Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Gewährung von Zuschüssen im Sinne des § 7 c EStG 1949 durch eine Körperschaft an nahe Verwandte von Gesellschaftern ist eine verdeckte Gewinnausschüttung im allgemeinen nicht gegeben, wenn mit Hilfe der Zuschüsse nicht Wohnungen für die Gesellschafter, sondern für andere Personen geschaffen werden.

 

Normenkette

KStG § 6/1/2; EStG §§ 7c, 20/1/1

 

Tatbestand

Durch Vertrag vom 7. Juli 1949 hat die Beschwerdeführerin (Bfin) - GmbH - sich verpflichtet, an die Mutter ihrer beiden Gesellschafter, die mit je 50 % am Stammkapital beteiligt und auch Geschäftsführer der Gesellschaft sind, Frau A., für den Bau von zwei Einfamilienhäusern mit Einliegerwohnungen verlorene Baukostenzuschüsse bis zu 60.000 DM zu geben. Frau A., übernahm die Verpflichtung, die neu erstellten Wohnungen an Angestellte der Bfin. für Entgelte zu vermieten, die sich in den behördlich vorgeschriebenen Grenzen halten und die Sätze nicht überschreiten, die für die Deckung der Kosten gerechtfertigt und notwendig sind. Noch im Jahre 1949 gab die Bfin. an Frau A. einen verlorenen Baukostenzuschuß von 50.000 DM.

Durch Bescheid vom 13. März 1951 nahm das Finanzamt die Bfin. für nichtabgeführte Kapitalertragsteuer im Betrage von 16.666,67 DM als Haftende in Anspruch. Das Finanzamt erkannte zwar an, daß die hingegebenen 50.000 DM nach § 7 c des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949 vom körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der Firma abgezogen werden können, stellte sich jedoch unter Bezug auf Ziffer 7 e des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 17. November 1949 (Ministerialblatt des Bundesministeriums der Finanzen - MinBlFin. - 1949 S. 8, Steuer- und Zollblatt - StuZBl. - 1949 S. 443) auf den Standpunkt, daß die 50.000 DM, die einer Angehörigen der beiden Gesellschafter im Sinne des § 10 Ziffer 3 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) zugedacht waren, nach den Grundsätzen über die verdeckte Gewinnausschüttung (ß 6 des Körperschaftsteuergesetzes - KörpStG -) Kapitaleinkünfte der Gesellschafter darstellten, von denen die Bfin. nach den §§ 43, 44 EStG den Steuerabzug vom Kapitalertrag in Höhe von 25 v. H. hätte einbehalten und abführen müssen. Einer mit ihren Gesellschaftern nicht verwandten unbeteiligten dritten Person hätte die Bfin. den Zuschuß nicht gegeben.

Die Bfin. wandte hiergegen ein, daß die Heranziehung des bei ihr steuerbefreiten Zuschusses als Einkünfte aus Kapitalvermögen bei den Gesellschaftern dem Zwecke des § 7 c EStG widerspreche, der die Förderung des Wohnungsbaues durch die Gewährung steuerlicher Vergünstigungen erstrebe. Die als Betriebsausgaben absetzbaren Zuschüsse könnten schon begrifflich nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen angesehen werden, wodurch ihre Heranziehung zur Einkommensteuer bei der Empfängerin oder den Gesellschaftern entfalle.

Einspruch und Berufung waren ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung folgendermaßen.

In der Literatur werde die Ansicht der Bfin. vertreten. Das Finanzgericht vermöge ihr aber nicht beizupflichten. Der Zuschuß sei in dem Gesellschafterverhältnis der beiden Söhne der Frau A. begründet. Es spreche allerdings ein gewisses Betriebsinteresse mit, da die mit den Zuschüssen erstellten Wohnungen an Arbeitnehmer der Bfin. zu vermieten seien unter Bindung der Zuschußempfängerin an bestimmte, den Arbeitnehmern günstige Grundsätze bei der Festlegung der Mieten. Immerhin bleibe der Vorteil der unentgeltlichen Kapitalübertragung so bedeutend, daß die Gesellschaft einen solchen Vorteil dritten Personen nicht würde gewährt haben. Es sei somit eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben.

Die Steuerbefreiung der umstrittenen Beträge durch § 7 c EStG 1949 bei der Gesellschaft stehe ihrer Besteuerung bei den Gesellschaftern nicht entgegen. Das Gesetz habe nur den Zuschußgeber begünstigt, nicht auch den Zuschußempfänger. Der der Mutter der beiden Gesellschafter zugewandte Betrag von 50.000 DM stelle in Höhe von je 25.000 DM bei den beiden Gesellschaftern ausgeschütteten Gewinn dar. Im übrigen habe der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung I 71/51 S vom 7. August 1951 (Bundessteuerblatt - BStBl. - Teil III S. 176, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen - Bay. FMBl. - S. 684) die gleichen Grundsätze ausgesprochen.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Firma weist erneut darauf hin, daß der Zuschuß nicht an die Gesellschafter, sondern an die Mutter der Gesellschafter gegeben sei. § 7 c sei auch dann anzuwenden, wenn ein Steuerpflichtiger (Stpfl.) an seine nahen Verwandten, mit denen er nicht zusammen veranlagt werde, einen Zuschuß gebe. Frau A. sei Eigentümerin einer Grundstücksfläche von 23.000 qm. Man habe ihr den Zuschuß gegeben, um die Kosten des Bauplatzes zu sparen. Beachtlich sei auch § II Absatz 2 der Einkommensteuer-Durchführungsbestimmungen (EStDB) 1949, wonach die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der mit den Zuschüssen angeschafften oder hergestellten Gebäude sich um den Betrag der Zuschüsse minderten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat hält an den Grundsätzen seiner Entscheidung I 71/51 S vom 7. August 1951 fest. Es mag zutreffen, daß auf diese Weise mit Rücksicht auf den hohen Steuertarif Bauzuschüsse, die von Kapitalgesellschaften an ihre Gesellschafter gegeben werden, ihren Zweck nicht erfüllen können. Aber es darf nicht übersehen werden, daß Gewerbetreibende, die den Gewinn ihrem Betrieb entnehmen und mit diesen Geldern Wohnungen für sich selbst herstellen, die Vergünstigung des § 7 c EStG 1949 nicht genießen. Der entnommene Gewinn muß versteuert werden, und für den Wohnungsbau können lediglich die Vergünstigungen des § 7 b EStG 1949 in Anspruch genommen werden. Die gleichen Steuern werden vom Gesellschafter einer Körperschaft erhoben. Es besteht hier gegenüber dem allgemeinen Steuerrecht eine Vergünstigung insoweit, als die Zuschußbeträge vom Gewinn der Gesellschaft abgesetzt werden können und auf diese Weise die sonst bei Gesellschaften gegebene Doppelbesteuerung bei der Gesellschaft und dem Gesellschafter in Wegfall kommt.

Eine Gewinnausschüttung ist nicht gegeben, wenn die Gewährung des Zuschusses nicht in der Gesellschaftereigenschaft des Empfängers, sondern in anderen Erwägungen begründet ist. Das kann der Fall sein, wenn der nur mit einem verhältnismäßig niedrigen Anteil beteiligte Gesellschafter gleichzeitig Angestellter der Körperschaft ist und des weiteren, wenn eine Körperschaft allgemein in beachtlichem Umfange an dritte Personen zur Beseitigung der Wohnungsnot Zuschüsse und unverzinsliche Darlehen gibt und sich hierunter auch Gesellschafter befinden. Ohne Bedeutung ist es, ob die ausgeschütteten Beträge aus Gewinnen oder Reserven entnommen werden (Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I A 19/36 vom 28. April 1936, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1936 S. 770; I A 202/35 vom 13. April 1937, RStBl. 1937 S. 583).

Im vorliegenden Falle wurden die Gelder an die Mutter der beiden Gesellschafter gegeben. Die Vorbehörden haben zutreffend die Auffassung vertreten, daß eine Gewinnausschüttung auch dann vorliegt, wenn die Beträge den Gesellschaftern nicht unmittelbar zufließen, die Hingabe an dritte Personen aber eine mittelbare Zuwendung an die Gesellschafter bildet. Für die Anwendung dieser Grundsätze auf die Fälle des § 7 c EStG ist jedoch folgendes zu beachten.

Wie die Rb. ausführt, erkennen Rechtsprechung und Verwaltung (Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 303/51 U vom 6. März 1952, und Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1950 Abschnitt 74 Absatz 1) an, daß auch bei Hingabe eines Zuschusses an nahe Verwandte bei natürlichen Personen die Voraussetzungen des § 7 c EStG erfüllt sind. Im Gegensatz zu der sonst üblichen Betrachtung wird hier zwischen dem Zuschußgeber und seinen Verwandten unterschieden und der nahen verwandtschaftlichen Beziehung keine rechtliche Bedeutung zugemessen. Dieser Betrachtung kann auch bei Beurteilung der Frage der verdeckten Gewinnausschüttung von Körperschaften die Bedeutung nicht abgesprochen werden. Wird der Zuschuß an die Mutter der Gesellschafter nicht im Interesse der Gesellschafter, d. h. im eigenen Wohninteresse der Gesellschafter, sondern zur Gewinnung einer Wohnung für die Mutter oder für andere Angestellte der Gesellschaft gegeben. So liegt nach dem Zweck des § 7 c EStG 1949, der auf die Förderung des Wohnungsbaues gerichtet ist, keine mittelbare Zuwendung an die Gesellschafter und damit keine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die nahen Verwandten werden dritten Personen, zu denen keine verwandtschaftlichen Beziehungen bestehen, gleichgestellt. Würde bei der Zuwendung an dritte Personen eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht angenommen werden, so kann dies auch dann nicht geschehen, wenn es sich um nahe Verwandte handelt.

Die Unterlagen lassen nicht erkennen, ob die zu schaffenden Wohnungen für die Gesellschafter-Geschäftsführer oder andere Personen bestimmt sind. Die Vorentscheidung muß aufgehoben und die Sache zur erneuten Würdigung an das Finanzgericht zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407377

BStBl III 1952, 119

BFHE 1953, 302

BFHE 56, 302

BB 1952, 311

DB 1952, 547

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