Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Kapitalertragsteuerpflicht der Zuschüsse, die von Körperschaften an ihre Gesellschafter zur Förderung des Wohnungsbaues nach § 7c EStG 1949 gewährt werden.

 

Normenkette

EStG §§ 7c, 43/1/1

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin - Bfin. - (GmbH) gewährte im Jahre 1949 ihrem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer Zuschüsse für den Bau eines Wohnhauses in Höhe von 38.000 DM, die gemäß § 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG) von ihren körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften abgesetzt wurden. Das Finanzamt sah die Zuschüsse als verdeckt ausgeschütteten Gewinn an und forderte mit Haftungsbescheid die Kapitalertragsteuer von der Bfin. an. Diese machte dagegen geltend, sie habe die Zuschüsse an den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht in seiner Eigenschaft als Gesellschafter, sondern als Geschäftsführer gegeben. X. habe sich nach dem Zusammenbruch nach A. zurückgezogen und habe seinen dortigen Ruhesitz, der zerstört gewesen sei, teilweise wieder aufgebaut. Die besonderen Verhältnisse nach dem Kriege hätten die Bfin. jedoch gezwungen, X. darum zu bitten, seinen Wohnsitz wieder nach B. zu verlegen, weil ohne den Einsatz seiner Persönlichkeit an ein Wiederaufleben ihres Geschäftes nicht habe gedacht werden können. Tatsächlich habe sie denn auch ihre Umsätze nach der Rückkehr ihres Geschäftsführers erheblich steigern und ihr Personal vervielfachen können. Angesichts der katastrophalen Wohnungsverhältnisse in B. habe sie X. eine seinen geschäftlichen Aufgaben entsprechende Wohnmöglichkeit verschaffen müssen mit Räumen, in denen er u. a. seine vielen ausländischen Geschäftsfreunde habe aufnehmen können. Hotelraum sei damals in B. noch knapp gewesen. X. habe den Bau der Wohnung nicht nur mit den streitigen Zuschüssen und einem ihm 1951 weiter von ihr gewährten Darlehen von 12.000 DM finanzieren können, sondern dafür auch eigene Mittel verwenden müssen, die er sich durch Aufnahme von zwei Hypotheken verschafft habe. Die Bfin. habe auch anderen Mitarbeitern Zuschüsse gewährt. So habe sie dem Angestellten Y. einen Baukostenzuschuß von 1.500 DM gegeben und dem Prokuristen Z. einen Wohnungszuschuß von 10.000 DM zugesagt.

Das Finanzamt war im Gegensatz hierzu der Auffassung, bei der Höhe der Zuschüsse müsse angenommen werden, daß sie der Empfänger in seiner Eigenschaft als alleiniger Gesellschafter und nicht wegen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer erhalten habe. Es forderte eine Kapitalertragsteuer gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag (KapStDV) von 25 % = 9.500 DM.

Das Finanzgericht entschied über die Berufung auf Grund mündlicher Verhandlung. Die Bfin. trug vor, ihr Geschäftsführer sei wirtschaftlich so gestellt gewesen, daß er auch nach der Währungsreform von seinen Einkünften aus Grundstücken und Wertpapieren hätte leben können. Lediglich im Interesse seiner Firma habe er Ende 1948 seinen Wohnsitz nach B. verlegt. Zu berücksichtigen sei auch, daß X. nicht um den vollen Baukostenzuschuß bereichert sei, da das mit Hilfe des Zuschusses errichtete Haus im Falle seiner Veräußerung höchstens 75.000 DM erbringen würde, die Gestehungskosten aber 100.000 DM betragen hätten.

Das Finanzgericht lehnte die Berufung ab. Auf Grund eingehender Würdigung des Tatbestandes kam es zu der Auffassung, daß der Zuschuß durch die Bfin. lediglich in der Gesellschaftereigenschaft des X. begründet gewesen sei. Der an den Angestellten Y. gegebene Betrag von 1.500 DM sei wegen seiner geringen Höhe nicht wesentlich. Der Zusage an den Angestellten Z. könne keine Bedeutung beigemessen werden. Der Zuschuß sei im Ergebnis nicht gewährt worden. Die Bfin. habe vielmehr ihrem Prokuristen an Stelle des Zuschusses nur eine 5 - prozentige Gewinnbeteiligung eingeräumt, deren Wert hinter dem eines steuerfreien Baukostenzuschusses weit zurückbleibe. Bedeutsam seien auch die verhältnismäßig bescheidenen Gewinne in II/1948 und 1949. Diese hätten nach Abzug des streitigen Zuschusses 11.360 DM (II/1948) und 22.730 DM (1949) betragen. Beachtlich sei, daß X. schon Ende 1948 nach B. gekommen sei.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) wiederholt im wesentlichen das Vorbringen im Berufungsverfahren und führt u. a. folgendes aus: Das Finanzgericht sei offenbar der Auffassung, daß X. seinen Wohnsitz bereits Ende 1948 nach B. verlegt habe. Das sei aber nicht der Fall. Er sei vielmehr erst am 27. Oktober 1949 in B. angemeldet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe aber die Genehmigung durch das Bauamt für das Bauvorhaben schon vorgelegen. Die Firma habe eine außerordentlich günstige Entwicklung genommen. Ohne Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen nach § 7 c wäre für 1950 ein steuerpflichtiger Gewinn von 102,198 DM und für 1951 in Höhe von 91.157 DM erzielt worden. Dies zeige die Bedeutung der Tätigkeit ihres Geschäftsführers und sei ein Beweis dafür, daß der Zuschuß in Höhe von 38.000 DM keinesfalls übersetzt sei. Zu beachten sei auch, daß X. über 50 % der Gesamtkosten für das Bauobjekt aus eigenen Mittel aufgebracht habe.

 

Entscheidungsgründe

Der Rb. muß er Erfolg versagt werden.

Das Finanzgericht ist auf Grund seiner Würdigung des Tatbestandes zu der Ansicht gekommen, daß der Zuschuß an X. nicht in seiner Eigenschaft als Hauptgeschäftsführer, sondern in seiner Eigenschaft als alleiniger Gesellschafter gegeben worden ist. Der nicht voll geklärten Frage des Zeitpunkts der übersiedlung des Gesellschafter-Geschäftsführers nach B. wird man eine wesentliche Bedeutung nicht zumessen können. Im übrigen dürfte eine Tätigkeit als Geschäftsführer in II/1948 und 1949 voraussetzen, daß sich X. schon vor dem 27. Oktober 1949 in beachtlichem Ausmaße in B. aufgehalten hat. Das Finanzgericht konnte zu seiner Auffassung ohne Verstoß nach § 288 der Reichsabgabenordnung (AO) kommen. Ob es zu ihr kommen mußte, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu entscheiden. Die tatsächliche Feststellung des Finanzgerichts in dieser Richtung ist für den Bundesfinanzhof bindend.

Der Senat sieht keine Veranlassung, von der Rechtsprechung hinsichtlich der Steuerpflicht von Gewinnausschüttungen in Form von 7c-Darlehen an Gesellschafter abzuweichen (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 71/51 S vom 7. August 1951, Slg. Bd. 55 S. 439, Bundessteuerblatt - BStBl - III S. 176; I 3/52 U vom 11. März 1952, Slg. Bd. 56 S. 302, BStBl 1952 S. 119). Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs hat sich dieser Rechtsauffassung in den Entscheidungen IV 278/53 U vom 22. Oktober 1953, BStBl III S. 359 und IV 212/53 U vom 19. November 1953, BStBl 1954 III S. 17, angeschlossen. Der Bundesfinanzhof hat in diesen Entscheidungen sich eingehend mit den Einwendungen in der Literatur auseinandergesetzt. Es wird an Stelle größerer Ausführungen auf diese Urteile verwiesen.

Auch der Einwand der Bfin., daß der Zuschuß zweckgebunden sei, kann nicht zum Erfolg führen. Nach § 44 Abs. 2 EStG 1949 unterliegen dem Steuerabzug die vollen Kapitalerträge ohne Abzüge. Es mag zutreffen, daß durch diese Bestimmung in erster Linie verboten ist, Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und Steuern von den Kapitalerträgen abzuziehen. Dem Wesen des Abzugsverfahrens, das ein vereinfachtes Verfahren ist, entspricht es aber auch, dem Steuerabzug den Barbetrag des Zuschusses zugrunde zu legen und keine Teilwertabschreibung zuzulassen.

Im übrigen wäre bei einer Teilwertabschreibung auch zu berücksichtigen, daß dem Zuschußempfänger die Vergünstigung des § 7 b EStG zusteht. Er ist also in der Lage, in den ersten zwei Jahren je 10 % und den weiteren 10 Jahren je 3 % des Zuschußbetrages als Abschreibung bei dem mit dem Zuschuß hergestellten Bauwerk abzusetzen. Des weiteren decken sich im Streitfall die Interessen des Gesellschafters mit den Interessen der Firma. Siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs II 182/52 U vom 10. Dezember 1952, Slg. Bd. 57 S. 101, BStBl 1953 III S. 39.

Die Rb. wird als unbegründet zurückgewiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407908

BStBl III 1954, 221

BFHE 1955, 32

BFHE 59, 32

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