Entscheidungsstichwort (Thema)

Mittelbare Sicherung an inländischem Grundbesitz der von einem Ausländer gegebenen Darlehen

 

Leitsatz (NV)

Die beschränkte Einkommensteuerpflicht der Zinsen aus Darlehen, die mittelbar durch inländischen Grundbesitz gesichert sind, ist nur gegeben, wenn im Zeitpunkt des Zufließens der Zinsen dingliche Sicherung noch besteht. Die Darlehen sind vermögensteuerpflichtig, wenn in dem für die Vermögensteuer maßgeblichen Zeitpunkt diese Sicherung besteht. Die nach Wegfall der dinglichen Sicherung zugeflossenen Zinsen rechnen auch insoweit nicht zu den inländischen Einkünften, als sie für einen Zeitraum berechnet werden, zu dem die dingliche Sicherung der Darlehensforderung nicht mehr bestanden hat.

 

Normenkette

KStG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 S. 1; EStG § 49 Abs. 1 Nr. 5; VStG § 2 Abs. 2; BewG 1965 § 121 Abs. 2 Nrn. 6-7

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Sache ist im zweiten Rechtsgang.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Anstalt Liechtensteinischen Rechts mit Sitz in Vaduz.

Streitig ist die beschränkte Steuerpflicht der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Darlehensgeberin.

Die Klägerin gewährte in den Jahren 1962 bis 1968 und 1971 zwei Inländerinnen verzinsliche Darlehen, denen schriftliche Darlehensverträge zugrunde liegen, die jeweils als ,,Darlehensvertrag mit Faustpfandverschreibung" bezeichnet sind. Sämtliche Verträge enthalten die Verpflichtung der Darlehensnehmerin, der Gläubigerin - der Klägerin - als Sicherheit bestimmte, im einzelnen bezeichnete Grundschuldbriefe zu übergeben.

Im Jahre 1975 leitete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin ein, die Steuererklärungen bisher nicht abgegeben hatte. Aufgrund der Prüfungsfeststellungen behandelte das FA die der Klägerin in den Streitjahren 1964 bis 1974 zugeflossenen Zinsen aus den Darlehen als beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen. Hinsichtlich der hingegebenen Darlehen hielt das FA die Klägerin für beschränkt vermögensteuerpflichtig. Es ergingen für die Streitjahre Körperschaftsteuer- und Vermögensteuerbescheide gegen die Klägerin. Die von ihr erhobenen Klagen hatten im ersten Rechtsgang nur hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1964 Erfolg, weil das Finanzgericht (FG) den Steueranspruch für dieses Jahr als verjährt ansah. Auf die Revisionen der Klägerin und des FA wurden die Entscheidungen des FG mit den Urteilen des erkennenden Senats vom 12. August 1981 I R 10/78 und I R 11/78 aufgehoben und die Sachen an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Das FG hat im zweiten Rechtsgang - nach Verbindung der Körperschaftsteuer- und Vermögensteuersache - Beweis erhoben über die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die genannten Darlehen durch inländischen Grundbesitz, insbesondere durch Abtretung oder Verpfändung von Eigentümergrundschulden, unmittelbar oder mittelbar gesichert und welche Gründe dafür maßgebend waren, daß die Klägerin gegebenenfalls von Anfang an oder zu einem späteren Zeitpunkt auf die Bestellung von dinglichen Sicherheiten für die Darlehen verzichtet hat.

Das FG hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Es sah die Steueransprüche nicht als verjährt an. Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, daß sämtliche Darlehen durch inländischen Grundbesitz gesichert gewesen seien. Das habe die beschränkte Steuerpflicht hinsichtlich der angefallenen Zinsen und der hingegebenen Darlehen ausgelöst.

Gegen das Urteil des FG wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie rügt Verletzung formellen und materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die streitigen Darlehenszinsen der deutschen Körperschaftsteuer und die zugrunde liegenden Darlehen der deutschen Vermögensteuer unterliegen.

1. Als Rechtsgrundlage für die Besteuerung der Zinseinkünfte der Klägerin kommen im Streitfall, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, näher bezeichnete Vorschriften über die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - a. F. i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - in der bis 1964 geltenden Fassung, § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG in der ab 1965 geltenden Fassung) in Betracht. Für die Heranziehung der Darlehen zur Vermögensteuer sind § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 des Vermögensteuergesetzes (VStG) i.V.m. § 77 Abs. 1 Nr. 6 des Bewertungsgesetzes (BewG) a.F., § 121 Abs. 2 Nr. 6 (ab 1974 Nr. 7) BewG n.F. maßgebend. Die Klägerin ist eine Körperschaft, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hat. Nach den angeführten Vorschriften sind die in Rede stehenden Darlehen zur Vermögensteuer, die Zinsen aus diesen Darlehen - die unter § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG einzuordnen sind - zur Körperschaftsteuer heranzuziehen, wenn die Darlehen durch inländischen Grundbesitz oder durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, unmittelbar oder mittelbar gesichert sind. Durch die Möglichkeit des ausländischen Gläubigers der Darlehen, sich mittels der zu ihrer Sicherung bestellten Grundpfandrechte aus inländischem Grundbesitz zu befriedigen, wird ein Rechtszustand geschaffen, als befinde sich das Kapitalvermögen im Inland. Es handelt sich um einen typischen Fall des objektsteuerartigen Charakters der beschränkten Steuerpflicht (vgl. Kessler, Finanz-Rundschau - FR - 1979, 57).

Der Zuordnung der Zinsen als körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG) steht nicht entgegen, daß die Klägerin, wenn sie unbeschränkt steuerpflichtig wäre, wegen ihrer Rechtsform diese Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuern müßte (Anwendung der Subsidiaritätsklausel in § 20 Abs. 3 EStG). Für die Zuordnung beschränkt steuerpflichtiger Einkünfte zu einer bestimmten Einkunftsart sind die Verhältnisse im Inland maßgebend (sog. isolierende Betrachtungsweise, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. März 1970 I R 140/66, BFHE 98, 420, BStBl II 1970, 428, seit dem Veranlagungszeitraum 1974 ausdrückliche Regelung in § 49 Abs. 2 EStG). Die Klägerin könnte sich daher nicht darauf berufen, daß die Zinseinnahmen gewerbliche Einkünfte seien und wegen Fehlens einer Betriebstätte oder eines ständigen Vertreters in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nicht zu den inländischen Einkünften rechneten.

Bei der Vermögensteuer erstreckt sich die Steuerpflicht nur auf das Vermögen, das auf das Inland entfällt (§ 2 Abs. 2 VStG).

2. Im Mittelpunkt des Streits steht die Frage, ob die Darlehen der Klägerin unmittelbar oder mittelbar durch inländischen Grundbesitz gesichert waren. Eine unmittelbare Sicherung im Inland ist gegeben, wenn dem Inhaber des Kapitalvermögens (der Darlehensforderung) und damit dem Gläubiger der Kapitalerträge ein Pfandrecht auf einem inländischen Grundstück bestellt ist, so daß er Befriedigung aus dem Grundstück erlangen kann. Eine mittelbare Sicherung durch inländischen Grundbesitz besteht insbesondere dann, wenn der inländische Schuldner den ausländischen Gläubiger so stellt, daß er ohne weitere Mitwirkung des Schuldners in den Stand gesetzt ist, die Eintragung der dinglichen Sicherung im Grundbuch zu betreiben (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 1961 VI R 76/59 U, BFHE 72, 438, BStBl III 1961, 161 hinsichtlich einer dem Forderungsgläubiger ausgehändigten Eintragungsbewilligung für die Bestellung einer Sicherungshypothek an dem inländischen Grundstück). Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 8. November 1934 III A 317/34 (RStBl 1935, 582) genügt es, wenn eine dingliche Sicherung des ausländischen Gläubigers im wirtschaftlichen Sinn gegeben ist; eine formal-rechtliche Sicherung braucht nicht vorzuliegen. In der Entscheidung vom 9. Januar 1936 III A 246/35 (RStBl 1936, 120) hat der RFH Rechtsbeziehungen zu dem Grundstückseigentümer, die den Gläubiger in die Lage versetzen, sich Befriedigung aus dem Grundstück zu verschaffen, in der Verpfändung eines Hypotheken-(Grundschuld-)Briefs, in der treuhänderischen Verwahrung des Hypotheken-(Grundschuld-)Briefs zugunsten des Gläubigers oder in der Hinterlegung des Briefs in einem für Gläubiger und Schuldner gemeinsamen Depot gesehen.

Es ist unstreitig, daß die Klägerin während der Streitjahre nicht als Gläubigerin der Grundschulden, mit denen die Grundstücke belastet waren, im Grundbuch eingetragen war. Nach den Feststellungen des FG sind in Höhe der von der Klägerin ausgegebenen Darlehen jeweils Grundschulden auf den Namen der Grundstückseigentümer (Eigentümergrundschulden) eingetragen worden. Dem bisher festgestellten Sachverhalt läßt sich nicht entnehmen, daß die Grundstückseigentümer ihre Eigentümergrundschulden zur Sicherung für die erhaltenen Darlehen förmlich auf die Klägerin gemäß § 1192 i.V.m. § 1154 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) übertragen haben, so daß diese Inhaberin der Grundschulden und die Eigentümergrundschulden dadurch zu Fremdgrundschulden geworden wären. Die im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten Darlehensverträge lassen vielmehr erkennen, daß - jedenfalls nach dem Inhalt der abgefaßten Verträge - die Vertragschließenden eine Sicherstellung durch Verpfändung der Eigentümergrundschulden, die als Briefgrundschulden ausgestattet waren, vereinbart haben. Die Darlehensverträge sind als Darlehensverträge ,,mit Faustpfandverschreibung" überschrieben und enthalten jeweils eine Bestimmung, daß die Schuldnerin an die Klägerin einen Grundschuldbrief, der im einzelnen nach Nummer und grundbuchlichen Merkmalen bezeichnet ist, als Sicherheit für die Vertragsdauer übergibt. Auch Eigentümergrundschulden können verpfändet werden (Staudinger / Spreng, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., § 1274 Rdnr. 45). Für die Bestellung eines Pfandrechts an einer Briefgrundschuld genügt eine schriftliche Verpfändungserklärung (Einigung) und die Übergabe des Briefs (§ 1291 i.V.m. § 1274 BGB). Die sich in jedem Darlehensvertrag findende schriftliche Vereinbarung über die Stellung der Sicherheit ist eine gültige Vereinbarung über die Verpfändung der Briefgrundschuld.

Zur wirksamen Verpfändung einer Briefgrundschuld ist außerdem die Übergabe des Grundschuldbriefs erforderlich (§ 1274 BGB). Ist der Gläubiger schon im Besitz des Briefs, genügt die Einigung über die Entstehung des Pfandrechts zugunsten des Gläubigers. Die Übergabe kann dadurch ersetzt werden, daß der Eigentümer - wenn er mittelbarer Besitzer des Grundschuldbriefes ist - den mittelbaren Besitz auf den Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung dem unmittelbaren Besitzer anzeigt. Nach § 1206 BGB genügt die Einräumung des Mitbesitzes, wenn sich der Brief unter dem Verschluß des Gläubigers befindet oder, falls er im Besitz eines Dritten ist, er nur an den Eigentümer und den Gläubiger gemeinschaftlich herausgegeben werden kann. Die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses i.S. des § 930 BGB zwischen Eigentümer und Pfandgläubiger ist, wie sich aus §§ 1205, 1206 BGB ergibt, ausgeschlossen (Wolff / Raiser, Sachenrecht, 10. Bearbeitung, § 175, III 1 a).

Die Rückgabe des Grundschuldbriefs an den Verpfänder oder Eigentümer führt zum Erlöschen des Pfandrechts an der Briefgrundschuld, auch wenn sich der Pfandgläubiger das Fortbestehen des Pfandrechts vorbehält (§ 1278 i.V.m. § 1253 Abs. 1 BGB). Bei Austausch der Pfänder oder Rückgabe an den Pfandgläubiger ist Neubestellung notwendig (Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 13. März 1908 VII 256/07, RGZ 67, 421; Urteil des Oberlandesgerichts - OLG - Celle vom 22. Mai 1953 4 U 25/53, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1953, 1470; Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 42. Aufl., § 1253 Anm. 1). Die Rückgabe des Pfandes wird vermutet, wenn sich der Verpfänder oder Eigentümer im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz der Sache - der nicht durch den Pfandgläubiger vermittelt ist - befindet (§ 1253 Abs. 2 BGB). Die Wirkung des § 1253 BGB tritt auch dann ein, wenn das Pfand nur leihweise zurückgegeben wird oder der Pfandgläubiger das Pfand dem Verpfänder in Verwahrung gibt; das Pfandrecht erlischt sogar, wenn der Gläubiger das Pfand infolge eines Irrtums im Beweggrund oder infolge arglistiger Täuschung an den Verpfänder zurückgegeben hat, alles das unbeschadet einer Pflicht des ehemaligen Verpfänders, das Pfand von neuem zu bestellen (Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, herausgegeben von Mitgliedern des Bundesgerichtshofes - BGB-RGRK -, 12. Aufl., § 1253 BGB Rdnr. 5). Nur wenn der Verpfänder in der Eigenschaft eines ernstlichen und echten Besitzdieners nach § 855 BGB die Pfandsache ausgehändigt erhält, erlischt das Pfandrecht nicht (RGRK, a.a.O., Rdnr. 2).

Im Streitfall sind die Darlehensverträge, die die Vereinbarung über die Verpfändungen der Briefgrundschulden enthalten, in der Schweiz abgeschlossen worden. Entstehen und Bestand von Pfandrechten an den Briefgrundschulden ist aber nicht nach Schweizer Recht, sondern nach deutschem Recht zu beurteilen. Die Verpfändung einer Grundschuld, für die ein Brief ausgestellt ist, gehört zu den sachenrechtlichen Tatbeständen, für die grundsätzlich das Recht des Lageorts maßgebend ist, auch wenn die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung dem ausländischen Recht unterliegt (Palandt, a.a.O., Vorbemerkungen 3 EGBGB 13 (IPR); Martin Wolff, Das internationale Privatrecht, 3. Aufl., S. 180).

Tritt der Sicherungsfall (Pfandreife) ein, kann der Gläubiger, dem die Eigentümergrundschuld verpfändet ist, einen Titel gemäß § 1277 BGB gegen den Grundstückseigentümer erwirken, sie dann pfänden lassen und sich wie jeder andere Pfändungsgläubiger an Zahlungs Statt überweisen lassen. Dadurch wird die Eigentümergrundschuld zur Fremdgrundschuld. Der Pfändungsgläubiger kann nunmehr die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Grundstücks betreiben und auf diese Weise in das Grundstück vollstrecken (vgl. zu Vorstehendem Palandt, a.a.O., § 1197 Anm. 3 b).

3. Die angeführten Vorschriften des bürgerlichen Rechts über das Entstehen, den Bestand und das Erlöschen des Pfandrechts an einer Briefgrundschuld stecken die Grenzen ab, innerhalb welcher es gestattet ist, die Darlehen eines im Ausland ansässigen Gläubigers und die Erträge daraus im Inland der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 2 VStG i.V.m. § 121 Nr. 6 bzw. 7 BewG und nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu unterwerfen. Hauptvoraussetzung ist, daß der Gläubiger im Besitz des Grundschuldbriefes ist. Nur dann ist er - selbst wenn ein wirksames Pfandrecht daran nicht oder nicht mehr bestehen sollte - in der Lage, sich Befriedigung aus dem Grundstück zu suchen.

Nach der Entscheidung des Senats vom 28. März 1984 I R 129/79 (BFHE 141, 131, BStBl II 1984, 620), die zur beschränkten Steuerpflicht der Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG ergangen ist, muß die dingliche Sicherung des Kapitalvermögens in dem Zeitpunkt bestehen, an dem die Einkünfte steuerlich zu erfassen sind. Nach dieser Entscheidung kann die Vorschrift nicht in dem Sinn erweiternd ausgelegt werden, daß Zinseinnahmen zu inländischen Einkünften rechnen, wenn die zugrunde liegende Kapitalforderung zu irgendeinem Zeitpunkt im Inland dinglich gesichert worden ist. Entscheidend ist, ob die dingliche Sicherung im Zeitpunkt des Zuflusses der Zinsen besteht. Die nach Wegfall der dinglichen Sicherung zugeflossenen Zinsen rechnen auch insoweit nicht zu den inländischen Einkünften, als sie für einen Zeitraum berechnet werden, zu dem die dingliche Sicherung der Kapitalforderung nicht mehr bestanden hat.

Die Grundsätze dieser Entscheidung sind entsprechend anzuwenden, wenn die beschränkte Vermögensteuerpflicht des durch inländischen Grundbesitz oder grundstücksgleiche Rechte gesicherten Kapitalvermögens eines Ausländers zu beurteilen ist. Bei dem für die Vermögensteuer nach § 5 VStG geltenden Stichtagsprinzip kommt es darauf an, ob die dingliche Sicherung des Kapitalvermögens zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres vorhanden war.

Das Urteil des erkennenden Senats in BFHE 141, 131, BStBl II 1984, 620 ist erst nach Ergehen der finanzgerichtlichen Entscheidung bekannt geworden. Das FG konnte es daher bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen. Es entspricht nicht der Rechtsauffassung des erkennenden Senats, wenn das FG ausführt, es sei nicht entscheidungserheblich, ob sich die Grundschuldbriefe ständig und ununterbrochen im Besitz der Klägerin befunden hätten oder ob Grundschuldbriefe während der Laufzeit der Darlehen ausgetauscht oder zum Zwecke der Vorrangseinräumung an den Grundstückseigentümer ausgehändigt worden seien. Das führt dazu, daß bei Anwendung der hier maßgeblichen Grundsätze des Urteils in BFHE 141, 131, BStBl II 1984, 620 sich der Streitfall aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG nicht abschließend entscheiden läßt.

Es ist zunächst der auf tatsächlichem Gebiet liegenden Schlußfolgerung des FG insoweit beizutreten, daß durch die Darlehensverträge und die den einzelnen Darlehen entsprechenden Bestellungen von Eigentümergrundschulden, die der Sicherung dieser Darlehen dienen sollten, sowie ferner durch die schriftlichen Bestätigungen der Klägerin, die einzelnen Sicherheiten erhalten zu haben, hinreichend nachgewiesen ist, daß die Darlehen etwa zu Beginn ihrer Laufzeit mittelbar durch die Briefgrundschulden gesichert waren. Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden, daß das FG die behauptete Vereinbarung vom 10. Oktober 1962, wonach die grundpfandrechtlichen Sicherheiten nicht hätten gestellt zu werden brauchen, als nicht nachgewiesen schon deshalb angesehen hat, weil diese Vereinbarung weder im Original noch in einer Ausfertigung hat vorgelegt werden können und weil in den späteren Darlehensvereinbarungen und in den zahlreichen Bestätigungsschreiben an keiner Stelle eine diesbezügliche Vereinbarung vom 10. Oktober 1962 erwähnt worden ist.

Die Übergabe der Grundschuldbriefe zur dinglichen Sicherung für die hingegebenen Darlehen bietet aber nicht die Gewähr, daß die Sicherheiten zu den maßgeblichen Zeitpunkten - Zufluß der jeweiligen Kapitalerträge, Stichtag für die Vermögensbesteuerung - sich noch im Besitz der Klägerin befunden haben oder die Sicherung noch weiterhin bestanden hat. Die Klägerin rügt in ihrer Revisionsbegründung zu Recht, das FG habe die verschiedenen Schriftstücke, die der Zeuge X. in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 1977 überreicht habe, nicht gewürdigt. Aus ihnen ergebe sich, daß schon während der Laufzeit einzelner von der Klägerin gewährter Darlehen die zu ihrer Sicherung dienenden Grundschuldbriefe zur Absicherung anderer Kreditgeber verwendet worden seien; in dem Schriftsatz vom 16. März 1982 sei dies ausführlich dargestellt worden.

Mit dieser Rüge macht die Klägerin mit Erfolg die Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. Die Auswertung der von dem Zeugen X. überreichten Ablichtungen von Schriftstücken - es handelt sich um Aufstellungen und Mitteilungen kreditgebender Banken über die erhaltenen Sicherheiten - durfte nicht unterbleiben. Das Gericht muß seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewinnen. Berücksichtigt das Gericht bei seiner Meinungsbildung wesentliche Teile des Gesamtergebnisses der Verhandlung nicht, handelt es fehlerhaft. Die Beweiswürdigung ist dann nicht für das Revisionsgericht bindend (Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 96 Anm. 2 mit Hinweis auf das BFH-Urteil vom 2. Februar 1967 V 99/64, BFHE 88, 396, BStBl III 1967, 403). Notfalls hätte das FG - das rügt die Klägerin ebenfalls zu Recht - die bei den Bankhäusern für die Kreditvergabe maßgeblichen Personen als Zeugen vernehmen müssen.

Nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das FG im zweiten Rechtsgang von einer Vernehmung des Rechtsanwalts D., der in der Schweiz ansässig ist, zum Inhalt der Sicherheiten für die hingegebenen Darlehen der Klägerin abgesehen hat. Rechtsanwalt D. ist der gesetzliche Vertreter der Klägerin. Er kann in deren Prozeß nicht als Zeuge, sondern allenfalls als Beteiligter vernommen werden. Wie im Zivilprozeß die Vernehmung der Partei ist im finanzgerichtlichen Verfahren die Vernehmung eines Beteiligten letztes Hilfsmittel (Gräber, a.a.O., § 82 Anm. 2, J 1).

4. Die Vorentscheidung ist aus den angegebenen Gründen aufzuheben. Die Sache geht an das FG zurück.

Solange nicht feststeht, ob und inwieweit hinsichtlich jedes einzelnen streitbefangenen Darlehens der Klägerin die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG und des § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 VStG erfüllt sind, erübrigt sich eine revisionsrechtliche Beurteilung, ob das FG den Eintritt der Verjährung bezüglich der ersten Streitjahre zutreffend deshalb verneint hat, weil nach seiner Auffassung die längere Verjährungsfrist für hinterzogene Steuern in Betracht kommt.

Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbegründung die Frage der objektiven Beweislast (Feststellungslast) aufgeworfen. Diese stellt sich dann, wenn das Gericht sich aufgrund der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Erkenntnisse keine Überzeugung über den Geschehensablauf bilden kann (BFH-Urteil vom 5. März 1980 II R 148/76, BFHE 130, 179, BStBl II 1980, 402). Beweislastregeln für den Steuerprozeß sind in einer Vielzahl von Entscheidungen des BFH entwickelt worden. Zusammenfassend ist zu bemerken, daß im Regelfall die Verwaltung die objektive Beweislast für die Tatsachen trägt, die den Steueranspruch begründen oder erhöhen; für die den Steueranspruch hindernden, vernichtenden oder hemmenden Tatsachen trägt sie der Steuerpflichtige. Hierbei ist genau zu untersuchen, welchem der aufgezeigten Tatbestände der Sachverhalt angehört. Gegebenenfalls können für die Verteilung der objektiven Beweislast noch andere Kriterien eine Rolle spielen, wie die Beweisnähe und die Verletzung von Mitwirkungspflichten (vgl. zu Vorstehendem die BFH-Urteile vom 20. Mai 1969 II 25/61, BFHE 96, 129, BStBl II 1969, 550; vom 13. November 1969 IV R 22/67, BFHE 97, 409, BStBl II 1970, 189; vom 5. November 1970 V R 71, 67, BFHE 101, 156, BStBl II 1971, 220; vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562; vom 20. Januar 1978 VI R 193/74, BFHE 124, 508, BStBl II 1978, 338; vom 9. November 1978 VI R 195/77, BFHE 126, 418, BStBl II 1979, 149; vom 19. Oktober 1978 V R 39/75, BFHE 127, 71, BStBl II 1979, 345; vom 13. November 1979 VIII R 93/73, BFHE 129, 53, BStBl II 1980, 69; vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, BFHE 138, 527, BStBl II 1983, 760).

 

Fundstellen

BFH/NV 1985, 104

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