Wertaufstockung bei Einbringung eines Mitunternehmeranteils mit negativem Kapitalkonto
Hintergrund: Einbringung von Mitunternehmeranteilen mit negativen und positiven Kapitalkonten
Die Brüder X und Y waren Gesellschafter der 2001 errichteten A-GbR sowie der B-GbR. Zweck dieser Gesellschaften war die Fortführung zweier Unternehmen, die A und B von ihrem Vater erworben hatten. In 2010 errichteten sie eine GmbH, an deren Stammkapital sie jeweils zur Hälfte beteiligt waren. Die Stammeinlagen sollten im Wege der Sacheinlage ihrer Beteiligungen (vier Mitunternehmeranteile) an den beiden GbR zu Buchwerten eingebracht werden. Auf den 31.12.2009 wies die A-GbR ein negatives Kapital und unter dem "Verrechnungskonto Organgesellschaft" eine sonstige Verbindlichkeit in Höhe von 76.000 EUR aus. Das Kapital der B-GbR war zum 31.12.2009 positiv. Dazu gehörte als sonstiger Vermögensgegenstand ein Betrag in Höhe von 76.000 EUR ("Verrechnungskonto Organträger").
Die Brüder gingen davon aus, das negative Kapitalkonto der A-GbR sei mit dem positiven Kapitalkonto der B-GbR zu saldieren. Dieser Saldo sei positiv, so dass kein Veräußerungsgewinn entstanden sei. Das FA und ihm folgend das FG waren dagegen der Auffassung, eine Saldierung sei ausgeschlossen. Die Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter der A-GbR seien soweit aufzustocken, dass die Mitunternehmeranteile mit 0 EUR eingebracht würden. Dementsprechend seien anteilige stille Reserven aufzudecken und es ergebe sich ein Veräußerungsgewinn.
Entscheidung: Keine Saldierung bei mehreren Sacheinlagegegenständen
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft eingebracht (Sacheinlage), darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert ansetzen, soweit die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens die Aktivposten nicht übersteigen. Dabei ist das Eigenkapital nicht zu berücksichtigen (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG). Übersteigen die Passivposten die Aktivposten, sind daher die im eingebrachten Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven bis zur Höhe des negativen steuerlichen Eigenkapitals durch Aufstockung der Buchwerte aufzudecken (Wertaufstockung des Eigenkapitals auf Null). Der Wertansatz gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis und führt bei ihm zu einem Gewinn in Höhe des Negativkapitals (§ 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG).
Die Mitunternehmeranteile sind gesondert zu betrachten
Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 sind für die beiden eingebrachten Mitunternehmeranteile der X und Y an der A-GbR erfüllt. Unstreitig ist, dass die Voraussetzungen für jeden Gesellschafter gesondert zu prüfen sind. Umstritten ist jedoch, ob auch bei Einbringung mehrerer Sacheinlagegegenstände (die Mitunternehmeranteile an der A-GbR und an der B-GbR) durch dieselbe Person die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 für jeden Sacheinlagegegenstand gesondert zu prüfen sind oder ob insoweit eine Gesamtbetrachtung bzw. Saldierung erfolgen kann (so z.B. Sächsisches FG vom 28.07.2010 - 2 K 322/10, EFG 2011, 2027). Der BFH schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Das bedeutet: Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 sind sowohl für X und Y als auch für die insgesamt vier eingebrachten Mitunternehmeranteile gesondert zu prüfen.
Wortlaut und Entstehung des Gesetzes sprechen gegen eine Saldierung
Der Gesetzeswortlaut spricht gegen eine Gesamtbetrachtung bzw. Saldierung. Denn die Prüfung der Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG ist auf den einzelnen konkreten Sacheinlagegegenstand ("ein Mitunternehmeranteil") bezogen. Dafür sprechen auch die Gesetzesmaterialien. Die Ausführungen des Gesetzgebers zur Gewinnverwirklichung bei Einbringung von negativen Sacheinlagegegenständen beziehen sich ebenfalls auf den konkreten einzelnen Sacheinlagegegenstand ( BT-Drucks V/3186, S. 15).
Zurückverweisung an das FG
Der BFH bestätigt somit das FG-Urteil im Streitpunkt. Gleichwohl musste die Sache an das FG zurückverwiesen werden. Denn es war ungeklärt, ob das negative Kapitalkonto an der A-GbR um den Bestand des Verrechnungskontos (76.000 EUR) zu mindern ist. Das wäre der Fall, wenn es sich um ein Unterkonto zum Kapitalkonto handeln würde und nicht um eine betrieblich veranlasste Verbindlichkeit gegenüber der B-GbR. Das FG hat die Prüfung nachzuholen, ob das Darlehen einem Fremdvergleich standhält.
Hinweis: Unterschied zur Einbringung in eine Personengesellschaft
Die unter den FG und im Fachschrifttum bisher umstrittene Frage ist damit geklärt. Der BFH begründet überzeugend, dass die saldierende Betrachtung mehrerer eingebrachter Sacheinlagegenstände nach dem Wortlaut und der Entstehung des § 20 Abs. 2 UmwStG im Gesetz nicht angelegt ist. Bei Einbringung mehrerer Mitunternehmeranteile liegt daher jeweils ein gesonderter Einbringungsvorgang vor (UmwStG-Erlass v. 11.11.2011, BStBl I 2011, 113, Rz. 20.12). Im Gegensatz zum hier vorliegenden Fall der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG ist die Einbringung in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG auch dann zum Buchwert möglich, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen negativ ist. Denn § 24 UmwStG enthält keine dem § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG entsprechende Regelung (UmwStG-Erlass, Rz. 24.04).
BFH Urteil vom 13.09.2018 - I R 19/16 (veröffentlicht am 13.02.2019)
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