Tz. 82

Stand: EL 116 – ET: 04/2020

Von der Finanzverwaltung werden im Falle von Unternehmensbeteiligungen gemeinnütziger Stiftungen teilweise folgende Vorgaben gemacht:

  • Mindestausschüttung in Abhängigkeit vom allgemeinen Zinsniveau bezogen auf den übertragenen Vermögenswert in Geld. Dies müsse grds. auch in Jahren erfolgen, in denen das Unternehmen Verluste oder nur geringe Gewinne erzielt.
  • Die Mindestausschüttung müsse in Abhängigkeit zu den eingeräumten Gesellschaftsrechten im Hinblick auf die Höhe der Ausschüttung stehen. D.h. je größer der Einfluss, über diese Rechte einen höheren Gewinnanteil zu erlangen, desto niedriger könne die festgelegte Mindestausschüttung sein.
  • M.E. sind diese Forderungen zu weitgehend und gesetzgeberisch nicht gedeckt. Denn das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht enthält – ebenso wie die LandesstiftungsG – keine konkreten Anlageregelungen (vgl. auch die Monographie von Hüttemann/Schön, Vermögensverwaltung und Vermögenserhaltung im Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht 2007).
  • Das Gemeinnützigkeitsrecht enthält also kein "Vermögenserhaltungsgebot", sondern – im Gegenteil – nur die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung der Erträge (§ 55 AO, Anhang 1b). Die ggf. dauerhafte Erhaltung von Vermögenswerten wird nur i. R.d. § 62 AO toleriert. Aus dem Gebot der Ausschließlichkeit nach § 56 AO (Anhang 1b) kann m. E. lediglich abgeleitet werden, dass die Geschäftsführung steuerbegünstigter Stiftungen auch im Hinblick auf ihre Vermögensanlagepolitik auf die Erfüllung ihrer satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein muss.
  • Das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht fordert deshalb keine Mindestausschüttungen, sondern nur eine wirtschaftlich angemessene Anlagestrategie. Hierbei ist m. E. dem Stiftungsvorstand ein weiter Ermessensspielraum bei Anlageentscheidungen einzuräumen. Denn eine vermögenserhaltende Anlagestrategie muss zwar darauf ausgerichtet sein, ausreichend Erträge zu erzielen, darf aber nicht dazu führen, die Vermögensanlage (Beteiligung) durch Mindestausschüttungen wirtschaftlich zu schwächen und im Extremfall "auszubluten" (vgl. auch FG Münster vom 11.12.2014, EFG 2015, 739). Denn das Gebot der Selbstlosigkeit nach § 55 AO (Anhang 1b) beinhaltet auch, dass die gemeinnützige Stiftung ihr Vermögen sicher und rentierlich anlegen muss.
  • M.E. enthält das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht kein gesetzliches Gebot einer Mindestausschüttung an die gemeinnützige Stiftung. Im Gegenteil. Das jeweilige Ausschüttungsverhalten muss im Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vermögenserhaltung der Kapitalbeteiligung flexibel festgelegt werden. Hierfür ist bereits im Vorfeld eine tatsächliche Verständigung mit der Finanzverwaltung oder Rechtssicherheit über eine verbindliche Auskunft zu empfehlen.

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