FG Kommentierung: Vollständigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung

Das Unterlassen des Hinweises auf die Möglichkeit den Einspruch per E-Mail einzulegen, macht die Rechtsbehelfsbelehrung laut einem Urteil des FG Düsseldorf nicht unrichtig.

Hintergrund:

Die Kläger waren Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Da die Steuererklärung 2009 nicht fristgemäß abgegeben wurde, erließ das Finanzamt einen Schätzungsbescheid am 22.2.2011, gegen den der Steuerberater der Kläger unter dem Datum 11.3.2011 Einspruch einlegte. Dieser Einspruch ging jedoch erst am 28.3.2011 beim Finanzamt ein. Die Steuererklärung war dem Einspruch beigefügt.

Das Finanzamt wies den Steuerberater darauf hin, dass der Einspruch als unzulässig zurückzuweisen sei, da die Einspruchsfrist beim Zugang bereits abgelaufen gewesen sei. Hierauf teilte dieser mit, dass der Einspruch aufrecht erhalten bleibe. Die Steuererklärung sei bereits am 11.3.2011 fertig gestellt gewesen, ein Angestellter habe es aber versehentlich unterlassen, den Einspruch zum Finanzamt zu faxen. Es sei deshalb Wiedereinsetzung nach § 110 AO zu gewähren. Dieser Antrag wurde vom Finanzamt zurückgewiesen, da ein reines Organisationsverschulden vorliege. Der Einspruch wurde auch nach einem weiteren Vorbringen als unzulässig abgewiesen. Hierauf wurde Klage erhoben.

Ergänzend zum Vorbringen im Einspruchsverfahren trugen die Kläger hilfsweise vor, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Finanzamts fehlerhaft gewesen sei. Dieses habe nicht auf die Möglichkeit des Einspruchs nach § 87a AO auf einem elektronischen Wege hingewiesen. Deshalb habe sich die Einspruchsfrist auf ein Jahr verlängert. Das Finanzamt trat dem entgegen und beharrte auf der Ansicht, dass der Einspruch unzulässig gewesen sei. Aufgrund des Organisationsverschuldens sei eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen.

Entscheidung:

Die Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen. Da die Einspruchsfrist bereits abgelaufen gewesen sei, sei der Einspruch unzulässig. Eine Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren, da hier ein Organisationsverschulden des steuerlichen Vertreters der Kläger gegeben sei. Dieses Verschulden müssten sich die Kläger zurechnen lassen. Auch sei keine Verlängerung der Einspruchsfrist auf ein Jahr gegeben, da die Rechtsbehelfsbelehrung nicht fehlerhaft gewesen sei. Das Unterbleiben des Hinweises auf die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsbehelfs mittels E-Mail führe nach Ansicht des Senats nicht zur Verlängerung der Frist, da die Rechtsbehelfsbelehrung nicht auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten werden müsse. Diese Ansicht werde dadurch gestützt, dass E-Mails wie Schriftstücke in Papier zu behandeln seien. Sie würden damit von der üblichen Rechtsbehelfsbelehrung umfasst.

FG Düsseldorf, Urteil v. 22.5.2012, 13 K 2265/11 E

Praxishinweis:

Das Urteil ist quasi das Gegenstück zum Urteil des FG Niedersachsen v. 24.11.2011, 10 K 275/11, EFG 2012 S. 292, n. rkr.), das bei seiner Veröffentlichung einigen Niederschlag in der Literatur gefunden hat (s. v. a. Böwing-Schmalenbrock, DStR 2012, S. 444), allerdings noch nicht rechtskräftig ist (Anhängiges Verfahren beim BFH, X R 2/12). Im Gegensatz zu den Kollegen aus Niedersachen sahen die Richter aus Düsseldorf die Rechtsbehelfsbelehrung nicht deswegen als fehlerhaft an, weil nicht explizit auf die Einlegungsmöglichkeit eines Einspruchs mittels E-Mail hingewiesen wurde. Beide Ansichten lassen sich sicherlich hierzu vertreten. Allerdings war den Klägern bzw. deren Vertreter wohl ein Beschluss des BFH v. 12.10.2012, III B 66/12, BFH/NV 2013 S. 177) nicht bekannt, der ausführt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht auf die Möglichkeit des Einspruchs mittels E-Mail hinweisen muss. Dadurch, dass gegen das Urteil des FG Düsseldorf die Revision zugelassen wurde, wird allerdings unter Umständen der BFH demnächst wieder Gelegenheit haben, sich mit dieser Rechtsfrage auseinander zu setzen. Neben den Rechtsausführungen zur Einlegung des Einspruchs per E-Mail zeigt das Urteil aber auch, welche hohen Ansprüche heutzutage an die Organisation einer Steuerberaterpraxis gestellt werden. Quasi jeder Fehler erscheint damit als ein Organisationsverschulden.

Wegen der von der Entscheidung des FG Niedersachsen abweichenden Rechtsauffassung wurde die Revision zum BFH gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.