Streit um die sog. Trennungstheorie

Nach Erledigung der Hauptsache in dem Verfahren X R 28/12 und Aufhebung des Vorlagebeschlusses vom 27.10.2015 über die Frage, wie im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln sei, ist der Rechtsgrund für eine Entscheidung des Großen Senats des BFH entfallen.

Hintergrund: Vorläufiger Nichtanwendungserlass zur Rechtsprechung des IV. Senats

Der IV. Senat des BFH hat mit Urteil vom 19.09.2012 (IV R 11/12, BFH/NV 2012 S. 1880) der von der Finanzverwaltung vertretenen Trennungstheorie, nach der es bei der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft stets zur (anteiligen) Realisation von stillen Reserven kommen soll (BMF, Schreiben v. 08.12.2011, BStBl 2011 I S. 1279, Rn. 15), eine Absage erteilt.

Mit BMF-Schreiben vom 12.09.2013 (BStBl 2013 I S. 1164) sprach die Finanzverwaltung einen vorläufigen Nichtanwendungserlass aus. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Übertragung liege eine Veräußerung des Wirtschaftsguts vor und es komme insoweit – nach dem Verhältnis der erbrachten Gegenleistung zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts – zu einer Aufdeckung der stillen Reserven des Wirtschaftsguts. Die Entscheidung über die Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 19.09.20 (IV R 11/12, BFH/NV 2012 S. 1880) hat die Finanzverwaltung im Hinblick darauf zurückgestellt, dass zur Frage der Gewinnrealisation bei teilentgeltlichen und mischentgeltlichen – d.h. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstigem Entgelt – durchgeführten Übertragungen von einzelnen Wirtschaftsgütern beim X. Senat des BFH ein Revisionsverfahren unter dem Az. X R 28/12 anhängig sei.

Vorlage an den Großen Senat zur Ermittlung eines Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlichen Übertragungen

In dem unter dem Az. X R 28/12 anhängigen Verfahren hat der X. Senat des BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat des BFH mit Beschluss vom 27.10.2015 (X R 28/12, BStBl 2016 II S. 81) die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, wie im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln ist.

Entscheidung: Beendigung der Verfahren X R 28/12 und GrS 1/16 wegen Abhilfe durch das Finanzamt

Das Finanzamt hat dem Begehren der Kläger im zugrunde liegenden Revisionsverfahren X R 28/12 abgeholfen. Daraufhin hat der X. Senat seinen Vorlagebeschluss an den Großen Senat des BFH vom 27.10.2015 (X R 28/12, BStBl 2016 II S. 81) aufgehoben, weil nach der Erledigung des der Vorlage zugrunde liegenden Rechtsstreits kein Bedarf mehr für eine Entscheidung des Großen Senats des BFH über die vorlegte Rechtsfrage besteht. Der Große Senat des BFH hat nun mit Beschluss vom 30.10.2018 das bei ihm geführte Verfahren GrS 1/16 eingestellt.

Nach Erledigung der Hauptsache in dem Verfahren X R 28/12 und Aufhebung des Vorlagebeschlusses vom 27.10.2015 (BFHE 251, 349, BStBl II 2016, 81) über die Frage, wie im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln sei, ist der Rechtsgrund für eine Entscheidung des Großen Senats des BFH entfallen.

Das Revisionsverfahren X R 28/12 sowie das beim Großen Senat des BFH geführte Verfahren GrS 1/16 sind daher ohne Entscheidung über die vorgelegte Rechtsfrage (Ermittlung eines eventuellen Gewinns aus teilentgeltlichen Übertragungen nach der strengen oder modifizierten Trennungstheorie) beendet worden.

Hinweis: Reaktion der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten

Die spannende Frage geht nun dahin, wie die Finanzverwaltung auf das unerwartete Ende das Revisionsverfahrens X R 28/12 sowie das beim Großen Senat des BFH geführte Verfahren GrS 1/16 reagieren wird. Die Tragweite dieser Verfahrensbeendigungen wird noch im Einzelnen zu prüfen und zu erörtern sein. Es wäre erfreulich, wenn die Finanzverwaltung sich zeitnah zu der Problematik äußern würde, damit für die Praxis Rechtssicherheit geschaffen wird.

BFH Beschluss vom 30.10.2018 - GrS 1 16 (veröffentlicht am 28.11.2018)