Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Beiladung im Abrechnungsverfahren

 

Leitsatz (NV)

Ist im Klageverfahren gegen einen Abrechnungsbescheid die Wirksamkeit der Abtretung eines Erstattungsanspruchs streitig, ist ein Dritter, der diesen Anspruch gepfändet hat, nicht notwendig beizuladen.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 46, 218 Abs. 2; FGO § 60 Abs. 3 S. 1, § 123 Abs. 1

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren um die Wirksamkeit der Abtretung von Erstattungsansprüchen des S aus den Einkommensteuer-Veranlagungen 1997 bis 2000 an die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als Abtretungsempfängerin. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hat --wie bereits in der Vorinstanz-- die Beiladung der Frau P beantragt. Das FA ist der Ansicht, dass der Fall einer notwendigen Beiladung vorliege, da sich die Entscheidung im Streitfall unmittelbar auf P auswirke. Diese habe die streitigen Steuererstattungsansprüche des S gepfändet und sei, falls die Klägerin im Streitfall obsiege, verpflichtet, die erhaltenen Beträge zurückzuzahlen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die beantragte Beiladung ist abzulehnen, weil nach § 123 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im Revisionsverfahren nur notwendige Beiladungen i.S. des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO zulässig sind, ein Fall einer notwendigen Beiladung im Streitfall aber nicht gegeben ist.

Eine notwendige Beiladung gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO setzt voraus, dass an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere also in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muss (BFH-Urteil vom 9. April 1986 I R 62/81, BFHE 146, 344, BStBl II 1986, 565; Senatsbeschluss vom 11. Januar 1994 VII B 100/93, BFHE 173, 207, BStBl II 1994, 405, jeweils m.w.N.).

Im Streitfall ist ein Fall der notwendigen Beiladung der P zu dem Rechtsstreit der Klägerin nicht gegeben, weil die Entscheidung im Abrechnungsverfahren der Klägerin darüber, ob und in welcher Höhe sie im Wege der Forderungsabtretung Inhaber von Steuererstattungsansprüchen des S geworden ist, nicht notwendigerweise auch P gegenüber einheitlich ergehen muss. Die Entscheidung im Streitfall greift nicht unmittelbar gestaltend in Rechtspositionen der P ein. Sollte die vorliegende Klage erfolgreich sein, würde damit nicht unmittelbar eine Verpflichtung der P begründet, von ihr gepfändete und an sie ausgekehrte Erstattungsbeträge an das FA zurückzuzahlen. Eine solche Verpflichtung hinge vielmehr von der Entscheidung des FA ab, ob es die Abtretung der Ansprüche an die Klägerin oder die Pfändung derselben Ansprüche durch P als vorrangig ansieht und ob es einen entsprechenden Rückforderungsbescheid an P richtet (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall: Senatsbeschluss in BFHE 173, 207, BStBl II 1994, 405). Aus der Abtretung von Steuererstattungsansprüchen folgt kein rechtliches Gebot einer einheitlichen Entscheidung gegenüber den an der Abtretung Beteiligten (BFH-Beschluss vom 15. März 1990 V B 174/89, BFH/NV 1991, 246), geschweige denn gegenüber Dritten, die ebenfalls Rechte an der abgetretenen Forderung geltend machen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1319218

BFH/NV 2005, 719

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