Das Wirtschaftsteil wird bewertet auf der Basis des so genannten Fortführungswerts.[1]

Zur Bewertung in Fällen der Nutzungsüberlassung s. auch H E 162 ErbStH 2019 m. w. N.

Bei der Bewertung mit dem Fortführungswert ist die Summe der einzelnen nach § 163 BewG zu ermittelnden Wirtschaftswerte zu bilden.

Ist aber der so ermittelte Wert geringer als der Mindestwert, dann ist letzterer anzusetzen. Dabei setzt sich der Mindestwert aus dem Wert für den Grund und Boden sowie dem Wert der übrigen Wirtschaftsgüter zusammen (so genanntes Besatzkapital) und wird nach den in § 164 Abs. 2 bis 4 BewG niedergelegten Grundsätzen ermittelt.[2]

 
Hinweis

Öffnungsklausel

Kann der Steuerpflichtige jedoch nachweisen, dass der gemeine Wert des Wirtschaftsteils niedriger ist (als nach den obigen Grundsätzen ermittelte Wert), ist der niedrigere Wert anzusetzen.

Die Bewertung des Wirtschaftsteils kann auch mit dem Liquidationswert erfolgen. Dies ist ein Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit, d. h. die bisherige Feststellung des Grundbesitzwerts ist zu ändern. Änderungsvorschrift ist hierbei § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Darüber hinaus wird auch die darauf basierende Erbschaftsteuerfestsetzung geändert.

Der Liquidationswert kommt in den folgenden Fällen zur Anwendung:

  • Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft wird innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren nach dem Bewertungsstichtag veräußert
  • Wesentliche Wirtschaftsgüter sind dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren nicht mehr auf Dauer zu dienen bestimmt. Dies gilt nicht, wenn die Reinvestitionsklausel greift. Demnach kommt ein Ansatz des Liquidationswerts nicht in Betracht, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von 6 Monaten im betrieblichen Interesse verwendet wird.

Im Falle des Ansatzes mit dem Liquidationswert gem. § 166 Abs. 2 BewG besteht keine Möglichkeit des Einzelnachweises eines niedrigeren Wertes . Fraglich war, ob dadurch im Einzelfall gegen das grundgesetzliche Übermaßverbot verstoßen wird. Der BFH

[3]

hat entschieden, dass wenn ein Steuerpflichtiger nachweist, dass der gemeine Wert der kurze Zeit nach dem Erbanfall veräußerten land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen wesentlich niedriger ist als der nach § 166 BewG ermittelte Liquidationswert, der niedrigere gemeine Wert nach § 9 Abs. 2 BewG als Grundbesitzwert für Zwecke der Erbschaftsteuer festgestellt werden kann.

Die Finanzverwaltung wendet das Urteil an, s. auch H E 166 (2) ErbStH 2019.

 
Praxis-Beispiel

Ansatz niedrigerer gemeiner Wert

Der Erblasser hat dem Alleinerben X Ackerland hinterlassen. Der Erbfall ist im Februar 2020. A veräußerte im August 2020 das Ackerland für einen Veräußerungserlös i. H. v. 150.000 EUR. Das Finanzamt stellt einen Grundbesitzwert von 190.000 EUR (Liquidationswert) fest. Nach seiner Auffassung sei mangels gesetzlicher Regelung der erzielte Veräußerungserlös nicht als niedrigerer gemeiner Wert der Bewertung zugrunde zu legen.

Lösung

Es ist nach der Entscheidung des BFH der niedrigere gemeiner Wert für Zwecke der Erbschaftsteuer festzustellen, d. h. 150.000 EUR. Dies gilt nun auch nach der Auffassung der Finanzverwaltung.

Die Ermittlung des Liquidationswerts sieht wie folgt aus:

  • Grund und Boden ist mit dem zuletzt vor dem Bewertungsstichtag ermittelten Bodenrichtwerten zu bewerten
  • die übrigen Wirtschaftsgüter sind mit ihrem gemeinen Wert zu bewerten. Dabei bestimmt sich dieser nach dem jeweiligen Einzelveräußerungspreis des Wirtschaftsguts am Bewertungsstichtag.[4]
[1] R B 162 Abs. 1 ErbStR 2019.
[2] R B 164 ErbStR 2019, zum Mindestwert s. auch die Ausführungen in H 164 ErbStH 2019.
[4] R B 166 Abs. 1 ErbStR 2019.

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