Leitsatz

Die Erhebung des Solidaritätszuschlags für die Jahre 1999 bis 2002 ist verfassungsgemäß. Der Zuschlag stellt in diesem Zeitraum eine finanzverfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes dar.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 4 Satz 1 SolZG 1995, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG, § 351 Abs. 1 AO

 

Sachverhalt

Das FA setzte gegen die Kläger SolZ für 1999 bis 2002 in mehreren Änderungsbescheiden fest. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das FG hielt das SolzG 1995 für formell und materiell verfassungsgemäß (FG Nürnberg, Urteil vom 25.9.2014, 4 K 273/12, Haufe-Index 8019694, EFG 2015, 1389).

 

Entscheidung

Auf die Revision der Kläger hat der BFH das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen (Änderungsbescheide während des Revisionsverfahrens) aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

1. Soweit die Jahre 1999, 2001 und 2002 betroffen waren, konnten die Kläger bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Erfolg haben. Ihre Einsprüche wurden durch die am 18.8.2008 veröffentlichte Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 22.7.2008 (BStBl I 2008, 747) gemäß § 367 Abs. 2b AO zurückgewiesen. Mangels Klage sind die Bescheide bestandskräftig geworden.

Gemäß § 42 FGO, § 351 Abs. 1 AO können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt. Das bedeutete im Streitfall, dass selbst bei materieller Begründetheit keine weitere Herabsetzung möglich war.

Der BFH hat zudem klargestellt, dass die Einsprüche durch die Allgemeinverfügung vom 22.7.2008 in Gänze und nicht nur hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Gründe zurückgewiesen wurden; offene "Rest-Einsprüche" verblieben nicht (vgl. FG Düsseldorf, Zwischenurteil vom 28.6.2008, 9 K 2592/16 E,AO, Haufe-Index 12288838, EFG 2018, 1424, Rz. 20 f, unter Hinweis auf BT-Drucks 16/3368, 26; ebenso Seer in Tipke/Kruse, § 367 AO Rz. 69; a. A. Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 367, Nr. 7.2).

2. Im Übrigen hat der BFH bereits mehrfach entschieden, dass aus seiner Sicht keine Veranlassung besteht, dem BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage vorzulegen, ob die Regelungen des SolZG 1995 aus formellen und/oder materiellen Gründen gegen das Grundgesetz verstoßen.

So hat der BFH die Festsetzung und Erhebung des SolZ für den VZ 2005 (BFH, Urteil vom 21.7.2011, II R 50/09, BFH/NV 2011, 1685), für den VZ 2007 (BFH, Urteil vom 21.7.2011, II R 52/10, BFH/NV 2011, 1616, BStBl II 2012, 43), für den VZ 2011 (BFH, Urteil vom 14.11.2008, II R 63/15, BFH/NV 2020,259, BStBl II 2021, 184 und BFH, Urteil vom 14.11.2018, II R 64/15, BFH/NV 2019, 340, BStBl II 2019, 289) und zuletzt für die VZ bis 2021 (BFH, Urteil vom 17.1.2023, IX R 15/20, BFH/NV 2023, 339, BFH/PR 2023, 133, BStBl II 2023, 351) für finanzverfassungsrechtlich gerechtfertigt gehalten.

Die vorliegende Entscheidung betrifft die VZ 1999 bis 2002 und reiht sich in die bisherigen Entscheidungen ein. Weitergehende wesentliche Ausführungen enthält die Entscheidung nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.02.2024, IX R 27/23 (II R 27/15)

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