Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlages

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Erhebung des Solidaritätszuschlages für die Jahre 1999 - 2002 ist verfassungsgemäß.

Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, eine Ergänzungsabgabe von vornherein zu befristen oder sie nur für einen kurzen Zeitraum zu erheben.

Die Erhebung des Solidaritätszuschlages führt zu keiner Überschreitung einer verfassungsrechtlichen Obergrenze an zumutbaren Belastungen.

 

Normenkette

AO § 351 Abs. 1; SolzG

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.02.2024; Aktenzeichen IX R 27/23 (II R 27/15))

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 in der für die Streitjahre 1999 bis 2002 geltenden Fassung verfassungswidrig ist.

Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Inhaber eines Einzelunternehmens für Modell- und Formenbau, außerdem erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus Beteiligungen an mehreren Personengesellschaften. Daneben erzielt er Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin hat ebenfalls gewerbliche Beteiligungseinkünfte sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung.

Die Kläger reichten am 17.12.2003 die Einkommensteuererklärung 1999, am 23.01.2004 die Einkommensteuererklärung 2000, am 14.04.2004 die Einkommensteuererklärung 2001 und am 20.08.2004 die Einkommensteuererklärung 2002 beim Finanzamt ein. Mit Bescheiden vom 05.03.2004 erfolgten zusammen mit den jeweiligen Einkommensteuerfestsetzungen auch die jeweiligen Festsetzungen von Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1999 und 2000. Die Festsetzungen von Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 2001 und 2002 erfolgten mit Bescheiden vom 13.05.2004 und 16.09.2004.

Gegen alle Festsetzungen von Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer der Streitjahre 1999 bis 2002 legten die Kläger jeweils fristgerecht Einspruch ein, mit dem sie sinngemäß geltend machten, die jeweiligen Festsetzungen des Solidaritätszuschlages seien rechtswidrig, da das zugrundeliegende Solidaritätszuschlaggesetz 1995 zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung führe und damit gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoße.

Aufgrund der beim Kläger und der Klägerin durchgeführten Außenprüfungen für die Jahre 1999 bis 2002 und 2003 bis 2006 wurden die Einkommensteuerfestsetzungen und die Festsetzungen von Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer für die Streitjahre 1999 bis 2002 mehrfach geändert. Gegen sämtliche Änderungsbescheide im Kalenderjahr 2007 und 2010 wurde fristgerecht auch hinsichtlich der festgesetzten Solidaritätszuschläge Einspruch eingelegt.

Das Finanzamt wies die Einsprüche der Kläger gegen die Festsetzungen von Solidaritätszuschlag 1999 – 2002 mit Einspruchsentscheidung vom 20.01.2012 als unbegründet zurück. Es vertrat dabei die Auffassung, das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 in der für die Streitjahre geltenden Fassung sei formell und materiell verfassungsgemäß. Zudem fehle es für die Streitjahre 1999, 2001 und 2002 an der Beschwer. Denn durch die Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 22.07.2008, BStBl. I 2008, 747, seien die Einsprüche der Kläger gegen die mit Bescheiden vom 05.03.2004 (für die Streitjahre 1999 und 2000), vom 13.05.2004 (für das Streitjahr 2001) und vom 16.09.2004 (für das Streitjahr 2002) erfolgten Festsetzungen des Solidaritätszuschlags wegen geltend gemachter Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 bestandkräftig zurückgewiesen worden. Gegen die Allgemeinverfügung hätten die Kläger nicht innerhalb Jahresfrist Klage erhoben. Die mit Einsprüchen erneut angefochtenen Änderungsbescheide über die Festsetzungen von Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1999, 2001 und 2002 vom 22.11.2010 hätten jeweils zu einer niedrigeren Festsetzung von Solidaritätszuschlag geführt. Da aufgrund von § 351 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) keine weitere Herabsetzung möglich sei, fehle für diese Jahre die Beschwer.

Mit der am 21.02.2012 erhobenen Klage begehren die Kläger, die geänderten Bescheide über den Solidaritätszuschlag 1999 bis 2002 vom 22.11.2010, für 1999 und 2000 einschließlich der Änderungsbescheide vom 31.08.2012, für 2001 einschließlich des Änderungsbescheids vom 13.08.2014 und für 2002 einschließlich des Änderungsbescheids vom 31.10.2012 sowie die Einspruchsentscheidung vom 20.01.2012 aufzuheben.

Sie vertreten die Auffassung, der Solidaritätszuschlag stelle für die Streitjahre eine verfassungswidrige Sondersteuer dar. Der Staat sei zwar berechtigt, zur Bewältigung von Notständen Sondersteuern von kurzer Dauer zu erheben. Der zur Einkommensteuer erhobene Solidaritätszuschlag erfülle aber in den Streitjahren nicht mehr den Tatbestand einer kurzfristigen Abgabe. Die Erhebung des Solidaritätszuschlags sei deshalb verfassungswidrig. Die Verfassungswidrigkeit ergebe sich auch aus dem Gesichtspunkt der Übermaßbesteuerung. In der Zusammenschau aller staatlicher Abgaben führe die Erhebu...

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