Es handle sich um Geräte in verschiedenen Ausführungen (Modelle). Diese unterschieden sich jedoch nur im Dessin, Bedienungskomfort, Preis und in der Qualität. Sie seien thermisch aufzeichnende Kopiergeräte, die bei Bedarf über einen Stecker an das Telefonnetz angeschlossen werden und sodann auch über das Fernsprechnetz Kopien zu gleichartigen Geräten senden und von diesen empfangen könnten. Kernstück der Geräte --auch wertmäßig-- sei eine mechanische Einrichtung zur Ablichtung und Aufzeichnung der Kopien, die wie folgt arbeite: Die Vorlage werde von einer Leuchtstofflampe abgelichtet. Das von der Vorlage im Bildmuster reflektierte Licht werde über einen Spiegel einer Sensorbaugruppe zugeführt und von dieser in elektrische Signale umgewandelt. Die Bildsignale gelangten nach einer entsprechenden Aufbereitung (Verstärkung, Redundanzunterdrückung, Kontrastregulierung, Graustufenkodierung usw.) zum Aufzeichnungssystem. Dieses arbeite thermisch. Im Gerät werde das dazu benötigte Thermopapier bevorratet und über besondere technische Vorrichtungen dem Thermodruckkopf zugeführt, der in Dünnfilmtechnik ausgeführt sei und --modellabhängig-- aus mehr als 1 000 in einer Zeile angeordneten Thermoelementen bestehe. Diese würden über eine besondere technische Vorrichtung (Treiberschaltung) mit den von der Sensorbaugruppe kommenden elektrischen Bildsignalen angesteuert. Durch punktförmige Erhitzung auf etwa 80 Grad Celsius werde das wärmeempfindliche Kopierpapier durch die Thermoelemente im Muster der Bildvorlage geschwärzt. Der gesamte Kopiervorgang werde von einem eingebauten Mikroprozessor überwacht. Eine Kopie werde --modellabhängig-- in etwa 23 Sekunden erstellt.

Alle Modelle seien für den Betrieb im Telefaxdienst der Deutschen Bundespost zugelassen. Zu diesem Zweck seien sie mit einem Datenmodem --einer Sende- und Empfangsvorrichtung-- ausgerüstet. Als Fernkopierer dürften sie aufgrund besonderer --fernmeldetechnischer-- Vorschriften jedoch nur nach Ergänzung um eine sog. Anschalteeinrichtung benutzt werden, die aus einer Reihe von Klemmleisten und Schaltbuchsen bestehe, das elektrische Bindeglied zwischen der Fernsprechanschlußleitung, dem Fernsprechgerät und dem Fernkopierer bilde und bewirke, daß wechselseitig über eine Fernsprechleitung telefoniert oder fernkopiert werden könne.

Die Beklagte (Oberfinanzdirektion --OFD--) wies die Ware in der angefochtenen vZTA der Tarifst. 85.13 B des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu mit der Begründung, die streitbefangenen Geräte seien elektrische Geräte für die drahtgebundene Telegrafentechnik. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Zur Begründung der Klage, mit der die Klägerin eine Zuordnung der Geräte zur Tarifnr. 90.10 GZT anstrebt, wird folgendes ausgeführt:

In dem nach § 35 des Zollgesetzes (ZG) maßgebenden Zeitpunkt könnten die eingeführten Kopiergeräte noch nicht als Fernkopiergeräte benutzt werden. Dazu sei eine Nachrüstung in der Form einer sog. Anschalteeinrichtung erforderlich. Etwa die Hälfte der eingeführten Geräte werde ohne die Nachrüstung vertrieben. Diese Geräte würden nur als Fotokopiergeräte verwendet. Wertmäßig überwiege bei allen Geräten der Anteil der Baugruppen des Fotokopiergeräts gegenüber dem Anteil der telegrafischen Vorrichtungen und zwar --je nach Modell-- im Verhältnis zwischen 86,4 zu 13,5 % bis 67,2 zu 32,8 %.

Die Klägerin beantragt, die vZTA unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, daß die streitbefangenen Waren der Tarifnr. 90.10 GZT zugewiesen würden.

Die OFD beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

1. Die OFD hat die streitbefangenen Waren zutreffend als elektrische Geräte für die drahtgebundene Telegrafentechnik i.S. der Tarifnr. 85.13 GZT angesehen und der Tarifst. 85.13 B GZT zugewiesen. Die Beschaffenheit dieser Geräte ist dadurch gekennzeichnet, daß sie bei Verwendung als Sendegeräte das zu übertragende Dokument (Text oder Bild) in geeignete elektrische Impulse umwandeln oder bei der Verwendung als Empfangsgeräte die elektrischen Impulse empfangen und in einen Abdruck des Originals zurückverwandeln (vgl. Erläuterungen zum Zolltarif --ErlZT-- zu Tarif.85.13 Teil I Rz.32 und 45). Diesen Beschaffenheitsanforderungen entsprechen die streitbefangenen Geräte, wie sich auch aus den Darlegungen der Klägerin ergibt.

2. Daran fehlt es nicht schon deshalb, weil die Geräte zum Anschluß an das Fernsprechnetz noch mit sog. Anschalteeinrichtungen "nachgerüstet" werden müssen. Bei diesen Anschalteeinrichtungen handelt es sich nach den Angaben der Klägerin um Klemmleisten und Schaltbuchsen, mit denen die Verbindung der Geräte mit dem Fernsprechnetz erstellt wird. Auch wenn man diese Einrichtungen als Teile der Geräte ansieht, kann daraus, daß sie den Geräten im maßgebenden Zeitpunkt (§ 35 ZG) nicht beigegeben sind, nicht gefolgert werden, es fehle den Geräten an der für eine Zuordnung zur Tarifnr. 85.13 GZT erforderlichen Beschaffenheit. Die Geräte sind bei dieser Betrachtungsweise als unvollständige oder unfertige Waren anzusehen, die der Tarifnr.85.13 GZT aufgrund der Allgemeinen Tarifierungsvorschrift --ATV-- 2a GZT zuzuweisen sind, da die Waren aufgrund der aufgezeigten Anforderungen an die Beschaffenheit der elektrischen Geräte für die drahtgebundene Telegrafentechnik auch ohne die Einrichtungen die für die Tarifierung wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale haben, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt.

3. Bedenken gegen die Zuordnung der Waren zu Tarifnr. 85.13 GZT ergeben sich auch nicht daraus, daß die Waren nach den Darlegungen der Klägerin auch als Fotokopiergeräte verwendet werden können und auch verwendet werden.

Den Ausführungen der Klägerin ist zwar zu entnehmen, daß die Waren die für Thermokopierapparate i.S. der Tarifnr. 90.10 GZT charakteristischen Einrichtungen besitzen, so daß sie auch die Funktion dieser Apparate zu erfüllen vermögen. Diese Funktion ist vor allem darin zu erblicken, daß durch Kontakt einer wärmeempfindlichen Unterlage mit dem zu kopierenden Dokument ein Abdruck des Originals geschaffen wird (vgl. ErlZT zu Tarifnr. 90.10 Teil I Rz.41 ff.). Allein daraus, daß die Waren auch die Einrichtungen für diese Funktion besitzen und infolgedessen auch als Thermokopierapparat verwendet werden können, rechtfertigt aber noch nicht die Schlußfolgerung, sie seien --etwa aufgrund der Vorschrift 1l zu Abschn.XVI GZT-- von Kap.85 ausgeschlossen und der Tarifnr. 90.10 GZT zuzuweisen.

Zur Tarifierung müssen alle tariflich bedeutsamen Merkmale berücksichtigt werden, die die streitbefangenen Waren im maßgebenden Zeitpunkt aufweisen. Die Zuordnung zu einer im Tarif genannten Warenart, für die es nur auf einen Teil der eine Ware kennzeichnenden und tariflich bedeutsamen Beschaffenheitsmerkmale ankommt, wird der Tarifierung nach dem GZT nicht gerecht. Maßgebend ist danach die im Tarif genannte Warenart, der die Ware unter Berücksichtigung aller tariflich bedeutsamen Beschaffenheitsmerkmale zugeordnet werden kann. Sofern dazu auch Beschaffenheitsmerkmale gehören oder gehören können, die eine andere im GZT besonders genannte Warenart kennzeichnen, nimmt die auch noch durch weitere Beschaffenheitsmerkmale gekennzeichnete Warenart sie grundsätzlich in sich auf mit der Folge, daß die zuerst genannten Beschaffenheitsmerkmale für die Zuordnung einer Ware keine selbständige Bedeutung mehr erlangen können. Dieser für die Tarifierung zu beachtende Grundsatz, daß eine Ware der im Tarif genannten Warenart zuzuordnen ist, der sie unter Beachtung aller für die Tarifierung maßgebenden Beschaffenheitsmerkmale zugewiesen werden kann, hat in der ATV 3a GZT Ausdruck gefunden, nach der die Waren der Tarifnummer mit der genaueren Warenbezeichnung zuzuordnen sind.

Danach ist im Streitfall die Tarifnr.85.13 GZT --elektrische Geräte für die drahtgebundene Telegrafentechnik-- für die Tarifierung maßgebend, da es für die Zuordnung zu dieser Tarifnummer auch auf die Beschaffenheitsmerkmale der streitbefangenen Waren ankommt, die sich daraus ergeben, daß die Geräte zur Fernübertragung benutzt werden können.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob Waren auch dann zu den Geräten für die drahtgebundene Telegrafentechnik i.S. der Tarifnr. 85.13 GZT gehören können, wenn sie nicht mit Einrichtungen ausgestattet sind, die Thermokopierapparate oder entsprechende Geräte kennzeichnen. Auch wenn das zutrifft und wenn in diesen Fällen eine Fernübertragung unter Verwendung eines selbständigen Thermokopierapparates oder einer entsprechenden Einrichtung, die der Tarifnr. 90.10 GZT zuzuweisen ist (vgl. ErlZT zu Tarifnr. 85.13 Teil I Rz.46), durchgeführt wird, so spricht das nicht gegen eine Zuordnung der streitbefangenen Waren zur Tarifnr. 85.13 GZT. Maßgebend für die Tarifierung im Streitfall ist insoweit, daß sie Geräte betrifft, die sowohl die Einrichtungen für das Kopieren als auch die für die Fernübertragung enthalten, daß diese Einrichtungen also nicht jeweils in selbständigen Waren enthalten sind. Dieser Sachlage wird es nicht gerecht, wenn die Ware bei der Tarifierung so behandelt würde, als bestünde sie nur aus den Einrichtungen, die Thermokopierapparate kennzeichnen.

4. Da die streitbefangenen Waren der Tarifst. 85.13 B GZT zuzuweisen sind, weil sie aufgrund ihrer Beschaffenheitsmerkmale zur Tarifnr. 85.13 GZT gehören, kommt es für die Tarifierung im Streitfall nicht darauf an, welche Bedeutung die in den Geräten enthaltenen Einrichtungen, die Thermokopierapparate kennzeichnen, --insbesondere auch wertmäßig-- gegenüber den anderen Einrichtungen haben. Ohne Bedeutung ist danach auch, daß die Geräte als Fotokopierapparate benutzt werden und in welchem Umfang eine derartige Verwendung erfolgt.

5. Die Entscheidung über die Zuordnung der streitbefangenen Waren zur Tarifnr.85.13 GZT gibt zu Zweifeln, die zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verpflichten (vgl. EuGH-Urteil vom 6.Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 82, 3415) keinen Anlaß.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61347

BFHE 147, 390

BFHE 1987, 390

HFR 1987, 33-33 (ST)

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