Steuerbescheid: Anforderung an die Rechtsbehelfsbelehrung (FG)
Hintergrund:
Das Finanzamt schätzte die Besteuerungsgrundlagen für die Kalenderjahre 2006 – 2008, weil der Kläger keine Steuererklärungen abgegeben hatte. Die Bescheide vom 30.3.2011 enthielten in den Rechtsbehelfsbelehrungen den Satz „Der Einspruch ist beim Finanzamt X schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären“. Daneben findet sich in den Fußzeilen der Bescheide u. a. die E-Mail Adresse des Finanzamts. Mit Schreiben vom 20.5.2011 bat der Kläger, die Schätzungen zurückzunehmen. Das Finanzamt betrachtete dieses Schreiben als Einspruch und verwarf ihn wegen Überschreitung der Rechtsbehelfsfrist als unzulässig.
Entscheidung:
Das FG entscheidet, dass die Einspruchsentscheidung rechtswidrig ist, weil sie den Einspruch zu Unrecht als unzulässig verworfen hat. Das Schreiben vom 20.5.2011 ist zwar nicht innerhalb der Monatsfrist eingegangen, jedoch hatte der Kläger wegen der unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrungen die Möglichkeit, nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO binnen eines Jahrs seit Bekanntgabe der Bescheide Einspruch einzulegen.
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie die in § 356 Abs. 1 AO vorgeschriebenen Angaben nicht vollständig enthält oder diese unzutreffend oder so unvollständig bzw. missverständlich wiedergibt, dass bei objektiver Betrachtung die Möglichkeit der Fristwahrung gefährdet erscheint. Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung noch andere als die notwendigen Angaben, müssen auch diese Angaben richtig, vollständig und unmissverständlich sein.
Dementsprechend sind die in den Bescheiden enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrungen unrichtig, da sie über die in § 356 Abs. 1 AO genannten Elemente hinaus Angaben zur Form machen, dabei aber die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail nicht (ausdrücklich) erwähnen.
(Niedersächsisches FG, Urteil v. 24.11.2011, 10 K 275/11)
Praxishinweis:
Es ist unstreitig, dass ein Einspruch mit einer einfachen E-Mail ohne elektronische Signatur eingelegt werden kann (vgl. AEAO zu § 357, Nr. 1). Der Streit geht im Kern um die Frage, ob die E-Mail, wie z. B. ein Tele- oder Computerfax, eine Unterform der Schriftform darstellt (so die Argumentation des Finanzamts) oder eine modifizierte Schriftform oder eine neue prozessuale Form (so das FG). Je nachdem, welcher Auffassung man folgt, ist die Einspruchseinlegung per E-Mail von der Formulierung „schriftlich“ in der Rechtsbehelfsbelehrung mit erfasst oder nicht.
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